Zwei Tage ist er noch im Amt, doch die verbringt er auf einer Immobilienmesse in Cannes, um für die Hansestadt zu werben.

Hamburg. Seine Freunde und politischen Anhänger würden wohl sagen, sogar der Himmel habe geweint. Aus Sicht neutraler Zeitgenossen hat es schlicht geregnet und geschneit, als sich Michael Freytag gestern als Finanzsenator aus Hamburg verabschiedete. "Trotz des widrigen Wetters: Das ist ein guter Tag für Hamburg", verkündet er bei der Grundsteinlegung für das Kreuzfahrtterminal II in Altona mit dem ihm eigenen demonstrativen Optimismus.

Der hatte, so paradox es klingt, auch dazu beigetragen, dass der einst zweitmächtigste Politiker der Hansestadt nun der Politik den Rücken kehrt. Ob es seine allzu positive Darstellung der schon bis zum Hals im Wasser stehenden HSH Nordbank ("im Kern gesund") war, die Inszenierung als Konsolidierer mit ausgeglichenem Haushalt, der dann im Zuge der Finanzkrise der jähe Absturz zum Rekordhalter in Sachen Neuverschuldung folgte, seine Hilflosigkeit als Landesvorsitzender der CDU, der vor allem infolge der umstrittenen schwarz-grünen Schulreform die Anhänger davonlaufen - all das hatte Michael Freytag zum meistkritisierten Senator gemacht.

Und das hatte ihn letztlich zermürbt. "Ich bin durchs Feuer gegangen, ein Leben im permanenten Ausnahmezustand", hatte er auf dem CDU-Parteitag Einblicke in sein Seelenleben gewährt - und die Brocken hingeschmissen. Den CDU-Vorsitz hatte noch am Abend des 1. März Fraktionschef Frank Schira übernommen, Finanzsenator wird Wirtschaftsstaatsrat Carsten Frigge (CDU). Nach seiner Ankündigung, "in die Wirtschaft" zu gehen, verriet Freytag auch gestern noch nicht, was er künftig beruflich macht. Und die Seelenlage? "Mir geht es gut." Zwei Tage ist er noch im Amt, doch die verbringt er nicht in Hamburg, sondern auf einer Immobilienmesse im frühlingshaften Cannes.

Dort wird er das tun, was er auch gestern getan hat: für Hamburg werben. "Die Kreuzfahrt ist gut für die Wirtschaft, gut für die Arbeitsplätze und gut für die Steuereinnahmen der Stadt", sagte Freytag und bekannte offen, wie sehr es ihn freue, diesen Termin noch "zelebrieren" zu dürfen. Im weißen Partyzelt an der Elbe machte das Gerücht die Runde, der Termin sei eigens auf seinen letzten Arbeitstag in Hamburg vorverlegt worden - was jedoch niemand offiziell bestätigte. Sicher ist, dass der 51-Jährige privat und politisch als großer Kreuzfahrt-Fan gilt und schon als Senator für Stadtentwicklung den Bau der Kreuzfahrtterminals I (HafenCity) und II (Altona) forciert hatte.

Auch daher kommen mittlerweile 200 000 Passagiere pro Jahr in die Hansestadt - mit vielen positiven Folgen für Treibstofflieferanten, Catering- und Sicherheitsunternehmen sowie die stetig wachsende Entertainmentbranche. Mit der aus Sicht vieler Hamburger unerfreulichen Tatsache, dass die Beach-Klubs an der Elbe für das neue Kreuzfahrtterminal weichen mussten, wurde Freytag an seinem Abschiedstag nicht behelligt.

Auch Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) verwies lieber auf die zusätzlichen "Umsätze für die Hamburger Wirtschaft im zweistelligen Millionenbereich" und auf die Experten-Prognose: "Ihr müsstet schon sehr viel falsch machen, um nicht bald die Grenze von 300 000 Passagieren zu erreichen." Wasser auf die Mühlen des Finanzsenators, über dessen Begeisterung für schwimmende Hotels Gedaschko nach eigenem Bekunden früher dachte: "Was hat den denn geritten?" Die Bedenken sind verflogen.

HHLA-Vorstand Stefan Behn ernannte Michael Freytag gar zum "ersten Ehrenmitglied" des Vereins Hamburg Cruise Center. "Was Sie für Vorteile davon haben, müssen wir noch sehen." Freytag blickte erwartungsvoll auf die große schwarze Mappe mit der Ehrung: "Kein Ticket?" Nein, kein Ticket, aber ein Hinweis auf ein Leben ohne politisches Amt. Vielleicht wird es ja seine Kreuzfahrt ins Glück.