Künast: “Projekt könnte ein Leuchtturm sein“. Im Abendblatt-Interview erklärt sie, was ein Scheitern der Schulreform bedeuten würde.

Berlin/Hamburg. Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Renate Künast, befürchtet einen bundesweiten Stillstand in der Bildungspolitik, sollten die Hamburger die Schulreform bei der Volksabstimmung am 18. Juli ablehnen. "Ein Scheitern in Hamburg würde Bildungsreformen andernorts nicht erleichtern", sagte Künast im Interview mit dem Hamburger Abendblatt.

Aus Sicht der grünen Spitzenpolitikerin wäre die Einführung der Primarschule in der Hansestadt ein Aufbruchsignal für die deutsche Bildungspolitik. "Hamburg könnte ein Leuchtturm sein, wenn dieser Volksentscheid im grünen Sinne ausgeht. Das würde zeigen, dass alte Bildungsstrukturen doch aufgelöst werden können", sagte Künast. Sie sei optimistisch, dass sich das schwarz-grüne Schulprojekt durchsetze.

+++ "Hamburg könnte ein Leuchtturm sein" +++

Nach Ansicht der Grünen-Politikerin hat die breite Debatte in Hamburg über die Reform zu wesentlichen inhaltlichen Verbesserungen geführt. "Das Elternwahlrecht ist wieder da, und es wurde noch mehr auf Qualität und Schulungen gesetzt." Das sei eine sehr gute Weiterentwicklung, lobte Künast. "970 neue Lehrerstellen, kleinere Klassen, Lehrer werden besser qualifiziert, es gibt massenhaft mehr Deutschunterricht. Davon profitieren nicht nur Migrantenkinder, sondern alle Kinder."

Sollte die Schulreform beim Volksentscheid scheitern, sei die schwarz-grüne Koalition in Hamburg nicht in Gefahr, sagte Künast. "Das ist keine Abstimmung über den Senat und seine Arbeit, sondern über eine Sachfrage."

Unterdessen haben die Interview-Äußerungen von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) für ein geteiltes Echo gesorgt. "Wählerbeschimpfungen, wie sie Herr von Beust äußert, führen nicht zum Ziel", sagte SPD-Bürgerschafts-Fraktionschef Michael Neumann. Von Beust hatte einem Teil der Reformgegner Ressentiments gegenüber Ausländern unterstellt. "Mich hat überrascht, dass manche so unverhohlen sagen: Wir wollen nicht, dass unsere Kinder länger als notwendig mit Kindern mit Migrationshintergrund zur Schule gehen", hatte von Beust der "Süddeutschen Zeitung" gesagt.

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FDP-Landeschef Rolf Salo, der gegen die Schulreform ist, sprach von einem "infamen Ablenkungsmanöver" des Bürgermeisters, der die Reformkritiker "unter den Verdacht der Ausländerfeindlichkeit" stelle. In der CDU war die Reaktion jedoch überwiegend positiv. "Es gibt teils schon seltsame Äußerungen der Reformgegner, auch wenn ich diese nicht für repräsentativ halte", sagte der CDU-Schulpolitiker Marino Freistedt. Der CDU-Innenpolitiker Kai Voet van Vormizeele sagte, er habe ähnliche Sätze auch schon mehrfach von Reformgegnern gehört. Parteivize Marcus Weinberg sagte, von Beust greife nicht alle Reformgegner an, sondern weise auf "Ausnahmefälle" hin. Das sei sein "legitimes Recht".