Die Vertreter der Behörden sind unter Dauerbeschuss. Heftiger Streit im Rathaus entbrannt. Ein CDU-Abgeordneter sorgt für Empörung.

Hamburg. Nachdem bereits die Bevölkerung heftig gegen den Plan des Senats protestierte, die entlassenen Sicherungsverwahrten in einem ehemaligen Altenheim in Jenfeld unterzubringen, haben sich nun auch die politischen Gremien mit dem Thema beschäftigt. Unmittelbar vor der nicht minder emotional ausgetragenen Aktuellen Stunde in der Bürgerschaft kam der Justizausschuss gestern in einer Sondersitzung zusammen. Im großen Festsaal des Rathauses stellten sich Justizsenatorin Jana Schiedek, Innensenator Michael Neumann und Sozialsenator Detlef Scheele (alle SPD) den Fragen der Abgeordneten.

Wie bereits bei der Veranstaltung vor anderthalb Wochen in der Helmut-Schmidt-Universität standen die Vertreter der Behörden unter Dauerbeschuss - dieses Mal übte nicht die Einwohnerschaft Jenfelds, sondern die CDU-Opposition scharfe Kritik an dem Vorhaben. Das Haus an der Straße Elfsaal sei "der denkbar ungünstigste Standort" für die verurteilten Schwerverbrecher, sagte Ralf Niedmers. "Zumal der Stadtteil ohnehin nicht von großem Glück gesegnet ist." Er habe den Verdacht, der Senat habe diesen Standort gewählt, weil in Jenfeld mit dem geringsten Widerstand gerechnet werde. Später in seiner Rede vor der Bürgerschaft löste er mit der Bemerkung, dass Jenfeld ein Stadtteil sei, "in dem nicht jeden Tag die Sonne scheint", Empörung aus. Urs Tabbert (SPD) sagte: "Ich habe noch nie einen Abgeordneten so schlecht über seinen Wahlkreis sprechen hören." Und Farid Müller (GAL) befand, dass Niedmers "keinen konstruktiven Beitrag" leiste und mit den Ängsten der Menschen spiele.

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Der gelbe Klinkerbau in Jenfeld soll befristet für ein Jahr das neue Zuhause für den Sexualstraftäter Hans-Peter W. und den 1993 wegen Totschlags verurteilten Schwerverbrecher Karsten D. werden. Die Männer wurden nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auf freien Fuß gesetzt, weil eine befristete Sicherungsverwahrung nicht rückwirkend verlängert werden darf. Zudem ist auch für den Sicherungsverwahrten Jens B., der voraussichtlich noch dieses Jahr entlassen wird, eine Wohnung in dem Haus vorgesehen. Doch Karsten D. und Jens B. wollen nicht in das Jenfelder Wohngebiet ziehen. Nur Hans-Peter W. hält sich die Option noch offen.

"Wir haben uns bemüht, eine alternative Unterbringung zu finden, eine Einrichtung, die Erfahrungen mit psychisch Erkrankten hat", sagte Sozialsenator Scheele im Rechtssausschuss. Doch das sei gescheitert. Zu groß sei die Sorge der Einrichtungen gewesen, dass die verurteilten Schwerverbrecher Patienten abschrecken könnten. Allerdings sei das leer stehende Gebäude in Jenfeld die einzige Unterkunft, die die Kriterien erfülle. Scheele: "Die Männer können in dem Haus allein wohnen, es bietet Platz für die Polizisten, den Sicherheitsdienst sowie die Sozialpädagogen, und es gibt einen relativ großen Abstand zur Wohnbebauung." Andere Gebäude hätten für die Unterbringung geräumt werden müssen.

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Jana Schiedek wies in der anschließenden Aktuellen Stunde darauf hin, dass sich bereits der Vorgängersenat mit der Frage nach dem Umgang mit ehemaligen Sicherungsverwahrten beschäftigt, aber keine Lösung gefunden habe. Es müsse nun die "Quadratur des Kreises" gelingen, nämlich auf der einen Seite zu akzeptieren, dass es sich bei den Betroffenen um freie Menschen handele, und auf der anderen Seite dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Die Resozialisierung sei im Interesse der Entlassenen, aber auch der Hamburger.

Am Ende verteidigte Schiedek auch die von der CDU kritisierte Informationsstrategie des Senats. So hatte die Abgeordnete Viviane Spethmann moniert, dass der Standort für die Unterbringung veröffentlicht wurde, und von einem "Kommunikationschaos" gesprochen. "Wir informieren", sagte die Senatorin dazu. Heimlich vorzugehen sei der falsche Weg.