Hamburger Senat verspricht Aufwertung des Elbdorfes. Erstmals zählte Sozialsenator Scheele auf, welche Standorte noch geprüft wurden.

Hamburg. "Zynismus", "Mist", "geheime Kommandosache" - mit heftigen verbalen Attacken gegen den SPD-Senat hat die CDU-Fraktion in der Bürgerschaft für eine emotionale Debatte um die Unterbringung ehemaliger Sicherungsverwahrter in Moorburg gesorgt. Die Kritik wurde jedoch teilweise zum Bumerang - denn in Folge nahmen auch Grüne und Linke mehr die oppositionellen Christdemokraten aufs Korn als den regierenden Senat.

Am Freitagabend hatten die Senatoren Jana Schiedek (Justiz, SPD), Michael Neumann (Inneres, SPD) und Detlef Scheele (Soziales, SPD) Vertreter Moorburger Vereine und Verbände darüber informiert, dass drei bislang in Jenfeld untergebrachten Ex-Schwerverbrecher im Dezember in das kleine Elbdorf umziehen sollen. In einem ehemaligen Bauernhaus sollen drei Wohnungen sowie Gemeinschaftsräume für Polizisten und Sozialpädagogen eingerichtet werden.

+++ Sicherungsverwahrte nach Moorburg - Senat will hart bleiben +++

+++ Moorburger wehren sich gegen Umzug von Ex-Verbrechern +++

+++ Sicherungsverwahrte sollen nach Moorburg +++

Die drei Männer sind nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Prinzip frei, gelten aber weiterhin als potenziell gefährlich. Daher wird ihnen eine Unterkunft gestellt, in der sie rund um die Uhr bewacht werden können. SPD-Justizexperte Urs Tabbert bescheinigte dem Senat, "eine sorgfältige Abwägung vorgenommen und die Auswahl nicht leichtfertig getroffen" zu haben. Allerdings gab er den aufgeregten Ton der Debatte bereits vor, als er mit Blick auf die CDU-Forderung, die Ex-Verbrecher in einem Hafengebiet unterzubringen, sagte: "Davon ist die jetzige Lösung doch nicht weit entfernt." Das dürfte viele Moorburger auf die Palme bringen, denn ihr größtes Ärgernis ist die Umzingelung des Ortes durch die Industrie sowie die Ausweisung als Hafenerweiterungsgebiet. Noch mehr in die Klemme brachte sich Urs Tabbert mit dem Hinweis, man müsse nur bei Google Earth gucken, um zu sehen: "Weniger Wohngebiet geht in einer Großstadt doch kaum."

Das nahm CDU-Justizexperte André Trepoll dankbar auf. "Jetzt wissen wir endlich, wie Sie auf Moorburg gekommen sind - mit Google Earth, na herzlichen Glückwunsch!" Dann verschärfte Trepoll den Ton noch weiter. Der Auftritt der drei Senatoren sei eine "geheime Kommandosache" gewesen, weil in der Einladung an die Moorburger nicht einmal das Thema genannt worden sei. Dass Justizsenatorin Schiedek im Anschluss an das Treffen den Zusammenhalt der Moorburger gelobt habe, sei "zynisch", so Trepoll. In Wahrheit habe der Senat die Bürger "überrumpelt und vor vollendete Tatsachen gestellt". Im Übrigen agiere der Senat intransparent. "Zu jedem Mist", so Trepoll, gebe das Rathaus eine Mitteilung heraus, nicht aber zum Thema Moorburg. Für das Wort "Mist" gab es einen Rüffel von Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD).

Grüne und Linke bemühten sich um sachliche Töne und wiesen darauf hin, dass sich Hamburg das Problem nicht selbst geschaffen habe und verpflichtet sei, den Männern die Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen. Mit Blick auf die CDU sagte Farid Müller (Grüne): "Ich habe das Gefühl, dass Sie die Ängste im Stadtteil nutzen, um Stimmung zu machen." Man müsse doch ehrlich einräumen, dass es in jedem anderen Stadtteil auch Protest gegeben hätte und man die Bürger daher kaum an der Standortsuche beteiligen könne. Einig waren sich die Oppositionsparteien CDU, Grüne, FDP und Linkspartei aber darin, dass Moorburg mit dem Bau des Kohlekraftwerks, der A 26, eines riesigen Schlickhügels und der drohenden Hafenerweiterung schon überproportional zu leiden habe.

Darauf ging Sozialsenator Scheele nur indirekt ein. Um dem Eindruck entgegenzutreten, die Stadt habe das Dorf ähnlich wie einst Altenwerder schon aufgegeben, versprach er aber ausdrücklich, dass sich der Senat dafür einsetzen werde, weitere städtische Gebäude in Moorburg zu sanieren und zu vermieten. Weiter sagte er fest zu, dass nie mehr als drei ehemalige Sicherungsverwahrte in dem Haus wohnen würden: "Mehr können es nicht werden."

Erstmals zählte Scheele auf, welche Standorte noch geprüft wurden: drei in Bahrenfeld, je zwei in Heimfeld und Kirchwerder sowie je einer in Altona-Altstadt, Niendorf, Langenhorn, Horn, Billwerder und Gut Moor. Für Moorburg habe gesprochen, dass es ein Haus im Besitz der Stadt sei, das relativ abgegrenzt von der Nachbarschaft liegt, an den Nahverkehr angebunden ist, Platz für drei Wohnungen und Gemeinschaftsräume bietet und nicht in der Nähe von Kitas oder Schulen liegt.

Die rund 750 Moorburger Bürger überzeugt das alles noch nicht. Wenn der Senat ein Mindestmaß an Akzeptanz wolle, hätte er die Kriterien und Ziele vor der Standortsuche veröffentlichen müssen, sagte Stefanie Grosshardt, Sprecherin des runden Tisches Moorburg. "Wer mit drei Senatoren und Gefolge in Basta-Manier aufmarschiert, will einschüchtern und hinterlässt den Eindruck fehlender Sachargumente."