Verbände wehren sich gegen den Generalverdacht gegenüber ihren Ehrenamtlichen. Betreuer müssten für das Thema sensibilisiert werden.

Hamburg. Verbände, Kirchen und Vereine haben skeptisch bis ablehnend auf den Vorschlag von Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) reagiert, auch von ehrenamtlichen Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit künftig ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis zu verlangen. Mit diesem Konzept soll sexueller Gewalt gegen Kinder vorgebeugt werden. Der Hamburger Sportbund und die Hamburger Sportjugend, lehnten den Vorstoß ab: "Mit dieser Forderung stellen wir alle rund 10.000 Trainer und Betreuer in Hamburger Sportvereinen unter einen Generalverdacht", so Präsident Günter Ploß, der Vereinen stattdessen empfiehlt, ein "täterfeindliches Umfeld" zu schaffen, um Kinder zu schützen. Betreuer müssten sensibilisiert werden für das Thema. "Mit einem polizeilichen Führungszeugnis schauen wir nur in die Vergangenheit. Der Schutz der Kinder muss sich aber vor allem in die Zukunft richten", sagte Stefan Karrasch, Vorsitzender der Hamburger Sportjugend.

Auch die Kirchen bezweifeln den Nutzen. "Unsere Ehrenamtlichen sind sehr jung. Führungszeugnisse wären nicht sehr aussagekräftig, weil das Jugendstrafrecht nicht berücksichtigt wird", sagt Jochen Proske vom Bund der Katholischen Jugend. Der Sprecher des Erzbistums Hamburg, Manfred Nielen, betont, man setze zur Prävention vor allem auf eine sorgfältige Auswahl sowie eine Selbstauskunft.

Aus der Nordelbischen Kirche heißt es zudem, die Missbrauchsfälle der letzten Zeit seien von hauptamtlichen Mitarbeitern begangen worden, nicht von ehrenamtlichen. "Die Idee, die so neu nicht ist, trifft also nur einen Nebenaspekt des Problems", sagt ein Sprecher. Auch in den Gemeinden wird der Vorstoß kontrovers diskutiert. Die Befürchtung: Das ohnehin oft spärliche ehrenamtliche Engagement könnte zusätzlich behindert werden. "Ich glaube, dass Aufwand und Kosten eher abschrecken", sagt Tina Urban, die Kindergottesdienste veranstaltet. Wichtig sei, dass die Institutionen sich mit dem Thema auseinandersetzen, meint Cordula Stucke vom Kinderschutzzentrum. "Das Führungszeugnis ist nicht das Wesentliche."

Auf Zustimmung trifft Wersichs Vorstoß hingegen bei "wellcome Hamburg", die Familien in der ersten Phase nach der Geburt begleiten. "Unsere Erfahrung ist, dass die Ehrenamtlichen das als Wertschätzung empfinden, sie sehen darin die Ernsthaftigkeit in Sachen Kinderschutz", sagt Landeskoordinatorin Gesa Bahr. "Für uns ist das ein Baustein in der Fürsorgepflicht, die wir gegenüber Kindern haben".