Der SPD-Politiker Johannes Kahrs mahnt Geld aus Berlin an - und übt zudem scharfe Kritik an Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU).

Hamburg/Berlin. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs kritisiert die aus seiner Sicht erhebliche Unterfinanzierung der großen Verkehrsinfrastrukturprojekte , die Hamburg betreffen, durch den Bund. "Die schwarz-gelbe Bundesregierung bleibt sehr wolkig. Da wird bis zur Bundestagswahl wohl nichts mehr passieren", sagte Kahrs, der für seine Fraktion im Haushaltsausschuss für Verkehrsprojekte zuständig ist.

In einer umfangreichen Anfrage hatten sich der Hamburger Kahrs und weitere SPD-Abgeordnete aus Norddeutschland nach dem "Sachstand wichtiger Verkehrsprojekte für das Bundesland Hamburg" erkundigt. Besonders empörend findet Kahrs, dass das für Hamburg zentrale Projekt des Baus einer fünften Schleuse für den Nord-Ostsee-Kanal in Brunsbüttel in der Antwort des Bundes zu den vordringlichen Projekten gar keine Erwähnung findet. "Bislang hat die Bundesregierung nur 1,9 Millionen Euro für die fünfte Schleuse vorgesehen. Der Neubau kostet aber rund 300 Millionen Euro", kritisierte Kahrs. Insgesamt müssten für Sanierung und Neubauprojekte im Laufe der nächsten zehn Jahre 1,2 Milliarden Euro aufgewendet werden, damit der Kanal konkurrenzfähig bleibt. Kahrs weist darauf hin, dass die beiden großen Schleusen in Brunsbüttel dringend saniert werden müssen.

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"Während der Sanierungsarbeiten kann die Schleuse nicht genutzt werden, sodass dann nur eine Schleuse zur Verfügung steht", so der Abgeordnete. Wenn die zweite Schleuse etwa nach einem Unfall auch ausfalle, gehe nichts mehr. Für Hamburg hat der Nord-Ostsee-Kanal eine zentrale Bedeutung, weil über die Wasserstraße die Feederverkehre von und nach Osteuropa und Skandinavien laufen. Wenn der Kanal auch nur für kurze Zeit nicht passierbar sei, überlegten die Reedereien, mit ihren großen Containerschiffen nicht mehr den Hamburger Hafen anzulaufen, sondern sie schon in Antwerpen und Rotterdam zu entladen. "Dann fahren die Feederschiffe von dort durch den Skagerrak in die Ostsee, und Hamburg ist außen vor", sagte Kahrs.

Unzufrieden ist der SPD-Politiker auch mit den Antworten der Bundesregierung zum Thema Y-Trasse, die den Schienenverkehr im Dreieck Hannover - Bremen - Hamburg beschleunigen soll. Zunächst müsse die "Bedarfsplanüberprüfung 2010" in die laufenden Planungen eingearbeitet werden, heißt es in der Antwort des Bundes, die dem Abendblatt vorliegt. "Dann werden verschiedene Trassierungsvarianten geprüft und eine Vorzugstrasse ermittelt." Erst dann könne ein genauer Verlauf der Y-Trasse geplant werden. "Die Planfeststellungsverfahren werden nach Abschluss der Vorentwurfsplanung und ggf. des Raumordnungsverfahrens eingeleitet." Ein Zeitrahmen wird vorsichtshalber nicht angegeben.

Kahrs hat einen Verantwortlichen für die aus seiner Sicht zögerliche Planung norddeutscher Großprojekte ausfindig gemacht: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). "Man wundert sich nicht, dass der Verkehrsminister aus Bayern kommt", sagte der SPD-Politiker. "Herr Ramsauer hat für seine Wahl zum CSU-Parteivize das Argument gebracht, er sei der Infrastrukturminister in Berlin, der die Milliarden in Bayern investiert", so Kahrs.

Auch beim Projekt einer eigenständigen S-Bahn-Linie Hauptbahnhof - Ahrensburg - Bad Oldesloe (S 4) vermisst Kahrs eine klare Aussage Berlins. "Der Bund ist grundsätzlich bereit, sich am ... Projekt systemeigener Gleise zu beteiligen", heißt es zum Thema S 4. "Für weitergehende Entscheidungen sind die eingeleiteten Planungen und Untersuchungen durch die beteiligten Länder fortzuführen." Eine konkrete Finanzierungszusage sieht anders aus.

Interessant ist, dass die Bundesregierung auf Umbaupläne der Deutschen Bahn zur Entlastung des Hauptbahnhofs hinweist: "Zur langfristigen Planung sei im Bundesverkehrswegeplan 2003 im Projekt 28 eine Maßnahme im Großknoten Hamburg Hauptbahnhof vorgesehen, die einen weiteren Bahnsteig an Gleis 10 vorsehe." Der Neubau sei im Zusammenhang mit der vorherigen Realisierung der S-4-Pläne zu sehen. Auch auf die Frage, wann die Hafenquerspange gebaut werden könne, macht der Bund keine Angabe.

Im Gegensatz zu Kahrs neigt die Behörde für Wirtschaft und Verkehr nicht zu einer pessimistischen Analyse der Lage. Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof (SPD) verweist auf seine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem im Ministerium für Verkehrsfragen zuständigen parlamentarischen Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) aus Niedersachsen. "Das Projekt Y-Trasse ist zum Beispiel überhaupt nicht aufgegeben", sagte Rieckhof. Er hoffe darauf, dass die Bundesregierung im Zuge der neuen, positiven Steuerschätzung rund eine Milliarde Euro zusätzlich für Infrastrukturprojekte bereitstellen werde. "Davon könnte dann auch das Projekt fünfte Schleuse in Brunsbüttel profitieren", so Rieckhof.