Nachbarn wollen den Einzug der Männer verhindern. Gewerkschaften der Polizei halten eine totale Überwachung zudem für unmöglich.

Hamburg. Die Wände der Schlafzimmer sind in einem freundlichen Pastellgelb gestrichen, Deckenfluter hüllen die Wohnzimmer in ein warmes Licht, die Handtuchhalter im Bad sind mit blauen Plastik-Seesternen versehen: Diese teilmöblierten, jeweils rund 40 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnungen in einem ehemaligen Altenheim in Jenfeld werden voraussichtlich noch im Dezember das neue Zuhause des Sexualstraftäters Hans-Peter W., der 29 Jahre in Gefängnis und Sicherungsverwahrung war, und des 1993 wegen Totschlags verurteilten Schwerverbrechers Karsten D. Zudem wird der Sicherungsverwahrte Jens B. noch in diesem Jahr in die Freiheit entlassen - der 1986 verurteilte Vergewaltiger könnte somit auch eine der vier Wohnungen in dem gelben Klinkerbau beziehen, in dem zuletzt Therapien für Alkoholiker angeboten wurden.

Doch trotz aufwendiger Sicherheitsvorkehrungen - die Entscheidung, die verurteilten Schwerverbrecher in einem Wohngebiet in Jenfeld unterzubringen, ruft schon jetzt Anwohnerproteste hervor. "Es ist eine Katastrophe, dass die Männer hier leben sollen", sagt Olaf Köpke, der mit seiner Frau am Elfsaal lebt. Vielen Anwohnern bereite das Angst. "Hier leben viele Familien mit Kindern. Deshalb verstehen wir nicht, warum die Schwerverbrecher ausgerechnet hier untergebracht werden." Der 50-Jährige und seine Nachbarn wollen sich dagegen wehren. "Am Montag setzen wir uns zusammen und überlegen, wie wir ihren Umzug verhindern können." Doch nicht alle sind in Sorge. Ingrid Schneider,70, lebt in einem Altenheim nebenan: "Wenn sie sich ordentlich benehmen, habe ich kein Problem damit, dass die Männer hier wohnen. Angst habe ich nicht. Zudem haben sie ihre Strafe doch abgesessen."

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Die Unterbringung in dem dreistöckigen Haus an der Straße Elfsaal ist das Ergebnis monatelanger Arbeit der Hamburger Justiz-, Innen- und Sozialbehörde, eine geeignete Immobilie für ehemalige Sicherungsverwahrte zu finden. 40 Polizisten sollen die Männer im Schichtdienst rund um die Uhr bewachen. Kosten: zwei Millionen Euro pro Jahr. Doch Politiker üben Kritik an dem Vorhaben. Der SPD-Senat habe mit dieser Entscheidung, Sicherungsverwahrte in Jenfeld unterzubringen, zahlreiche Fragen offengelassen und sorge für Verwirrung, sagt der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Frank Schira "Wir fragen uns, welche alternativen Standorte geprüft und warum diese dann ausgeschlossen wurden."

Darüber hinaus bemängeln die Polizeigewerkschaften, dass eine Dauerüberwachung der Männer verfassungswidrig sei. "Was da abläuft, halte ich für illegal und absurd", sagt Joachim Lenders, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Entweder, man halte die Entlassenen für ungefährlich - dann dürfe es auch keine Bewachung geben - oder sie müssten in die geschlossene Psychiatrie.

André Schulz, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, hält eine lückenlose Kontrolle für unmöglich: "So können wir nur hinterhersehen, wenn der Betroffene sich in einen Zug setzt, um ins Ausland zu fahren. Auch ist das Aufsuchen einer Prostituierten nicht verboten. Soll sich die Polizei neben das Bett stellen, um Sicherheit zu gewährleisten?"

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Ob Hans-Peter W. und Karsten D. überhaupt die Wohnungen im ersten Stock beziehen, ist unterdessen ihre persönliche Entscheidung. "Sie müssen dort nicht wohnen. Aber die beiden haben bereits signalisiert, dass sie in das Haus einziehen wollen", sagte Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) am Donnerstag. Der Vermieter der Wohnungen, die jeweils 260 Euro Kaltmiete pro Monat kosten, ist das städtische Unternehmen fördern und wohnen. Dort ist man betont unaufgeregt. "Mit den Männern wird ein Standard-Mietvertrag abgeschlossen", sagt Matthias Elwart von fördern und wohnen. "Sie haben dieselben Pflichten und Rechte wie jeder andere Mieter auch."