Geheimtreffen am Freitagabend: Drei Senatoren stellten den Anwohnern in Moorburg Umzugspläne für ehemalige Schwerverbrecher vor.

Moorburg. Konspiratives Treffen am Elbdeich: Gleich drei Senatoren und der Chef des Landeskriminalamtes hatten sich am Freitagabend in der alten Moorburger Grundschule versammelt, um die schlechte Nachricht vor einem auserwählten Publikum zu verkünden. Die Einladung war unter dem Siegel der Verschwiegenheit erfolgt, doch die Geheimniskrämerei machte keinen Sinn, schließlich war längst alles entschieden.

Ein Haus in Moorburg wird die neue Unterkunft für drei ehemalige Schwerstverbrecher. Sie sollen, so sie denn den Umzugsplänen zustimmen, ein altes Bauernhaus an einer Straßenkreuzung beziehen. Im Obergeschoss sollen drei Wohnungen ausgebaut werden, im Untergeschoss werden Betreuer und Bewacher Platz finden, so die Pläne des Senats. Einzugstermin ist Anfang Dezember.

Bislang sind die drei Sicherungsverwahrten noch in einem ehemaligen Altenheim in Jenfeld untergebracht, dort soll jedoch in unmittelbarer Nähe eine Kita gebaut werden, außerdem läuft der Mietvertrag der Stadt mit dem Träger Pflegen und Wohnen aus. Dass die verurteilten Schwerverbrecher eine neue Unterkunft benötigen war bereits seit Monaten klar.

Die Entscheidung für Moorburg wurde am Freitagabend mit großer Enttäuschung aufgenommen. Betretene Gesichter bei Sozialsenator Detlef Scheele, Justizsenatorin Jana Schiedek, Innensenator Michael Neumann (alle SPD) und Thomas Menzel, Chef des Landeskriminalamtes, als sie nach mehr als eineinhalb Stunden das ehemalige Schulgebäude verließen - lange Gesichter und Fassungslosigkeit bei den Vertretern des Moorburger Gesprächskreises, einer Vereinigung von Institutionen und Organisationen, die als erste über den Zuzug informiert wurden.

"Diese Entscheidung zerstört das Dorf", beklagt Antje Jaeger, Abgeordnete der CDU-Fraktion in der Harburger Bezirksversammlung und Vorsitzende des Sozialausschusses. Moorburg sei eine Enklave, die eher auf Zuzug hoffe. Doch durch solche Entscheidungen werde alles noch schlimmer gemacht. "Harburg ist der Mülleimer Hamburgs", resümiert Jaeger und fragt: "Warum hat man nicht mal vorher mit uns geredet. Statt dessen bestellt man uns hier hin und stellt uns vor vollendete Tatsachen."

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte dürfen Verurteilte nach Verbüßung ihrer Haftstrafe und anschließender zeitlich befristeter Sicherungsverwahrung nicht noch einmal nachträglich in Sicherungsverwahrung genommen werden. Das war in Deutschland in etlichen Fällen geschehen. Seit dem Urteil von Anfang 2011 sind diese ehemaligen Sicherungsverwahrten im Prinzip frei. Viele sind aber mit einer staatlichen Unterbringung einverstanden. Gegen die Unterbringung in einem Haus eines ehemaligen Pflegeheims in Jenfeld hatte es massive Bürgerproteste gegeben. Der Senat hatte die Unterbringung bis Ende November befristet. Eine solche Befristung gibt es in Moorburg nicht.

Unter 16 infrage kommenden Objekten hatten Behördenexperten das freistehendes, zweistöckiges Bauernhof ausgewählt. "Es ist ein abgeschlossenes Gebäude, gut einsehbar, leerstehend und bereits im Besitz der Stadt", begründete Sozialsenator Scheele die Entscheidung. "Zudem ist es relativ weit entfernt von Kindertagesstätten und Schulen. Es bietet Platz für Polizei und Betreuer."

Wie das Abendblatt erfuhr, steht die neue Herberge der Sicherungsverwahrten bereits seit einem Jahr leer. Ein benachbartes Haus wurde bereits abgerissen. Vor dem baufällig wirkenden Haus versammelten sich bereits am Freitagabend Anwohner und diskutierten über die Entscheidung. Eine der größten Sorgen ist, dass sich die NPD aus Tostedt des Themas bemächtigen könnte. Kritisiert wurde auch, dass sich in unmittelbarer Nähe zum Haus eine Bushaltestelle befindet, die von vielen Schulkindern genutzt werden. Justizsenatorin Schiedek und Sozialsenator Scheele zeigten sich eigenen Aussagen zufolge von der Reaktion der Moorburger beeindruckt. "Es ist überwältigend, diese Gemeinschaft zu sehen", sagte Schiedek, "man hat sachlich diskutieren können". "Sie haben bewundernswert reagiert, angesichts der Nachricht", ergänzte Scheele. Im Vergleich zu den Reaktionen aus Jenfeld sei die Situation in Moorburg eine ganz andere. Zumal: "Wir haben mit Jenfeld argumentieren können", sagt Schiedek, die Unterbringung dort habe sehr gut funktioniert. "Das Konzept hat sich bereits dort bewährt, alle Beteiligten haben sich an ihre Verabredungen gehalten." Das Treffen am Freitag sei erst der Auftakt gewesen, man werde allen einen Dialog bieten, betonte Schiedek.

Ob es in Moorburg wirklich ruhig bleibt, steht zu bezweifeln. "Das ist ländliches Gebiet, hier sind die Leute konservativ, hier gibt es viele Kinder", sagt ein Anwohner, der sich über die Senatswagen wundert. So voll sei es hier nie, bemerkt er und dann: "Das gibt Gegenwehr."