Viele Mietshäuser der Wohnungsgesellschaft Gagfah verfallen. Der Eigentümer - ein US-Hedgefonds - investiert kaum in den Bestand.

Hamburg. Die Finanzkrise ist lautlos in die Wohnung der Familie Dohrwardt gekommen. Ins Wohnzimmer, ins Schlafzimmer der Kinder und vor allem ins Badezimmer. Die Finanzkrise streut grüne Schimmelflecken, manchmal färbt sie Wände schwarz. Sie riecht muffelig und verbreitet ein klammes Gefühl. Marcel Dohrwardt ist 15, er schläft neben dem Schimmel. Seine Mutter Birgit sagt, dass Marcel häufig krank ist. Im Zimmer seiner Schwester Miriam zieht es. Das 25 Jahre alte Fenster schließt nicht mehr richtig, Wind und Regen kommen durch die Ritzen. Am schlimmsten ist es aber im Badezimmer. An der Decke klebt der Schimmel in grünen Flecken, an der Wand in braunen. Die Tapete blättert ab. Wenn die Dohrwardts duschen, fällt ihnen häufig Schimmel vor die Füße.

Die Dohrwardts aus dem Fritz-Flinte-Ring 49, fünfter Stock, in Steilshoop haben bei der Finanzkrise kein eigenes Vermögen verloren. Zu Verlierern wurden sie aber trotzdem. Verlierer der Übernahme der ehemals staatlichen Wohnungsgesellschaft Gagfah durch einen amerikanischen Hedgefonds, der in der Finanzkrise unter Druck geraten war.

Die Geschichte der "Gemeinnützigen Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten" handelt von Naivität, von Gier und von Hilflosigkeit. Sie handelt vom Raubbau an einem Unternehmen mit knapp 160 000 Wohnungen in Deutschland. In Hamburg gehören 9375 Wohnungen zur Gagfah, davon 2100 in Steilshoop und 1300 in Wilhelmsburg, die übrigen Wohnungen verteilen sich auf die meisten Stadtteile der Hansestadt. Etwas mehr als ein Drittel dieser Wohnungen sind Sozialwohnungen.

Um diese Geschichte zu erzählen, hat das Abendblatt Dutzende Mieter besucht und mit Politikern, Aktionärsvertretern und Ehemaligen der Gagfah gesprochen. Das Unternehmen wurde mit dem Ergebnis der Recherchen konfrontiert. Das Abendblatt wollte auch mit dem Chef der Gagfah, William J. Brennan, in Luxemburg sprechen. Seine Sprecherin teilte mit: "Für ein Interview steht Ihnen Herr Brennan nicht zur Verfügung."

Familie Dohrwardt wohnt seit einem Vierteljahrhundert in ihrer Steilshooper Wohnung. Für 103 Quadratmeter zahlt sie 772,16 Euro warm im Monat, der Preis ist für eine Vier-Zimmer-Wohnung in Ordnung. Bis zum Verkauf der Gagfah gab es keine Probleme. "Der Hausmeister war immer erreichbar. Wenn etwas kaputt war, wurde es sofort repariert.", sagt Holger Dohrwardt. 2004 wurde die Gagfah an den US-Finanzinvestor Fortress verkauft. Kurz danach hatten die Dohrwardts Schimmel in der Wohnung.

Holger Dohrwardt schrieb den Vermieter an. Mehrere Gagfah-Fachleute besichtigten den Schaden. Nichts passierte. Seine Frau Birgit versuchte selbst, den Schimmel zu entfernen, vergebens. Sowohl der Mieterverein zu Hamburg als auch der Verein Mieter helfen Mietern bezeichnen Gagfah-Häuser als so marode, dass die Wände schimmeln müssen. Die meisten hätten keine Wärmedämmung, die Feuchtigkeit schlägt sich deshalb an den kältesten Stellen nieder.

Vor wenigen Tagen schickte die Wohngesellschaft den Dohrwardts einen Brief. Darin stellte sie fest, "dass sich der Schimmel auf Grund falschen Heiz- und Lüftungsverhalten gebildet hat". Auch im Umschlag befand sich die bunte Broschüre mit dem Titel "Feuchtigkeit in der Wohnung".

Familie Dohrwardt ist nur ein Beispiel von vielen in Hamburg. Yvonne Taskiran wohnt in Wilhelmsburg, Wittestraße 1, im dritten Stock eines Altbaus. Seit Jahren schon bröckelt die Fassade, im März fielen Trümmer von den Balkonen des ersten Stockwerks. Nebenan spielen Kinder eines Kindergartens. Taskirans Sohn Elikey ist drei Jahre alt. Die Balkone werden auf Anordnung des Bezirksamts Mitte mit Stahlträgern abgestützt, um die Anwohner zu schützen. "Ich würde lieber heute als morgen raus hier. Aber in derselben Preislage gibt es nichts", sagt Yvonne Taskiran. Für ihre Drei-Zimmer-Wohnung mit 58 Quadratmetern zahlt sie 506 Euro warm.

Die Fassaden der Hochhäuser an der Korallusstraße in Wilhelmsburg sind grau. Fenster sind zerbrochen, die Haustüren stehen offen, Klingelschilder sind demoliert, Lampen in den Hausfluren sind kaputt. In den Treppenhäusern stinkt es nach Müll. Die Aufzüge sind häufig defekt.

Zegbi Ameti, er wohnt im neunten Stock, Korallusstraße 8, bekommt den Schimmel nicht mehr aus seiner Vier-Zimmer-Wohnung. 690 Euro kostet die Warmmiete für die 88 Quadratmeter. Seit drei Jahren schimmelt es im Kinderzimmer. "Mein Sohn hat Angst davor, hier zu schlafen", sagt Ameti.

Torsten Wietzki wohnt mit seiner Familie in Bahrenfeld, Silcher Straße 7b, erster Stock, in einem Acht-Parteien-Haus. "Jeden Winter, wenn die Temperaturen unter null Grad fallen, fällt auch die Heizung aus", sagt er. Seit sieben Jahren hat Wietzki ein Schimmel-Problem. Seine Söhne Magnus und Tjorben sind vier und acht Jahre alt. "Ich weiß, wie gesundheitsschädlich Schimmel ist. Deshalb haben meine Frau und ich ihn selbst entfernt", sagt Wietzki. Für die Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung, 83 Quadratmeter, zahlen die Wietzkis 787 Euro Warmmiete.

In fast allen Hamburger Bezirken gibt es Beschwerden von Gagfah-Mietern. Die Fälle sind den Bezirksämtern bekannt. Ab und an sind die Behörden aktiv geworden, wie in Wilhelmsburg. "Mehrere Häuser sind in schlechtem Zustand. Seit Juli versuchen wir, deshalb Gespräche mit der Gagfah zu führen. Doch die hat immer abgelehnt. Das ist ärgerlich", sagt Lars Schmidt-von Koss, Sprecher des Bezirks Mitte.

Viele Betroffene schweigen. Weil sie überfordert sind mit der Situation, die deutsche Sprache nicht beherrschen - oder weil sie sich einfach schämen für ihren Schimmel.

Lange Zeit galt die Gagfah als vorbildlicher Vermieter. Gegründet wurde sie 1918, nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). BfA - das klingt nach Seriosität, nach Geborgenheit, vielleicht auch nach Spießigkeit. Aber genau diese biederen Eigenschaften wünschen sich viele Mieter von ihrem Vermieter.

Unter der Kohl-Regierung hatte es erstmals Überlegungen gegeben, die Wohnungsbestände zu verkaufen, um mit frischem Geld die Rente zu sichern. Schon damals warnten Mietervereine davor, dass da ein solides und soziales Unternehmen zum Spielball von Spekulanten werden könnte. Die rot-grüne Regierung von Gerhard Schröder erlag trotzdem der Versuchung. Privatisierungen waren in Mode und die Rentenkasse war leer.

3,5 Milliarden Euro zahlte die amerikanische Beteiligungsgesellschaft Fortress Investment Group für zunächst 80 000 Gagfah-Wohnungen. Hinter Fortress stehen große angelsächsische Pensionsfonds und reiche Privatleute, "Private Equity" eben.

Zunächst lief alles prima. Nach dem Eigentümerwechsel setzte die deutsche Führung der Gagfah auf Wachstum - auch in Hamburg. 2005 kaufte sie der Norddeutschen Landesbank die Tochtergesellschaft Nileg ab. Diese verwaltete mehr als 30 000 Wohnungen, 5000 davon in Hamburg. Die Banker hätten guten Grund gehabt, sich zu betrinken, sagt ein ehemaliger Nileg-Mitarbeiter. "Viele Häuser waren in keinem guten Zustand. Viele Nachkriegsbauten und Eisenbahnerwohnungen, die in die Jahre gekommen waren."

Die Amerikaner schien das nicht zu stören. Sie hatten ein großes Ziel: Sie wollten an die Börse. Der Mann, der das Unternehmen ab 2006 dafür fit machen sollte, heißt Burkhard Drescher, ehemaliger Oberbürgermeister von Oberhausen, Sozialdemokrat. Zumindest verbal bekam er den Spagat zwischen Hedgefonds und Mieterschutz gut hin. "Bei Wohnungen, die ja ein intimer Lebensraum für Menschen sind, darf man die soziale Brille auf keinen Fall vergessen", sagte er.

Und es schien zu funktionieren, in Dresden kaufte die Gagfah große Wohnungsbestände und begann zu sanieren. Auch für Hamburg wurden Pläne gemacht - für 30 Millionen Euro. Für Steilshoop waren sie sehr konkret, sagen Ex-Gagfah-Leute.

Anstatt das Unternehmen, das ausschließlich in Deutschland tätig ist und an der Frankfurter Börse gehandelt wird, hierzulande anzusiedeln, wurde als Dachgesellschaft die Gagfah S.A. in Luxemburg gegründet. Nach deutschem Aktienrecht muss ein Vorstand nicht den Weisungen des Aufsichtsrats folgen - beim Modell der S.A. in Luxemburg schon. Im Aufsichtsrat in Luxemburg, dem "Board of Directors", sitzen Fortress-Leute. Sie haben damit bei der Gagfah das Sagen.

Doch auch die amerikanischen Hedgefonds-Manager konnten die Finanzkrise nicht vorhersehen. 2008 implodierte in den USA der Immobilienmarkt. Fortress verlor Milliarden. Und Dreschers "soziale Brille" war plötzlich nicht mehr gefragt.

Bei der Gagfah ging es jetzt um zwei Dinge: Kürzen bei der Instandhaltung und Retten bei der Rendite. Denn auf die wollten die Aktionäre nicht verzichten. 60 bis 70 Prozent der Aktien stecken in Fonds, die Fortress managt und sich dafür gut bezahlen lässt. 30 bis 40 Prozent der Aktien werden frei in der Börse gehandelt.

Bei der Kommunikation ihrer neuen Strategie waren die Amerikaner zurückhaltend, der gute Ruf der Gesellschaft sollte nicht aufs Spiel gesetzt werden. "Da gibt es keine Schriftstücke, alles nur mündlich", sagt ein ehemaliges Mitglied der Führungsriege.

Für Hamburg bedeutete die neue Strategie des Unternehmens das Aus für den 30-Millionen-Plan.

Für jene, die im Unternehmen Widerstand leisten, wurde es ruppig. Hauptverantwortliche verließen die Gagfah. Drescher wurde durch William J. Brennan ersetzt. Der Amerikaner ist eine Art Anti-Drescher. Er kommt aus dem Londoner Fortress-Büro, hat viel Erfahrung im Bereich Hochfinanz, aber wenig in der deutschen Wohnungswirtschaft.

Spricht man mit ehemaligen Führungskräften über Gründe, die Gagfah zu verlassen, dann fallen Sätze wie: "Sie lutschen das Unternehmen aus." Oder: "Die fahren das Ding gegen die Wand." Oder: "Für die Typen wollte ich nicht einsitzen."

Dem Abendblatt liegt eine interne Liste mit 510 sogenannten "Verkehrssicherungsmaßnahmen" für das Jahr 2009 vor. Dabei handelt es sich um dringende Reparaturen. Von den Schäden geht Gefahr für Leib und Leben aus. "Abbröckelnde Betonteile" oder "fehlende Brandschotts" sind für Hamburger Wohnungen notiert. Einige Schäden waren offenbar seit 2004 bekannt, behoben wurden sie jahrelang nicht.

425 000 Euro sollte zum Beispiel die Reparatur einiger Balkone einer Hamburger Immobilie kosten. Der Zustand wird so beschrieben: "Balkonplatten stark beschädigt, Tragfähigkeit nicht gewährleistet." Bekannt ist das seit Mai 2006. Aber im Feld "Bemerkungen" der Tabelle steht nur: "Keine dringenden Arbeiten erforderlich." Reparaturausgaben? Fehlanzeige.

Für 700 000 Euro hätten seit 2006 in einem anderen Hamburger Objekt die alten Bleileitungen ausgetauscht werden müssen, weil die Grenzwerte der giftigen Substanz überschritten wurden. Ob noch jemand in dem Haus lebt und sich langsam vergiftet, steht nicht in der Liste. Dafür aber der Hinweis, dass den Mietern "Schadensersatzanspruch" zustehe.

Die Liste verzeichnet präzise, was die einzelnen Reparaturen kosten würden und was ausgegeben wurde. Alle Sofortreparaturen zusammen hätten demnach 72,9 Millionen Euro gekostet. Ausgegeben wurden der Liste zufolge 10,2 Millionen Euro - also ein Siebtel.

Die Gagfah dementiert die Existenz der Liste nicht ausdrücklich, beharrt aber darauf, dass die Schäden nicht akut waren: "Sofern Verkehrssicherungen auch als diese identifiziert werden und akuter Handlungsbedarf besteht, erfolgt umgehend die Beseitigung des Risikos", sagt die Sprecherin.

Fest steht: Es wird extrem gespart. Während ein Unternehmen mit Wohnimmobilien normalerweise 12 bis 15 Euro pro Quadratmeter und Jahr für Sanierungen aufbringt, hat die Gagfah diesen Betrag bewusst gesenkt, von neun Euro auf sechs Euro. Auch verkauft wird offenbar immer mehr. 1,1 Milliarden Euro verzeichnet der Punkt "Einzahlungen aus dem Verkauf von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien" im Geschäftsbericht für die Jahre 2009 und 2010. In den beiden Jahren zuvor standen dort 400 Millionen Euro.

Die Gagfah investiert nicht in ihre Häuser und verkauft die Filetstücke - der Unternehmenswert sinkt. Trotzdem zahlt das Unternehmen weiter hohe Renditen. Der Blick in die Bilanz zeigt: Während der Aktienkurs zwei Jahre nach Erstausgabe von 19 Euro auf fast zwei Euro abstürzte - heute liegt er um die sechs Euro -, machte die Dividende einen Sprung von 17 auf 20 Cent je Aktie - im Quartal. Phasenweise liegt die Dividendenrendite bei 20 Prozent. Diese Kennziffer zeigt, wie hoch die Ausschüttung je Aktie war. Nach der Ausschüttung an Aktionäre ist das Geld für das Unternehmen verloren. Zwei ehemalige Führungskräfte, sie wollen anonym bleiben, haben dem Abendblatt unabhängig voneinander vorgerechnet, dass ziemlich exakt jene Gelder, die an die Investoren abfließen, für die Reparaturen benötigt würden.

Die Gagfah wehrt alle Kritiker ab. Erforderliche Reparaturen würden durchgeführt. Die persönliche Kundenbetreuung sei im Notfall rund um die Uhr erreichbar. Man verfolge eine langfristige Bestandhaltungs- und Vermietungsstrategie. Auf Abendblatt-Anfrage verspricht die Gagfah Investitionen von neun bis zehn Euro pro Quadratmeter für das Jahr 2011.

Helmut Kecskes kann daran nur schwer glauben. Er hat 27 Jahre bei der Gagfah gearbeitet. Er hat selbst in Steilshoop gewohnt, in einer Gagfah-Wohnung, später war er für die Mieterbetreuung und Instandhaltung in seinem Viertel zuständig. Er kannte viele Mieter, nicht nur als Kunden, sondern auch als Nachbarn. Als das Unternehmen sich noch in öffentlicher Hand befand, saß das Geld lockerer. Die Gagfah spendierte den Mietern Sommerfeste. In dieser Zeit sei genügend Geld für die Instandhaltung ausgegeben worden. Kecskes sagt, er habe die Gagfah sehr gerne vertreten. Damals.

Im vergangenen Jahr hat er die Gagfah verlassen. Es sei zu viel für ihn gewesen, sagt er. "Ich konnte die Leute nicht mehr mit erfundenen Argumenten vertrösten und sie anlügen." Die Gagfah-Mitarbeiter in den Stadtvierteln wurden für ihren Einsatz mit den Mietern in Konflikt-Management-Kursen und von einem Karate-Trainer in Selbstverteidigungskursen geschult, sagt Kecskes. Das war wohl nötig. "Uns blieb nichts anderes übrig, als die Instandhaltung gezielt herauszuzögern."

Mal sei es bestelltes Material gewesen, das auf sich warten ließ. Mal der Antrag, der nicht genehmigt wird. Mal die falsche Jahreszeit für Außenarbeiten. Mal sei die Kundenbetreuung nicht zuständig, mal der ausgegliederte Hausmeisterservice nicht. "Einer schiebt die Schuld auf den anderen, der Mieter kommt nicht weiter - und die Gagfah gibt kein Geld aus", sagt Kecskes.

Er hätte Druck von oben bekommen, gegen den Leerstand anzukämpfen, sagt er. "Wir konnten nicht mehr darauf achten, wen wir in die Wohnungen einziehen lassen." So seien vor allem sozial Schwache und Zuwanderer eingezogen. "Der Vorteil war, dass sich diese Menschen nicht über den Zustand ihrer Wohnungen beschwert haben", sagt er. "Dieses Unternehmen hat für mich nichts mehr mit vernünftiger Wohnungswirtschaft zu tun."

Kecskes hat die Seiten gewechselt und berät jetzt Mieter, die Probleme mit diesem Vermieter haben. Der wiederum fand den Seitenwechsel nicht so gut: Kecskes erhielt bundesweit Hausverbot. Auch juristisch setzte sich die Gesellschaft zur Wehr, als Kecskes im Namen von Mietern die Miete kürzte. Gagfah-Leute bezeichneten seinen Einsatz in Mieter-Sprechstunden als kriminell. Doch der Überläufer hat sich mit "Mieter helfen Mietern" zusammengetan - Kecskes ist jetzt der Kontaktmann in Steilshoop, Juristen des Vereins erledigen den Rest.

Die Gagfah sieht keine Probleme bei der Betreuung. "Unsere Mieter wohnen gerne in unseren Wohnungen, weil wir viel dafür tun, dass sie sich bei uns wohlfühlen", sagt die Sprecherin aus der Unternehmenskommunikation in Mülheim an der Ruhr. Wie viele Mitarbeiter für die Betreuung der Hamburger Mieter zuständig sind, will sie nicht mitteilen.

Ob die Gagfah wirklich vor dem Ruin steht, wie Kritiker behaupten, wird sich wohl 2013 zeigen. Dann muss das Unternehmen Kredite in Höhe von mehr als fünf Milliarden Euro entweder den Banken zurückzahlen oder durch neue Kredite ersetzen. Einige Ex-Führungskräfte glauben, dass die Gagfah sich frisches Geld mit deutlich höheren Zinsen erkaufen müsse. Gelingt das, muss noch mehr gespart werden. Gelingt es nicht, könnte es der Steuerzahler sein, der mit seinem Geld die maroden Gagfah-Viertel retten muss.

Martin Kersting, Sprecher des Stadtteilbeirates Steilshoop, hat mitbekommen, wie die Gagfah ihre Investitionspläne bekannt gab und wie sie die Politiker und Bürger immer wieder vertröstete - bis die Investitionspläne schließlich ganz fallen gelassen wurden. Sein Stadtteil sei immer ein sozialer Brennpunkt gewesen, sagt er, jedoch habe es durch gute Stadtentwicklungspolitik einen Erholungsprozess gegeben. Damit ist Schluss. "Jetzt herrschen wieder Verhältnisse wie 1980", sagt Kersting. Regelmäßig macht er Führungen durch sein Viertel. Ein Spiel für die Teilnehmer gehörte zu jedem Rundgang: Gagfah-Häuser raten. Doch das, sagt Kersting, mache heute keinen Spaß mehr. Die grauen Häuser sind zu einfach zu erkennen.