Krankenkassen und Autofahrer fordern nach dem frostigen Winter von der Stadt Schadenersatz für Glatteisunfälle und Schlaglochschäden.

Hamburg. Der extrem frostige Winter hat für die Stadt Hamburg, die Streudienste und Grundeigentümer ein Nachspiel, das teuer werden könnte: Krankenkassen haben bislang in mehr als 210 Fällen Regressansprüche, die aus Glatteisunfällen ihrer Versicherten auf Gehwegen und Fahrbahnen resultieren, gegenüber den sieben Hamburger Bezirken und der Stadtreinigung Hamburg geltend gemacht. Die Höhe der Forderungen steht zwar noch nicht fest, dürfte aber im einstelligen Millionenbereich liegen.

+++ Auf diesen 20 Straßen werden jetzt Schlaglöcher beseitigt +++

Auch der katastrophale Zustand zahlreicher Straßen könnte die Stadt noch teuer zu stehen kommen: 58 Autofahrer haben Schadenersatzansprüche gegen die sieben Bezirke gestellt, weil ihre Autos angeblich aufgrund der Schlaglöcher beschädigt wurden. Bislang sind Forderungen von mehr als 30.000 Euro bekannt, allerdings sind in zahlreichen Fällen die Höhe der Schäden noch nicht beziffert worden. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen hervor.

Der lange Winter hat zahlreiche Hamburger Straßen in Mitleidenschaft gezogen. Die Bürgerschaft hat deshalb vor Kurzem beschlossen, dass ein Zehn-Millionen-Euro-Sofortprogramm für die Beseitigung der Winterschäden aufgelegt wird. Außerdem wurden zusätzlich fünf weitere Millionen Euro für die Straßensanierung bewilligt. Zusätzlich beschlossen die Abgeordneten am Donnerstag einstimmig, künftig jedes Jahr mehr Geld in die Sanierung der Straßen zu stecken. Insgesamt sollen die Mittel von 2011 an von bisher rund zehn auf rund 25 Millionen Euro erhöht werden.

Für SPD-Verkehrsexpertin Martina Koeppen steht fest: "Die mehr als 200 Regressforderungen der Krankenkassen spiegeln das mangelnde Krisenmanagement des CDU/GAL-Senats bei der Schnee- und Eisbeseitigung wider." Auch die fast 60 erhobenen Schadenersatzansprüche von Autofahrern seien nur die Spitze des Eisberges. Aufgrund der Schlaglochsituation auf Hamburger Straßen werde sich diese Zahl sicher noch erhöhen, sagt Koeppen. "Daran werden auch die zusätzlich bereitgestellten Mittel nichts ändern, denn der Senat hat kein grundlegendes Konzept zur Straßensanierung", sagt Koeppen. CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse entgegnet: "Ich habe Verständnis für den Ärger vieler Autofahrer. Trotzdem ist es schwierig zu beweisen, dass Schäden an den Pkw auch tatsächlich durch Schlaglöcher entstanden sind und das Verschulden bei der Stadt liegt." Der Bezirk Mitte sieht sich gleich mit 23 Schadenersatzansprüchen von Autofahrern konfrontiert.

Allerdings sagt Sprecher Lars Schmidt: "Wir haben für Regressansprüche im Jahr nur 2000 Euro zur Verfügung. Deshalb werden wir nach Prüfung der Fälle berechtigte Ansprüche von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) nachfordern." Bei der BSU heißt es auf Anfrage: "Wenn die Schadenersatzansprüche berechtigt sind, dann werden wir diese selbstverständlich auch begleichen", sagt Behördensprecher Björn Marzahn.

Auch bei den 47 Regressforderungen der Krankenkassen sieht der Bezirk Mitte sich nicht in der Verantwortung: "Wir kommen in keinem Fall für Behandlungskosten auf, die durch Glatteisunfälle auf Gehwegen in unserem Bezirk entstanden sind. Unser Rechtsamt prüft lediglich, an wen wir die Ansprüche weiterleiten." Das seien zum einen die Streudienste, die der Bezirk mit der Räumung der Fußwege beauftragt habe. "Diese Unternehmen haben sich vertraglich verpflichtet, dass sie für etwaige Regressansprüche Dritter aufkommen. In zahlreichen Fällen sind die Grundeigentümer für die Räumung der Wege verantwortlich und müssen somit auch berechtigte Regressansprüche begleichen", sagt Schmidt.

Die Stadtreinigung Hamburg, bei der bislang rund 80 Regressforderungen von Krankenkassen vorliegen, sieht das ähnlich: "Nur sechs Prozent dieser 80 Fälle sind überhaupt auf Fahrbahnen passiert, für die die Stadtreinigung verantwortlich ist. Diese Ansprüche prüfen wir jetzt. Ansonsten verweisen wir auf andere Verantwortliche. Das sind meist die Grundeigentümer", sagt Reinhard Fiedler, Sprecher der Stadtreinigung. Und dann schickt Fiedler noch eine Anmerkung hinterher: "Die Leute sind auch häufig selber schuld, weil sie trotz extremer Glätte nicht genügend aufpassen und dann stürzen. Das sehen auch viele Gerichte so."