Bei Gemüsehändler Michael Simon sind Chili-Sorten aus biologischem Anbau und mit richtig scharfem Geschmack besonders beliebt.

Rosengarten. Etwas verloren steht Fridolin Wagner hinter seinem Tisch mit gelben Broschüren, die weite Wetterjacke schlackert um seinen schmalen Körper. Viel zu dünn habe er sich angezogen, sagt Wagner, der es eigentlich besser wissen sollte - jedes Jahr steht er an zwei Wochenenden im Frühjahr und Spätsommer hier am Infotisch des Pflanzenmarkts am Kiekeberg. "Aber gestern hatten wir doch noch diese Hitze." Jetzt hält er sich mit heißem Tee aus der mitgebrachten Thermoskanne warm. Denn an diesem Sonnabend ist es kühl und verregnet. Trotzdem kamen am Wochenende Tausende Besucher in das Freilichmuseum.

Viele steuerten den Tisch von Fridolin Wagner und Helge Zock an. Sie helfen bei Fragen zur Gartengestaltung - gerade gehe so ein "grässlicher Pilz" um, der Buchsbäume absterben ließe, so Wagner - und weisen Besuchern den Weg. "Manchmal sind die Leute drollig", sagt Wagner, rückt an seiner Brille und spitzt die Lippen unter seinem Schnauzer zu einem höflichen Schmunzeln. So habe ein Mann für seine Freundin "eine hohes rundes Bäumchen" kaufen wollen. "Wir haben gefahndet und gefahndet", sagt Wagner. Mit Erfolg: Der Mann suchte eine Art Bonsai, eine teure Angelegenheit. "Da hatte sich das dann schnell erledigt."

Er und sein Kollege seien zwar sehr kundig, sagt Wagner, der Kunst studierte, viele Jahre Journalist bei einer Gartenzeitschrift war und mehrere Bücher zum Thema geschrieben hat. "Aber wir kennen natürlich nicht das Sortiment aller Aussteller." Rund 125 Verkäufer stehen auf der Liste, die er bei Fragen zu Rate zieht. Im Trend seien zurzeit Wildobst, spezielle Tomatensorten und exotische Gemüsepflanzen. "Danach fragen meist Feinschmecker, die auf ihrem Balkon normales, türkisches und Thai-Basilikum wachsen lassen."

Zum typischen Trendgemüse zählt laut Wagner auch Chili. Die finden Besucher bei Michael Simon, der Nordfriese hat 40 Sorten aus biologischem Anbau im Angebot - die richtig scharfen sind besonders beliebt. "Viele Käufer achten auch auf die Optik", sagt Simon und zeigt eine Pflanze, an der Chilischoten mit weiß-lila-rotem Farbverlauf wachsen. Auch Seestern-Chilis verkauft er. Ein Stück weiter inspiziert Renate Krase aus Neu Wulmstorf durch ihre Brille eine Goji-Beeren-Pflanze. "Wann blüht die denn?", fragt sie und blickt zu Verkäuferin Jutta Tellmann hoch. Die Frauen fachsimpeln über die Obstsorte, die aus dem asiatischen Raum stammt. "Die getrockneten Beeren werden oft teuer im Internet verkauft. Die Pflanze, die übrigens sehr vitaminreich ist, wächst aber problemlos auch im heimischen Garten", sagt Tellmann.

Auch sie hat einen Trend zu exotischen Sorten bemerkt. "Ein Kunde hat vorhin zum Beispiel nach einer Indianer-Banane gefragt." Die längliche Frucht habe sie zwar in der Baumschule, jedoch nicht hier auf dem Markt. Nicht jeder gehe so gezielt auf die Suche, so Tellmann. "Manche kommen wirklich mit Einkaufszetteln, andere gucken sich nur um." Susanne Kaden und ihre Tochter Isabelle wollen dunkelviolette Tomaten kaufen. "Die habe ich neulich auf dem Isemarkt entdeckt, sehr lecker", sagt die 50-Jährige aus Hausbruch. Am Stand von Thomas Wippermann wird sie zwischen "Vierländer Platte" und Allermöher Perle" fündig. Ein Dutzend verschiedener Sorten in Rot, Gelb und Violett füllen die eng aneinandergereihten Körbe. Susanne Kaden nimmt zwei Schalen mit den kleinen fast schwarzen Tomaten. "Die essen wir gleich so."

Am Pflanzenparkplatz steht ein Paar mit unzähligen Tüten und Töpfen in den Händen. Zwischen Blättern und Stängeln, Blüten und Gräsern gucken die Köpfe von Lene und Mikael hervor. Sie sind extra aus Dänemark angereist, um Nachschub für ihren Garten zu holen. Jetzt geht es mit vollen Händen zurück nach Hause. "Die kenne ich schon, die kaufen immer so viel", sagt Matti Beckmann. Der 17-Jährige betreut mit seiner Schwester Lisann, 14, einen der Pflanzenparkplätze, an denen die Besucher ihre Einkäufe abgeben können. "Normalerweise haben wir sonnabends die Kampfkäufer hier, sonntags kommen viele nur zum Schlendern", sagt Matti. Doch an diesem Tag haben sie nicht viel zu tun. Später wird Fridolin Wagner noch über den Markt gehen. "Ich bin scharf wie Lumpi, selbst was zu kaufen." Er suche gezielt nach Raritäten - wo es die gibt, verrate er vorher nur Leuten, bei denen er wisse, dass die Pflanze in guten Händen sein wird.