SPD-Fraktionschef Neumann warnt: Wählerbeschimpfungen führen nicht zum Ziel. Die CDU stellt sich hinter Bürgermeister von Beust.

Harsche Kritik, dezentes Verständnis, aber auch viel offene Zustimmung - Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat mit seinen Äußerungen über die Gegner der Schulreform ein unterschiedliches Echo ausgelöst. "Mich hat überrascht, dass manche so unverhohlen sagen: Wir wollen nicht, dass unsere Kinder länger als notwendig mit Kindern mit Migrationshintergrund zur Schule gehen", hatte Beust der " Süddeutschen Zeitung " gesagt und damit der Auseinandersetzung vor dem Volksentscheid am 18. Juli eine neue Komponente hinzugefügt.

"Wählerbeschimpfungen, wie sie Herr von Beust äußert, führen nicht zum Ziel", sagte SPD-Fraktionschef Michael Neumann. Die SPD, die wie CDU, GAL und Linke für die Reform eintritt, werde weiter mit guten Argumenten für die Primarschule werben. FDP-Chef und Reformgegner Rolf Salo sprach von einem "infamen Ablenkungsmanöver" des Bürgermeisters, der die Reformgegner "unter den Verdacht der Ausländerfeindlichkeit" stelle.

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Ex-Bildungs-Staatsrat Reinhard Behrens, einer der wenigen bekennenden Reformkritiker in der CDU, unterstellt von Beust Absicht. "Viele Menschen werden die Aussage auf alle Reformgegner verallgemeinern. Das schürt eine fremdenfeindliche Stimmung", sagte Behrens. Er habe ein solches Argument von Reformgegnern noch nicht gehört. Der Vorwurf von Beusts diskreditiere alle Bemühungen der Primarschulgegner in der CDU, im Rahmen der neuen Stadtteilschule gemeinsames Lernen zu ermöglichen.

Abgesehen von Reformkritiker Behrens ist aus der CDU fast ausnahmslos Unterstützung für den Bürgermeister zu hören. "Es gibt teils schon seltsame Äußerungen der Reformgegner, auch wenn ich diese nicht für repräsentativ halte", sagt der schulpolitische Sprecher Marino Freistedt. Beusts Aussage sei sicher nicht diskriminierend gegenüber den Reformgegnern gemeint gewesen. Freistedt: "Ole von Beust hat weiterhin das volle Vertrauen der CDU." Auch Innenexperte Kai Voet van Vormizeele bestätigt den Eindruck des Bürgermeisters. Er sei auch erschrocken über die Argumente einiger Reformgegner: "Ich will nicht, dass mein Kind eines Tages mit solchen Ausländerkindern in einer Klasse sitzt" - diesen Satz habe er selbst mehrfach gehört. Ole von Beust wollte die Debatte wohl bewusst zuspitzen, so Vormizeele: "Das darf man eine Woche vor Ende des Volksentscheids auch ruhig machen."

Die CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Karen Koop und Klaus-Peter Hesse sowie die Bundestagsabgeordneten Rüdiger Kruse und Marcus Weinberg kennen hingegen keine migrantenfeindlichen Äußerungen von Reformgegnern. Koop: "Ich habe bislang nur das Argument gehört, Eltern hätten Angst, dass ihre Kinder mit Lernschwächeren zusammen unterrichtet werden und das Niveau an der Schule dadurch sinke."

Allgemein habe sie den Eindruck, dass die Nerven so kurz vor Ende der Abstimmung auf beiden Seiten blank liegen. Kruse meint: "Ole von Beust wird die Äußerungen so gehört haben. Er hat ein sehr starkes Unrechtsbewusstsein und reagiert empfindlich, wenn es um Ausgrenzung geht."

Das sieht auch Schulexperte Weinberg so: "Es gibt auf beiden Seiten unterschiedliche Positionen, auch Extrempositionen. Der Bürgermeister greift nicht alle Reformgegner an, sondern weist auf Ausnahmefälle hin." Dass das sein "legitimes Recht" ist (Hesse), sehen fast alle befragten CDU-Mitglieder so.