4350 Kita-Kinder übersehen. Bundesregierung sieht “Alarmsignal“ für Deutschland. Die Suche nach den Schuldigen in Hamburg hat begonnen.

Hamburg/Berlin. Der Fehler bei der Berechnung des Kita-Platz-Bedarfs in Hamburg führt zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen im Sozialetat. Melanie Leonhard, familienpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, schätzte die zusätzlichen Kosten gestern auf etwa 20 Millionen Euro. Dieses Geld sei nötig, um die bisher nicht im Haushalt vorgesehenen 4350 Kita-Plätze bis 2014 zu finanzieren. Der Senat dürfe den zusätzlichen Betrag nicht allein der Sozialbehörde aufbürden, sagte Leonhard. Auch andere Senatsmitglieder sollten bei der Finanzierung mit einbezogen werden. Der Ausbau der Kindertagesbetreuung habe eine "große strategische Bedeutung" für die gesamte Stadt. "Je größer der Anteil aus dem Gesamthaushalt, desto besser", so Leonhard.

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Wie berichtet , hatte die Sozialbehörde den Fehler vor wenigen Tagen entdeckt, als die Behörde erfassen wollte, wie viele Kinder im Kita-Gutscheinsystem betreut werden. Laut Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) liegt deren Zahl allein für dieses Jahr bereits um 1350 höher als vom Basisdatenausschuss unter der Leitung des Statistikamts Nord prognostiziert. In einer Behördenmitteilung hieß es, dass 2013 voraussichtlich 1700 Kinder hinzukämen und im Jahr darauf 1300 mehr. Offenbar gibt es in der Behörde aber immer noch Unklarheit. Gestern nannte eine Sprecherin plötzlich die Zahl von lediglich 1000 zusätzlichen Kindern.

Die Hamburger Zahlen-Panne beschäftigt auch die Bundesregierung. Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sagte, dass die statistischen Fehler beim Kita-Bedarf in Hamburg ein "Alarmsignal" für Deutschland seien. Sie warne vor ähnlich "bösen Überraschungen" auch in anderen Bundesländern. "Der Bund fordert die Länder seit Langem zu exakteren und häufigeren Erfassungen auf, wie der tatsächliche Bedarf an Kita-Plätzen ist, wie viele Plätze es derzeit gibt und wie viele Plätze wo noch fehlen." Diese Daten müssten von den Ländern endlich glasklar erhoben und für alle Bürger frei zugänglich veröffentlicht werden, verlangte die Familienministerin. "Gerade weil wir als Bund helfen wollen, müssen wir ehrliche Zahlen haben, wo was fehlt." Besonders im gerade angebrochenen letzten Jahr vor dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz brauche man saubere und aktuelle Daten, "wo welches Land steht, sonst droht am Ende ein böses Erwachen zulasten von Eltern und Kindern", sagte die Ministerin weiter.

Unterdessen hat in Hamburg die Suche nach den Schuldigen begonnen. Christiane Blömeke, familienpolitische Sprecherin der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, stellte dazu eine Anfrage an den Senat. Der Rechenfehler stelle ein "echtes Problem" für den Haushalt dar, so die Abgeordnete.

Sozialsenator Scheele sieht die Ursache in einer fehlerhaften Bevölkerungsprognose des Basisdatenausschusses. Gerhard Winck, Leiter der Abteilung für Bevölkerungsstatistik im Statistikamt Nord, sagte dazu, das Amt werde diesen Vorwurf überprüfen: "Sobald wir ein Ergebnis haben, werden wir es vorlegen." Allerdings gebe es viele Beteiligte. Dem Basisdatenausschuss gehören neben dem Statistikamt alle Behörden an - darunter auch die Sozialbehörde.