Aus für renommierte Arbeitsgruppe. Ursula Caberta soll sich allein um die Sekte kümmern, der Verfassungsschutz Aussteiger betreuen.

Neustadt. 17 Jahre lang gab es die Arbeitsgruppe Scientology (AGS) in Hamburg , nun wird diese bundesweite einzigartige Sektenberatungsstelle aufgelöst. Die Sparzwänge des Senats machten diesen Schritt notwendig, heißt es in der Innenbehörde. Ursula Caberta, umtriebige Leiterin der AGS, soll ab dem 1. September in der Innenbehörde ihren Dienst verrichten. Zu den Umständen der Auflösung ihrer Dienststelle will - oder kann - Caberta sich nicht äußern. Sie hatte in den zurückliegenden Jahren immer wieder gegen Stellenstreichungen und Hemmnisse gekämpft und auf die nicht nachlassende Gefährlichkeit von Scientology und anderen sektenähnlichen Organisationen hingewiesen. "Was Scientology nicht geschafft hat - Ursula Caberta kleinzukriegen -, das macht nun der Senat", sagt SPD-Sicherheitsexperte Andreas Dressel.

In den deutschen Scientology-Niederlassungen wie auch in der Sea Org, der weltweiten Schaltzentrale der oft als Psychosekte beschriebenen Organisation in den USA, gilt die Hamburger Innenbehördenmitarbeiterin als persona non grata - weil sie unermüdlich Aussteigern half, Prozesse durchboxte und öffentlich vor gefährlichen Machenschaften der einst durchaus finanzstarken angeblichen Kirche warnte. Bereits zum 1. September soll Caberta ihre bisherigen Räume in der Alten Feuerwache am Schaartor verlassen und als Ministerialreferentin in die Innenbehörde am Johanniswall ziehen.

Was mit dem umfangreichen Archiv geschehen soll, in dem unzählige hoch sensible Dokumente lagern, ist in der Innenbehörde offenbar noch unbekannt. "Der Mietvertrag für die Räume der AGS läuft noch bis zum Ende des Jahres", sagt Frank Reschreiter, Sprecher der Innenbehörde. Er betont: "Die Arbeitsgruppe wird nicht aufgelöst, sondern umstrukturiert."

Caberta werde sich in ihrer Funktion als Ministerialreferentin weiter um Scientology kümmern und ihre "bewährte Öffentlichkeitsarbeit" weiterführen können. Ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes sei zukünftig Ansprechpartner für Ausstiegswillige. Diese Aufgabe werde Caberta nicht mehr wahrnehmen. Bei Rechtsradikalen und Islamisten, die der Szene abschwören wollen, sei schon bisher der Verfassungsschutz Ansprechpartner. Direkte Mitarbeiter wird Ursula Caberta anders als bisher nicht mehr haben. Die bisherigen AGS-Kräfte werden laut Reschreiter anderweitig in der Behörde eingesetzt. Allerdings: Von den ursprünglich vier AGS-Stellen waren zuletzt ohnehin nur noch eineinhalb besetzt gewesen. 140 000 Euro spart die Behörde laut internen Berechnungen jährlich durch die Auflösung. Im November vergangenen Jahres hatte der Senat der Innenbehörde eben jene Sparvorgabe gemacht. Zunächst hatte die Innenbehörde offenbar Versuche unternommen, den Bund oder die Länder zu einer gemeinsamen Finanzierung der in Hamburg ansässigen, aber bundesweit tätigen AGS zu bewegen. Reschreiter: "Leider haben unsere Versuche, andere Bundesländer mit ins Boot zu holen, nicht gefruchtet."

Andreas Dressel, Innenexperte der SPD, kritisiert Noch-Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) scharf: "Das ist ein verheerendes Signal: Ahlhaus entscheidet, Scientology jubelt", so Dressel. Ahlhaus' Politik sei widersinnig, sagte Dressel: "Einerseits fordert er das Verbot von Scientology, andererseits schließt er die bundesweit renommierteste und erfolgreichste Anti-Scientology-Stelle." Noch am 6. August hatte der Senat auf eine Kleine Anfrage der SPD erklärt, an der Gefährdung durch die Scientology-Organisation habe sich nichts geändert.

Im April hatte Ahlhaus anlässlich eines Ermittlungsverfahrens ein bundesweites Scientology-Verbot gefordert. Seine damalige Begründung: "Wir vertreten seit Jahren die Auffassung, dass Scientology unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung missachtet. Ich argumentiere schon seit langer Zeit, dass diese menschenverachtende Organisation gegen das Vereinsgesetz verstößt, und verfolge mit Genugtuung, dass wir jetzt landesweit Unterstützung bekommen." Nicht ohne Grund werde Scientology seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet.

Der Berliner evangelische Sektenbeauftragte Thomas Gandow begrüßte, dass die Opferberatung in Sachen Scientology in Hamburg überhaupt weitergeführt wird. Gandow: "Allein mir fehlt der Glaube, dass das etwas wird."