Die 20-jährige Afrikanerin betreute Kinder in einer Kita, am Nachmittag half die Christin in einer Moschee Schülern bei den Hausaufgaben.

Hamburg. Es ist eigentlich ein normaler Montag für Kate Amayo , er beginnt mit leeren Milchtüten. Die sind praktisch, man kann ein Loch reinschneiden und ein Teelicht hineinstellen, schon hat man eine Laterne, wenn die Tage wieder richtig dunkel werden. Darauf freuen sich die Kinder, die im Kreis sitzen, ihre Finger in Farbe tunken und die Pappe bemalen. Wann der Laternenumzug denn sei, fragt sie. Im November, antwortet eine Betreuerin.

"Ach, schade, da bin ich ja gar nicht mehr da", sagt die Ghanaerin nur. Sie berührt ein Mädchen am Arm, das etwas zu forsch rumpanscht mit der Fingerfarbe. "Hey, das ist nicht richtig, was du machst. Sonst musst du auf die Couch." Mit einigen Kindern müsse man auch mal streng sein, sagt sie. Und die kleinen Jungs und Mädchen strahlen diese dunkelhäutige Frau an, die einmal Kinderärztin werden will.

+++ Kommentar: Erschreckende Sturheit +++

Seit sie im Juni ihr Abitur mit der Gesamtnote 1,8 bestand, arbeitet Kate Amayo zweimal in der Woche ehrenamtlich in der Kita der Arbeiterwohlfahrt in Allermöhe. Sie tanzt, singt und bastelt. Leiterin Birgit Maron hat noch bis gestern gedacht, ihre geschätzte Mitarbeiterin würde am Freitag nur deshalb gehen, weil sie ihr Studium in Halle beginnen will. Sie wusste nicht, dass am Donnerstag die Härtefall-Kommission über ihre Abschiebung entscheidet. "Mensch, das musst du uns doch sagen", sagt die resolute Kita-Leiterin. Kate sei eine, die gerne gebe. "Bei ihr steht das Ego nicht im Vordergrund."

Noch am selben Tag fordert auch der Landesvorstand der Arbeiterwohlfahrt, die 20-Jährige nicht abzuschieben. Kate Amayo sei ein "Vorbild für bürgerschaftliches Engagement". Solche Vorbilder brauche die Stadt dringend - für die vielen Migranten, die sich so integrieren wollen, wie es von ihnen gefordert werde.

Als ihr Dienst in der Kita vorbei ist, bleibt erst mal nicht viel Zeit für Kate Amayo, ihr nächster Termin ist ja schon nachmittags. Aber genug, um trotz allem auch mal an ihre Frisur zu denken.

Als sie in der Bahn sitzt, zur einstündigen Fahrt zu ihrem Zuhause in Rahlstedt, liest ein Mann gegenüber Abendblatt. Den Artikel mit ihrem großen Foto drüber. Der Mann sieht sie an, schaut wieder aufs Foto, ist irritiert. Kate blickt zu Seite und muss ein bisschen grinsen. Gut, dass sie sich ihre Zöpfe hat glätten lassen, denkt sie. Gestern wurde sie auf der Straße kaum erkannt, und das will sie auch nicht.

Das seien schließlich auch andere Dinge, an die sie denken müsse, sagt Kate Amayo. Jemand muss am Freitag ihren Schlüssel für die Wohngemeinschaft in Halle abholen. Dort will sie ja während ihres Studiums leben, eher deutsch, wie sie sagt, wo die Mädchen Zeit zum Lernen haben und nicht immer putzen sollen.

Die Sultan-Ahmed-Moschee in Istanbul ist ein sakrales Meisterwerk. In Billstedt ist die gleichnamige Moschee ein schmuckloser Backsteinbau, bei dem das Innere zählt. Man muss sich die Schuhe ausziehen, und Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) dürfte sich sehr dafür interessieren, was dort im Keller geschieht. Dort sitzen Schulkinder und lassen sich bei ihren Hausaufaufgaben helfen. Unterstützt von der Freiwilligen Börse und dem Senatsprojekt "Nachbarschaft verbindet". Auch Kata Amayo, die evangelische Christin, kommt hierher. Und Iris Witzke, Sekretärin im Ruhestand, die helfen will.

Aber jetzt weint sie. "Wir brauchen Kate", sagt sie. Wer außen stehe, habe keine Ahnung, wie schwer es sei für Kinder aus vielen ausländischen Familien, gut in der Schule zu werden. Dass ist eigentlich auch Kate Amayos Geschichte, die nächtelang für ihr Abi paukte. Aber nun tröstet sie Frau Witzke, holt ein Taschentuch. Die Schüler schlagen auf die Tische und rufen: "Kate! Kate!" Das ist dann doch etwas viel. "Ich hau mal ab", sagt sie. Draußen, vor der Moschee, verschwindet sie auf der Treppe zur U-Bahn. Zu einer Fahrt in Gedanken, die nur sie kennt.