Ärger mit der Gagfah-Wohnung: “Wie die Behörde mit uns umgegangen ist, ist eine Sauerei“. Konzern und Behörde lassen Mieter im Stich.

Hamburg. Der Schimmel gehört seit Jahren zum Alltag der Familie Dohrwardt aus Steilshoop. Im Badezimmer schimmelt es von Decke und Wand. Beim Duschen fallen braune Brocken in die Badewanne. Auch im Wohn- und Jugendzimmer färbt sich die Wand grün.

Vor drei Monaten hat das Abendblatt über Dohrwardts Wohnung berichtet. Die Vier-Zimmer-Wohnung ist eine von vielen maroden Wohnungen des umstrittenen Immobilienkonzerns Gagfah. Dass sich seit einem Vierteljahr in der Wohnung nichts gebessert hat, liegt nicht allein an der Gagfah. Sondern auch am Bezirksamt Wandsbek.

Rückblende: Immer wieder hatten sich die Dohrwardts bei der Gagfah beschwert. Die Wohnungsgesellschaft schickte einen Sachverständigen, der fertigte ein Gutachten an. Danach beschied der Konzern per Brief, "dass sich der Schimmel aufgrund falschen Heiz- und Lüftungsverhalten gebildet hat". Als Geschenk legte der Konzern eine Broschüre zum korrekten Heizen bei.

"Nachdem das Abendblatt über unsere Wohnung berichtet hat, meldete sich plötzlich das Bezirksamt Wandsbek bei uns", sagt Birgit Dohrwardt. Ein Herr von der Wohnungspflege habe seinen Besuch und Hilfe angekündigt. Die Dohrwardts baten Helmut Kecskes zu dem Treffen hinzu. Kecskes arbeitet für den Verein "Mieter helfen Mietern" und betreut die Familie seit einigen Jahren. Er sagt: "Ich bin mir sicher, dass der Schimmel deshalb entstanden ist, weil das Gebäude eine unzureichende Wärmedämmung hat."

Der Herr vom Bezirksamt sei sehr freundlich gewesen und verständnisvoll, berichten sowohl Birgit Dohrwardt als auch Helmut Kecskes. "Er hat gesagt, dass der Heizkörper im Wohnzimmer an der falschen Stelle steht und dass er der Gagfah empfehlen wird, einen zweiten Heizkörper zu errichten", sagt Kecskes. Als der Wohnpfleger das verschimmelte Bad erblickte, habe er festgestellt, dass die Abluft zu gering sei. "Hier kann man ja gar nicht lüften. Die Feuchtigkeit kommt nicht raus", habe er gesagt. Das Bad der Dohrwardts hat keine Fenster, es gibt nur einen Lüftungsschacht, der laut Kecskes seit mehr als zehn Jahren nicht mehr vom Schornsteinfeger gereinigt worden ist.

Seit dem Besuch des Wohnpflegers vor fast zwei Monaten ist allerdings nichts geschehen. Die Familie hörte nie wieder von dem freundlichen Mann.

Was ist passiert? Sonja Fessel, Pressesprecherin des Bezirksamts, stellt die Recherchen des Wohnpflegers gegenüber dem Abendblatt völlig anders dar. "Die Besichtigung ergab Mängel, die durchaus beim Mieter anzusiedeln waren", sagt sie. Die hohe Luftfeuchtigkeit könne "durch falsches Lüften und Heizen entstehen". Der Mitarbeiter wisse, was er tue. "Er macht das seit 25 Jahren", sagt Fessel. Die Behörde habe die Gagfah "aufgefordert, eine Heizungsleitung zu verlegen". Für die Bezirksamtssprecherin ist klar: "Wir haben einen Missstand festgestellt und beiden Seiten gesagt, was sie tun können." Alles gut also? Nein. "Wir haben bis heute nichts vom Bezirksamt gehört", sagt Birgit Dohrwardt. Und auch die Gagfah erklärte am Freitag: "Bis heute Morgen hat sich im Kundencenter Hamburg-Nordwest das Bezirksamt weder telefonisch noch schriftlich gemeldet."

Die Dohrwardts mussten weitere zwei Monate Schimmel ertragen. Sie hatten gehofft, dass sich auf Druck des Bezirksamts etwas tut. Sylvia Sonnemann, Geschäftsführerin von Mieter helfen Mietern kritisiert die Verzögerung. "Die Bezirksämter suchen die Schuld schnell beim Mieter, ohne etwas zu unternehmen. Dabei ist der Vermieter gefragt." Hinzu komme die Verzögerungstaktik der Gagfah, die zwar seit Neuestem Mängel nicht mehr ignoriere, sie aber nicht konsequent angehe.

Die Gagfah bleibt auch auf Abendblatt-Anfrage dabei: Es lägen "keine offensichtlichen Baumängel vor". Die Dohrwardts haben mittlerweile die Miete um 45 Prozent gekürzt. Zur Not wollen sie die Mängel selbst beseitigen lassen - und der Gagfah die Kosten von der Miete abziehen. Der Verein "Mieter helfen Mietern" hat Einsicht in das Gutachten des Sachverständigen der Gagfah beantragt - doch die Gagfah verweigere die Einsicht, sagt Helmut Kecskes.

Übrigens: Erst nachdem sich das Abendblatt beim Bezirksamt über den Fall Dohrwardt erkundigt hatte, meldete sich das Amt doch noch bei der Gagfah. Eine Gagfah-Sprecherin erklärte, dass der Wohnungspfleger zwar einen neuen Heizkörper für die Dohrwardts empfehle, jedoch "unserer Einschätzung in vielen Punkten" zustimme.

Birgit Dohrwardt ist wütend: "Wie die Behörde mit uns umgegangen ist, ist eine Sauerei."