Dafür nimmt der Erste Bürgermeister in Kauf, die Zahl der Senatoren zu erhöhen. Kleinere Behörden sind besser “beherrschbar“.

Hamburg. Eigene Schwächen und Defizite einzuräumen zählt nicht zu den Stärken des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD). Doch in einem Punkt ist der Sozialdemokrat bekenntnisoffen. "Ich bin kein Beamter", sagt Scholz und meint damit, dass er kaum über Erfahrung in der Hamburger öffentlichen Verwaltung verfügt - abgesehen von seiner fünfmonatigen Zeit als Innensenator vor zehn Jahren.

So war es naheliegend, dass sich der Bürgermeister gewissermaßen als erste Amtshandlung den Bergedorfer Bezirksamtsleiter Christoph Krupp (SPD) als Chef der Senatskanzlei ins Rathaus holte. Krupp kennt die Behörden auf ihren unterschiedlichen Ebenen, weiß um Konkurrenzen, Unverträglichkeiten und Doppelstrukturen zwischen den Ämtern und Dienststellen.

Deswegen ist Krupps Rat bei der Bildung des neuen Senats gefragt. Denn Scholz geht es um mehr als die Besetzung der frei gewordenen Posten an der Spitze der Behörden. Der selbst formulierte Anspruch, die Stadt "gut regieren" zu wollen, schließt für ihn die Suche nach der geeigneten Behördenstruktur ausdrücklich ein. Offensichtlich plagt den Bürgermeister dabei die Vorstellung, dass die Verwaltung die Politik dominieren könnte.

Ein Parteifreund formuliert es drastisch: Ein Senator dürfe eben "nicht von seinem Apparat erschlagen werden". Als abschreckendes Beispiel zitiert der Bürgermeister gern den Fall des schleswig-holsteinischen Bildungsministers Ekkehard Klug (FDP). Der Liberale hatte sich Anfang des Jahres mächtigen Ärger seiner Parteifreunde und den Spott der Opposition eingehandelt, weil der Entwurf eines Erlasses aus Klugs Ministerium bekannt geworden war, der die christlich-liberale Schulpolitik konterkarierte. Für Scholz ist der Vorgang ein Beleg für eine Bürokratie, die sich verselbstständigt hat.

Der Bürgermeister will den Primat der Politik durchsetzen. Dabei hat Scholz bereits durchblicken lassen, dass er kleinere Behörden im Zweifel für besser "beherrschbar" hält als große Einheiten. In der Konsequenz bedeutet das, dass der nächste Senat mehr Mitglieder haben könnte als der CDU-GAL-Senat mit seinen zehn Mitgliedern, einschließlich Bürgermeister.

Als relativ gesichert gilt derzeit, dass Scholz die Mammutbehörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz zerschlagen will. Diskutiert wird über die Variante, die beiden letzten Bereiche herauszulösen und zu einer kleinen Einheit zusammenzufassen. Allerdings fehlt dieser Gesundheitsbehörde die herausragende politische Entscheidungskompetenz, vor allem weil die Hamburger Krankenhäuser bis auf das Uni-Klinikum Eppendorf (UKE) privatisiert sind. Das UKE fällt aber in die Zuständigkeit der Wissenschaftsbehörde.

Als Alternative könnte die Gesundheitsbehörde um den Umweltbereich erweitert oder mit der Wissenschaftsbehörde zusammengelegt werden. Scholz prüft nach Abendblatt-Informationen derzeit auch die Schaffung einer Familienbehörde. Sie könnte das für die SPD in den nächsten vier Jahren zentrale Thema Kita und den ausufernden Bereich der Hilfen zur Erziehung umfassen, möglicherweise ergänzt um den Aspekt der Integration.

Die zweite Rieseneinheit ist die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, der auch die Bereiche Bau und Verkehr zugeordnet sind. In SPD-Kreisen wird auch die Struktur dieser Behörde als abschreckendes Beispiel zitiert. Die frühere Senatorin Anja Hajduk (GAL) sei zum Beispiel von den unterschiedlichen Interessen des Bau- und Umweltbereichs erdrückt worden.

Gesichert ist mittlerweile, dass das Thema Verkehr in die Wirtschaftsbehörde wechselt und damit dem künftigen Senator Frank Horch (parteilos) unterstellt wird. Scholz könnte außerdem versucht sein, auch die Umweltbehörde herauszutrennen.

Für eine Kernbehörde Bauen und Stadtentwicklung spricht, dass Scholz das Wohnungsbauprogramm mit 6000 Einheiten jährlich zum zentralen Punkt seiner Politik machen will. Ein Bausenator soll sich, möglichst mit wirtschaftspolitischer Kompetenz ausgestattet, vordringlich um die Bereitstellung der nötigen Flächen kümmern.

Die Wirtschaftsbehörde droht mit den Bereichen Arbeit, Verkehr und eventuell Medien zu einer Superbehörde zu werden. Viel spricht deswegen dafür, dass das Thema Arbeit ausgegliedert wird. Eine Überlegung sieht die Schaffung einer Behörde vor, die die berufliche Bildung mit der Arbeitsmarktpolitik zusammenführt. Für Scholz ist das Wahlversprechen, jedem Schüler einen Abschluss und jedem Schulabsolventen einen Ausbildungsplatz zu ermöglichen, extrem wichtig. Die Umsetzung dieses Versprechens wäre dann die zentrale Aufgabe der Behörde.