Die SPD regiert überall mit. Dabei setzten die Sozialdemokraten nicht immer auf einen festen Partner. Ein Überblick über die Veränderungen.

Hamburg. Gegen die Sozialdemokraten geht gar nichts mehr. Das gilt in der Bürgerschaft, aber auch in den sieben Bezirken. Und die SPD kann, sofern sie überhaupt einen Partner braucht, sich diesen aussuchen. Die Gespräche mit den möglichen Partnern gehen jetzt in die heiße Phase. Denn Ende des Monats stehen die konstituierenden Sitzungen der sieben Bezirksversammlungen an.

Eine Ausnahme stellt der Bezirk Bergedorf dar, der weiterhin auf Altbewährtes setzt. Obwohl die SPD dort die absolute Mehrheit erhalten hat, wird sie auch in Zukunft eng mit den anderen Parteien zusammenarbeiten. Im Bezirk Mitte ahmt die SPD das nach und will auf wechselnde Mehrheiten setzen. In Eimsbüttel - der Hochburg der Grünen - bleibt dagegen fast alles beim Alten: Rot-Grün wird nach wie vor das Sagen haben.

Aber welche Konsequenzen werden die neuen Koalitionen für die Bezirke und ihre Bewohner haben? Welche Projekte werden unter einem neuen Bezirksparlament möglicherweise gekippt? Welche Vorhaben werden von den Politikern forciert? Und müssen einige Bezirksamtsleiter nun um ihren Job an der Spitze der Verwaltung bangen? Das Hamburger Abendblatt gibt einen Überblick über die Lage in den Bezirken.

Altona

In der Bezirksversammlung Altona strebt die SPD eine Koalition mit der GAL an. "Das ist unsere erste Priorität", sagt der SPD-Fraktionschef Thomas Adrian. Ein erstes Treffen der Fraktionen ist für den 28. März geplant. Bei den Wahlen hatte die SPD 22 der 51 Sitze in dem Bezirksparlament errungen und die CDU damit als stärkste Fraktion abgelöst. Anders als in der Bürgerschaft hat die SPD aber keine absolute Mehrheit erreicht. Als Alternative zu einer Koalition wären auch wechselnde Mehrheiten möglich. Seit 2004 bildeten CDU und GAL eine Mehrheitskoalition in Altona. Vom Tisch dürfte nun die geplante Wildtierstation eines CDU-Mitglieds sein, die GAL und CDU gegen den Protest der SPD kurz vor den Wahlen auf den Weg gebracht hatten. Für den parteilosen Bezirksamtsleiter Jürgen Warmke-Rose dürfte die neue Konstellation keine Job-Gefahr darstellen. Er ist bis 2013 gewählt und daran, so Adrian, soll sich nichts ändern.

Eimsbüttel

Im Bezirk Eimsbüttel werden SPD und GAL noch stärker zusammenwachsen. Bislang hatten sich die beiden Fraktionen als Kernbündnis auf gemeinsame Eckpunkte geeinigt. Nun deutet alles darauf hin, dass die Sozialdemokraten und die Grünen eine Koalition bilden werden. Bei den Wahlen hatte die SPD 23 der 51 Sitze im Eimsbütteler Bezirksparlament errungen, die GAL zehn Sitze. "Eine Koalition mit der GAL ist sehr wahrscheinlich", bestätigt der SPD-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Rust. Bei großen Projekten wie dem Ausbau der Universität seien beide Parteien "auf einer Linie". Zudem sei er zuversichtlich, dass sich die Partner auch in Konfliktsituationen auf einen gemeinsamen Nenner einigen könnten. Auch für den neuen GAL-Fraktionschef Roland Seidlitz steht einem harmonischen Bündnis nichts im Wege: "Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die SPD und GAL auch in Zukunft erfolgreich zusammen arbeiten werden."

Mitte

Der Bezirk Mitte wird noch stärker von der SPD dominiert werden: Die Partei stellt in der Bezirksversammlung jetzt 25 der 51 Abgeordneten. Damit fehlt ihr nur ein Abgeordneter zur absoluten Mehrheit. Sie hat jüngst die sieben Jahre währende Koalition mit der GAL aufgekündigt und will sich nach dem "Bergedorfer Modell" wechselnde Mehrheiten suchen. Damit wird das "Durchregieren" noch einfacher. Projekte, die von der von Markus Schreiber (SPD) geleiteten Verwaltung stammen, werden im Parlament schneller positiv beschieden - denn die Sozialdemokraten brauchen nur eine Stimme aus den anderen Fraktionen. Das bleibt auch so, wenn es einen Wechsel an der Amtsspitze geben sollte. Wird Markus Schreiber, wie er es sich wünscht, Bausenator, rückt ein SPD-Mann nach. Der Name des stadtentwicklungspolitischen Sprechers aus der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Andy Grote, wird in diesem Zusammenhang genannt.

Nord

Im Bezirk Nord wird es eine SPD-geführte Koalition geben. Nur mit wem die Sozialdemokraten zusammenarbeiten wollen, ist noch unklar. Die stärkste Kraft in der Bezirksversammlung hat schon mit der GAL, der FDP und der Partei die Linke Sondierungsgespräche geführt. Am 31. März will der Kreisvorstand entscheiden, mit welcher Partei er dann konkrete Koalitionsgespräche führt. "Unser Ziel ist es, eine belastbare Mehrheit zu haben", sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Domres, dessen Partei auf 44,5 Prozent kam. Die Diskussion um die Zukunft der Justizvollzugsanstalt (JVA) Fuhlsbüttel könnte nach Angaben von Domres jetzt wieder aufflammen. "Wir wollen das Gefängnis schließen und das Gelände für Wohnungsbau zur Verfügung stellen", sagt er. CDU und GAL hatten sich für den Fortbestand der JVA eingesetzt. Im Gegensatz zur FDP - insofern ist ein sozial-liberales Zusammengehen nicht auszuschließen.

Wandsbek

In Wandsbek bedeutet das Wahlergebnis das Aus für das schwarz-gelbe Bündnis. Die CDU erzielte lediglich 25,8, die FDP 7,6 Prozent. Nun hat die SPD (49 Prozent) die Wahl, mit wem sie eine Koalition eingeht. "Noch ist alles offen", sagt die SPD-Fraktionschefin Anja Quast. Die Grünen signalisieren jedoch bereits, dass sie sich ein Bündnis "gut vorstellen" könnten. Offen lassen beide Parteien, ob sie künftig mit der Bezirksamtsleiterin Cornelia Schroeder-Piller (CDU) zusammenarbeiten wollen, die plangemäß noch bis 2013 im Amt ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass vorzeitig die Abwahl von der seit 2007 amtierenden Chefin beantragt wird, ist jedoch hoch. Nach den Problemen in der Wandsbeker Elterngeldstelle (wir berichteten) musste Cornelia Schroeder-Piller immer wieder herbe Kritik einstecken. Führungsschwäche und Kontrollwut waren nur einige der Vorwürfe. Die SPD-Fraktion forderte im September 2010 sogar ihren Rücktritt.

Bergedorf

In Bergedorf hat die SPD die absolute Mehrheit erhalten und wird künftig 25 der 49 Sitze in der Bezirksversammlung haben. Trotzdem will die SPD eng mit den anderen Parteien zusammenarbeiten. "Das ist in Bergedorf bewährte Praxis", sagt der Vorsitzende der SPD-Bezirksfraktion, Werner Omniczynski. Auch in den vergangenen Jahren gab es keine Koalitionen, vielmehr wurde mit wechselnden Mehrheiten entschieden, wie es in vielen kommunalen Vertretungen außerhalb Hamburgs üblich ist. Für die Stelle von Bezirksamtsleiter Christoph Krupp (SPD) muss aber ein Nachfolger gesucht werden. Er ist von Bürgermeister Olaf Scholz zum Chef der Senatskanzlei berufen worden. Erst Ende vergangener Woche haben sich die Parteien darüber verständigt, die Stelle öffentlich auszuschreiben. Die Bürger sollen an der Suche beteiligt werden. Derzeit leitet die stellvertretende Bezirksamtsleiterin Angela Braasch-Eggert das Bezirksamt.

Harburg

Schluss mit Schwarz-Grün: Die SPD hat mit 26 von 51 Sitzen in der Harburger Bezirksversammlung die absolute Mehrheit erreicht und damit das seit 2004 währende Regierungsbündnis von CDU und GAL beendet. Klar ist, dass die Sozialdemokraten eine Alleinregierung anstreben. SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath sagt, dass Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg (CDU) jedoch nicht um sein Amt fürchten muss. Meinberg war vergangenen Oktober mit der Mehrheit von CDU und GAL für weitere sechs Jahre gewählt worden. Seine zweite Amtsperiode beginnt am 1. April 2011. In der Bezirksversammlung sind jedoch noch geringe personelle Verschiebungen möglich, da bei der Wahl in den beiden Wahllokalen Schule Kirchenhang und Grumbrechtstraße 63 zeitweise Stimmzettel des benachbarten Wahlkreises 16 ausgegeben worden waren. Die betroffenen Wähler sollen die Wahl voraussichtlich im Mai wiederholen können.