Der Journalist Michael Spreng, 62, war auch Berater von Edmund Stoiber und Jürgen Rüttgers.

Hamburger Abendblatt:

1. Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust hat in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" über die Schulreformgegner gesagt, manche von ihnen wollten nicht, dass ihre Kinder "länger als notwendig mit Kindern mit Migrationshintergrund zur Schule gehen". Halten Sie das für eine gezielte Äußerung des Bürgermeisters, um vor dem Volksentscheid am 18. Juli den Ton zu verschärfen?

Michael Spreng:

Es kann sein, dass es Leute gibt, die so denken. Ole von Beust will mit seinen Aussagen einen Teil der Gegner seiner Schulpolitik in eine bestimmte Ecke stellen. Dahinter steckt wohl die Hoffnung, dass sie es sich noch einmal anders überlegen. Das ist ein übliches propagandistisches Mittel der Politik. Aber es ist auch knapp unter der Gürtellinie.

2. Bislang hatte Ole von Beust immer betont, dass es beim Volksentscheid am Sonntag der kommenden Woche um eine Sachfrage gehe. War es richtig, kurz vor der Abstimmung die Tonart zu wechseln?

Ich finde es falsch, eine Sachfrage polemisch aufzuladen. Das kann auch schnell ein Rohrkrepierer werden, denn die Äußerungen des Bürgermeisters könnten auch die Gegner der Schulreform mobilisieren.

3. Die Ablehnung der schwarz-grünen Reform kommt ohnehin vor allem aus dem konservativen Milieu. Unter anderem war vom "Gucci-Protest" die Rede. Jetzt stößt Beust die Konservativen mit dieser Äußerung erneut vor den Kopf. Ist das taktisch klug?

Der Widerstand gegen die Schulreform geht meines Erachtens über das konservative Milieu hinaus. Aber Konservative waren bislang immer Wähler der CDU. Sind die der CDU jetzt nicht mehr wichtig? Beusts Äußerungen zeigen, wie nervös er ist.

4. Der Bürgermeister lässt nach wie vor offen, wie lange er noch im Amt bleiben und ob er 2012 noch einmal antreten will. Macht er das vielleicht auch, um diejenigen zur Zustimmung zur Reform zu bewegen, die fürchten, er könnte bei einem Scheitern zurücktreten?

Wenn es so wäre, wäre es das falsche Mittel. Ich halte es für unklug, wenn sich ein Politiker freiwillig zur Lame Duck erklärt. Damit schwächt er seine Autorität und seine politische Bedeutung.

5. Was raten Sie dem Bürgermeister, wie er sich in dieser zugespitzten Situation verhalten sollte?

So zu bleiben, wie er immer war: ruhig, besonnen, tolerant - auch gegenüber den Gegnern der Schulpolitik.