Acht Tage ermittelten Mediziner und Lebensmittelanalytiker des Hygiene-Instituts Hamburg. Der aktuelle Befund sei ein großer Erfolg

Hamburg. Als Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) und Anselm Lehmacher vom Institut für Hygiene und Umwelt vor die Mikrofone und Kameras trat, waren die Informationen noch so frisch, dass die zehn Minuten zuvor verteilte Pressemitteilung schon wieder veraltet war. Trotz der weiter andauernden Untersuchung zur Herkunft des EHEC-Erregers und der ständig neuen Ergebnisse konnte Prüfer-Storcks endlich einen "echten Durchbruch" verkünden. "Es ist uns gestern und heute gelungen, vier positive Proben in Salatgurken nachzuweisen, drei davon stammen aus Spanien, die vierte ist unbekannter Herkunft", sagte Lehmacher.

Seit einer Woche hatten er und seine Kollegen am Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt fieberhaft nach der Quelle des Erregers gefahndet. Die Zeit drängte jeden Tag mehr, denn allein in Hamburg gibt es 300 Verdachtsfälle einer EHEC-Erkrankung. Bei 66 Personen hat sich das lebensbedrohliche Hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) entwickelt.

Angesichts der täglich steigenden Krankenzahlen musste die Fahndung nach dem Erreger schnell gehen - und glich dabei einer kriminalistischen Spurensuche. Als die Gesundheitsbehörden in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen am Freitag erstmalig vor dem Auftreten schwerer bakterieller Erkrankungen warnten, waren etliche der 350 Mitarbeiter des Instituts schon mit den Ermittlungen zum Erreger betraut. "Am Mittwoch erreichte uns die erste Stuhlprobe eines Verdachtsfalls - weitergegeben von einem Arzt - zur weiteren Untersuchung. Donnerstag bekamen wir weitere zu spezifizierende EHEC-Stämme aus anderen Laboren", sagt Institutssprecherin Sinje Köpke. Am Freitag hatte auch die medizinische Institutssparte in Rothenburgsort Gewissheit.

Die EHEC-Welle kam ins Rollen. Zunächst analysierten die Mediziner die Stuhlproben der Infizierten, was jeweils 24 bis 48 Stunden dauerte. Dabei musste der lebensbedrohliche EHEC-Bakterienstamm lokalisiert werden, was sich bei mehr als 100 infrage kommenden sogenannten Serogruppen als herausfordernde Suche darstellte. Zahlreiche EHEC-Einzelkolonien wurden bebrütet, in ein- bis zweitägiger Arbeit gewonnen und genauestens unter die Lupe genommen. Schließlich konnten die Mikrobiologen am Dienstag den aggressiven Typ O 104 zweifelsfrei den Bakterienstämmen von 47 Patienten zuordnen. Bis dato erreichten das Institut 50 bis 70 neue Proben täglich, deren Untersuchung teilweise anhält.

Blieb die offene Frage nach den bakterienbehafteten Nahrungsmitteln. Deshalb waren seit Donnerstag auch die Lebensmittelanalytiker des Instituts bei der Suche involviert. Während am Anfang auch Fleisch und Milch, die üblicherweise für eine EHEC-Infektion verantwortlich sind, untersucht worden waren, schränkte sich die Suche nach dem kritischen Nahrungsmittel mehr und mehr ein. Am Freitag gab es die erste interdisziplinäre Konferenz, Sonntag eine große Lagebesprechung zum weiteren Vorgehen.

Aus Befragungen der Patienten mit Verdacht auf EHEC und ihrer Angehörigen schlussfolgerten die Analytiker erst auf Rohkost, später nur noch auf Tomaten, Salat und Gurken. Ohne die Herkunft genauer benennen zu können. "Wir haben Proben aus Supermärkten, von Gemüsehändlern und dem Großmarkt gezogen", sagt Sinje Köpke. Bis zu 80 Kontrollladungen erreichten das Institut am Tag. Gestern dann die Gewissheit: Drei der Gurken mit EHEC-Bakterien stammen von den spanischen Betrieben "Pepino Bio Frunet" in Malága und "Hort o Fruticola" in Almería. Die Ergebnisse seien ein großer Erfolg, sagte Cornelia Prüfer-Storcks. Allerdings müsse nun noch abgeglichen werden, ob es sich bei den EHEC-Erregern auf den Gurken tatsächlich auch um den Typus O 104 handele. "Es gibt auch noch die offene Frage, ob die EHEC-Bakterien an der Schale oder im Innern der Gurke zu finden waren. Das ließ sich anhand unserer Untersuchungsmethodik noch nicht feststellen", sagt Institutssprecherin Sinje Köpke. Die Gurken-Proben seien vor der Analyse zerkleinert worden, insofern ließe sich kaum nachvollziehen, wo genau die Erreger sich befanden.

Obwohl das Institut seit Tagen auf Hochdruck arbeitet und auch das Wochenende bei der Arbeit nicht ausgespart wurde, können sich die Wissenschaftler noch nicht zurücklehnen. Zu viele Fragen sind noch offen. Die wichtigsten waren gestern Abend jene nach der Herkunft der vierten Gurke und inwieweit Tomaten und Salate doch noch betroffen sein könnten. "Informationen zur Herkunft und weitere Details werden jetzt zusammengestellt", sagte Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks auf der Pressekonferenz. "Diese Ergebnisse sind ein großer Erfolg unserer umfangreichen Suche und werden die weiteren Ermittlungen hoffentlich einen großen Schritt voranbringen."