Hamburg prüft alle 400 Schulen nach erneutem Zufallsfund auf das Krebsgift. Behörde warnt Hausmeister davor, Wände und Böden anzutasten.

Hamburg. Es ist völlig unstrittig, dass an vielen Hamburger Schulen noch Asbest zu finden ist. Das sagte ein Asbestfachmann, dessen Büro auch die Asbestfunde an Hamburger Turnhallen im vergangenen Jahr begutachtet hatte. "Wir verstehen nicht, warum die Schulen seitdem nicht systematisch untersucht worden sind."

Wie damals waren auch die aktuellen Asbestfunde eigentlich nur Zufall. Bei Kabelarbeiten im Rahmen der Initiative "Schulen ans Netz" kamen sie ans Licht. Es wurden unter anderem Wände und Fußböden angebohrt, die mit asbesthaltigem Putz beziehungsweise Kleber verarbeitet waren.

+++ Wie Asbest die Lunge schädigen kann +++

Danach sind - so die Schulbehörde - an allen 21 Schulen, bei denen in den Sommerferien solche Arbeiten stattgefunden haben, Sachverständige eingeschaltet worden. Diese prüften, ob möglicherweise asbesthaltiges Material angebohrt worden war. An sechs Schulen war dies der Fall. Wie Messungen ergaben, habe es in "fünf Fällen keine Belastung" der Raumluft gegeben. An einer Schule war der Grenzwert für den Moment direkt nach den Asbestarbeiten überschritten, dies betreffe aber nicht die Dauernutzung des Raumes. Wie die Sprecherin der Schulbehörde, Brigitte Köhnlein, mitteilte, konnte auch dieser Raum nach einer Reinigung wieder für den Unterricht freigegeben werden.

Nach Einschätzung der von der Behörde eingeschalteten Sachverständigen sei die Raumluft durch die kurzfristige Freisetzung von Asbestfasern durch Bohrungen nicht nachhaltig beeinträchtigt.

Anders als bei den Schulsporthallen im vergangenen Jahr geht es diesmal um fest gebundenen Asbest. "Solange man die Wand in Ruhe lässt, passiert gar nichts. Erst wenn man zum Beispiel einen Nagel in die Wand schlägt oder bohrt, kann Asbest freigesetzt werden", so der Experte zum Abendblatt. Wie hoch die Belastung dann sei, hänge davon ab, wie hoch der Anteil des krebserregenden Stoffes im Bauteil insgesamt ist. Deshalb sei eine Überprüfung "dringend erforderlich". Eine akute oder sogar erhöhte Gesundheitsgefährdung sieht der Experte zurzeit aber nicht.

Darauf hat auch die Schulbehörde ausdrücklich hingewiesen. Dennoch sollen alle 400 Hamburger Schulen in einem Schreiben noch einmal über den Umgang mit Asbest informiert werden. Die Schulbau Hamburg (SBH) hat nach eigenen Aussagen bereits an alle Hausmeister ein Papier mit einem Verhaltenskodex geschickt, das dem Abendblatt vorliegt. Danach "gilt für den täglichen Umgang und die Instandhaltung" der Gebäude: "Die Freisetzung von Asbestfasern ist verboten." Ab sofort darf kein Hausmeister mehr "nageln, bohren, fräsen, schleifen an Innenwänden beziehungsweise an oder durch Fußbodenbeläge", bevor die Wände oder Böden nicht auf Asbest untersucht und freigegeben worden sind. Die Messungen an den Schulsporthallen im vergangenen Jahr kosteten pro Halle etwa 1000 Euro. Bis Mitte Februar haben allein die Gutachten den Senat rund 430 000 Euro gekostet. Die Sanierungen schlugen noch einmal mit 530 000 Euro zu Buche.

Laut SBH-Geschäftsführer Klaus Teichert sollen nun an allen 400 Schulen systematisch Kratzproben am Putz vorgenommen werden. Wird eine Asbestbelastung festgestellt, würden weitere Maßnahmen ergriffen, heißt es von den Verantwortlichen. Laut Schulbehörde sei es im Schulbau "seit jeher Standard, vor Bauvorhaben, die nachhaltig in die Substanz eingreifen, Gutachter mit einer Sondierung zu beauftragen". So soll verhindert werden, dass bei Bauarbeiten versehentlich Schadstoffe wie Asbest freigesetzt werden.

Unter dem Begriff Asbest sind verschiedene Silikat-Mineralien zusammengefasst, die aus feinen Fasern bestehen. Sie können tief in die Lunge gelangen, können diese nachhaltig schädigen und sogar Krebs auslösen.