Hamburg. Staatstragende Regierungsalternative oder attackierender Oppositionsführer? In der für ihn wichtigsten Rede des Jahres entschied sich CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich schnell für den Angriff. Schon nach wenigen Sekunden hob er die Stimme und stellte klar: "Dieser Haushalt schwächt Hamburg." Seine Fraktion applaudierte artig. Noch lauter wurde der 48-Jährige, der die Debatte eröffnen durfte, als er die Personalpolitik des SPD-Senats geißelte: dass ausgehandelte Tarifsteigerungen nicht automatisch übernommen werden, sei "sozialdemokratischer Lohnraub" - da klatschten Christdemokraten und Linke gleichermaßen kräftig. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hörte reglos zu und würdigte Wersich dabei kaum eines Blickes.

Daran änderte auch eine gezielte Entgleisung des Oppositionsführers nichts. Wersich erinnerte daran, was er selbst gedacht habe, als Olaf Scholz vor der Wahl angekündigt hatte, dass die Elbphilharmonie in seiner Amtszeit zu Ende gebaut werde: "Sie verarschen die Bürger." Den Ordnungsruf von Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) hatte der CDU-Fraktionschef offensichtlich einkalkuliert - zumal sich der frühere Sozialsenator ansonsten als gewohnt souveräner Redner präsentierte. Zwei kleine Versprecher ("Fehlstart" statt "Fehlschlag" und "One-Schtopp-Shop") fielen in dem halbstündigen Vortrag nicht weiter ins Gewicht.

Etwas blass war die Rede dagegen inhaltlich. Vom Haushalt und der Forderung nach einem früheren Schuldenstopp über das Verhältnis zu Schleswig-Holstein, die soziale Spaltung bis hin zur Elbphilharmonie - wie in einer Generaldebatte üblich, schnitt Wersich so ziemlich alle schon zigfach debattierten Themen an. Dabei fand er für die alten Vorwürfe einige hübsche neue Formulierungen und trug sie auch energisch vor - mal sah er die Bürger als "Versuchskaninchen" im Scholz-Labor, mal geißelte er biestig die "Geiz-ist-geil-Mentalität" des Senats, mal warf er Scholz "Kleingeistpolitik" vor. Doch dieses Stakkato ging etwas zulasten des roten Fadens.

So fragte man sich nach der 30 Minuten lange Rede: Was ist denn nun die zentrale Botschaft der CDU?