Viele wollten einen herkömmlichen Personalausweis beantragen, bevor der neue eingeführt wird. Es gab Technikprobleme.

Hamburg. In den Kundenzentren der sieben Bezirksämter herrschte gestern Chaos. Hunderte Hamburger wollten einen herkömmlichen Personalausweis beantragen, bevor am kommenden Montag der neue Ausweis im Scheckkartenformat eingeführt wird. Neben dem Ansturm auf die alten Personalausweise streikte zudem die Technik in allen Kundenzentren der Stadt. Die Folge: Der Betrieb war zwischenzeitlich lahmgelegt und die Bürger ärgerlich über die langen Wartezeiten.

Geärgert hat sich auch Ellen Meier aus Borgfelde. Sie hat den Zusammenbruch der Elektronik im Kundenzentrum des Bezirksamts Mitte minutengenau miterlebt. "Ich hatte die Nummer 156 gezogen, um einen alten Ausweis zu beantragen. Doch bei der Nummer 154 ging plötzlich gar nichts mehr, und das Kundenzentrum wurde gegen 14.15 Uhr komplett geschlossen", sagt sie. Die Nummer 156 hatte sie schon um 11.30 Uhr gezogen. Zu der Zeit sei bereits klar gewesen, dass alle lange warten müssten. "Ein Mitarbeiter sagte mir, ich könne erst mal einkaufen gehen." Bezirksamtschef Markus Schreiber sagte, dass das Kundenzentrum heute oder morgen wieder geöffnet werde.

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Lange Warteschlangen gab es auch im Kundenzentrum Lokstedt im Bezirk Eimsbüttel. "Wir geben bis 18 Uhr Nummern aus und arbeiten dann alles ab", sagte der Leiter Horst Sachse-Weber gestern Nachmittag. "Wir können die Kollegen an den Schaltern allerdings nicht bis in die Nacht beschäftigen, da sie bereits seit heute Morgen arbeiten." Schon am späten Nachmittag waren mehr als 200 Nummern ausgegeben worden. Sachse-Weber: "Die Wartenden standen bis auf die Straße."

Probleme mit den Computern gab es das erste Mal bereits am Dienstagmorgen. "Von 8.10 bis 9.45 Uhr gab es eine erste, von 13.03 bis 14 Uhr eine zweite Störung in der Systemumgebung", bestätigt Britta Heinrich, Sprecherin des IT-Dienstleisters Dataport, dem Abendblatt. "Das hat zu Ausfällen bei Druck- und Scan-Funktionen geführt." Die Sachbearbeiter konnten Drucker und Scanner nicht nutzen und somit auch keine Anträge für Personalausweise bearbeiten. Heinrich: "In der Nacht zum Mittwoch spielen wir ein Programm auf alle Rechner, um den Fehler zu beheben." Ob der Versionswechsel der Software für die neuen Personalausweise die technischen Probleme ausgelöst hat, sei noch nicht geklärt.

Fest steht dagegen: Es ist nicht das erste Mal, dass Dataport - ein Dienstleister für die Informations- und Kundentechnik der öffentlichen Verwaltung der Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen und Niedersachsen - für Schlagzeilen sorgt. Zuletzt berichtete das Abendblatt im August dieses Jahres über eine Computerpanne bei Dataport, die in Hamburg zeitweise mehr als 2300 Behördencomputer lahmgelegt hatte. Im November 2007 wurden gravierende Sicherheitslücken im behördeninternen Computernetz der Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein bekannt. Damals stellte sich heraus, dass es möglich war, von den etwa 33.000 Computerarbeitsplätzen auf andere Rechner der Verwaltung zuzugreifen.

"Die bei Dataport können fast nichts und haben keinen Ehrgeiz, richtig gut zu sein", kritisiert Bezirkschef Markus Schreiber. "Ich nenne die nur VEB Dataport, weil es wie in der DDR ist. Wir werden gezwungen, Dataport zu beschäftigen. Besser wäre, das Unternehmen hätte Konkurrenz." Nach Schreibers Feststellung hat die Umstellung des Dataport-Systems auf den neuen Personalausweis die Probleme noch verschärft.

Petra Schulz, Bezirkssprecherin in Harburg, kann das nicht bestätigen. "In Einzelfällen gibt es kleine Haken in der EDV und kleine Problemfälle in der Anwendung", sagt sie, "aber bei der Einführung einer neuen Software ist das normal." Zudem werde mit Hochdruck an der Behebung der Probleme gearbeitet. Frank Schwippert, Wandsbeks Vizebezirkschef, sieht das ähnlich: "Es ist utopisch zu denken, dass ab dem ersten Tag alles reibungslos läuft." Für die Bürger, die noch schnell einen alten Personalausweis beantragen wollen und aufgrund des Ansturms ohnehin mit längeren Wartezeiten rechnen müssen, ist das vermutlich wenig tröstlich. Der Grund für die große Nachfrage nach dem alten Ausweis ist ebenfalls nachvollziehbar. Die einen befürchten, dass ihre auf dem neuen Ausweis gespeicherten Daten nicht sicher sein könnten, und die anderen wollen Geld sparen. Immerhin kostet der neue Ausweis mit einem Preis von 28,80 Euro rund 20 Euro mehr als früher.