Halsband-Wehrvogel Ricky kam 1997 nach Hamburg, seine Partnerin folgte 2001. Ein Paar, das sich auf Anhieb verstand. Doch von Eiern keine Spur.

Hamburg. Alles sah so gut aus. So harmonisch. Und vielversprechend. Ricky, seines Zeichens ein Halsband-Wehrvogel, und seine Partnerin lebten schon lange im Tierpark Hagenbeck. Er kam 1997 nach Hamburg, sie folgte 2001. Ein Paar, das sich auf Anhieb verstand, und so hofften die Tierpfleger im Vogelrevier, an die Zuchterfolge vergangener Tage anschließen zu können. Als sich diese nicht einstellen wollten, bastelten sie den beiden besonderen Vögeln im vergangenen Jahr sogar ein Nest, auf das sich die Tiere auch setzten. Doch von Eiern keine Spur. Warum, das ist jetzt klar: Rickys Partnerin ist ein er.

"So kann man sich irren", sagt Dr. Adriane Prahl und seufzt. Die Zootierärztin hatte den beiden auch Tschajas genannten Vögeln schließlich eine Federprobe entnommen und zur DNA-Analyse in ein spezielles Labor nach Bielefeld geschickt. Das Resultat war dann eindeutig: 2,0. Mit den Zahlen vor dem Komma bezeichnen Zoologen männliche, mit denen hinter dem Komma weibliche Tiere, was in diesem Fall also zwei Männchen bedeutet. Und damit vorerst das Ende der Nachzuchthoffnung in Hamburg.

"Bei den Tschajas sehen beide Geschlechter gleich aus, deshalb sind wir nicht stutzig geworden", sagt Reviertierpfleger Roy Schulz. Und auch das Verhalten der beiden mehr als 20 Jahre alten Tiere hätte auf ein Paar hingedeutet. Nun sind sie das vielleicht ja auch - nur eben nicht in dem Sinn, den sich der Tierpark für die Zucht wünschen würde. Und da Wehrvögel nicht allzu oft gehalten werden, ist es auch mit einem Austausch der Tiere mit anderen Züchtern nicht ganz so einfach.

Halsband-Wehrvögel oder Tschajas sind große, truthahnartig wirkende Vögel, die zu den nächsten Verwandten der Entenvögel zählen. Sie werden bis zu 95 Zentimeter groß und bis zu 4,5 Kilogramm schwer und kommen in Bolivien, Peru, Argentinien, Paraguay, Brasilien und Uruguay vor. Dort leben sie bevorzugt in wasserreichen Grasgebieten, an Waldseen und in Sümpfen.

Namensgebend ist bei den Tieren mit dem überwiegend grau-weißen Gefieder zum einen der schwarze Ring am Hals, der wie ein Halsband aussieht. Der Begriff Wehrvogel bezieht sich zudem auf zwei spitze, an den Handgelenken verankerte Sporne, die bei Revierkämpfen und zur Verteidigung eingesetzt werden. "Wenn die Tschajas mit den Flügeln schlagen, muss man aufpassen, das kann wehtuen", sagt Schulz.

Aggressiv seien die Vögel, die jetzt im Winter auf der Kranichwiese und im Sommer im Gehege der Alpakas leben, jedoch nicht - außer, sie hätten Jungtiere. Schulz: "Dann kommen sie auch schon einmal drohend auf uns zu." Aber die Gefahr besteht ja nun vorerst nicht mehr. Und alles, was die Vögel derzeit interessiert, ist der beheizte Container, in dem sie sich aufwärmen können, wann immer sie wollen. "Werden die Temperaturen noch frostiger, bleiben sie da sogar ganz drin", sagt Schulz.

Neben den Sporen haben die Wehrvögel noch eine weitere anatomische Besonderheit: Sie haben unter der Haut ein besonderes Netz kleiner Luftsäcke, das das Gewicht der großen Vögel so stark reduziert, dass sie in ihren feuchten Habitaten sogar auf Schwimmpflanzen laufen können. Dabei helfen ihnen auch die großen Füße mit den Schwimmhäuten, auch wenn diese nicht sonderlich stark ausgeprägt sind. Während Jungvögel ihre Eltern bei der Nahrungssuche (Wurzeln, Blättern, Blüten und Samen) oft schwimmend begleiten, sind erwachsene Tiere nur noch selten auf Seen anzutreffen.

Körner, Salat und ab und an eine Schale Obst, das gibt es für die Tschajas bei Hagenbeck. Die Vegetarier gelten in ihrer Heimat oftmals als Schädlinge, weil sie in Scharen in Felder einfallen. Sie selbst werden jedoch nicht verzehrt - die Konsistenz ihres Fleisches soll durch die Luftsäcke recht schwammig sein. Ihre lauten Alarmrufe sind für Jäger ein weiteres Ärgernis. Einige Südamerikaner haben sich das aber auch zu Nutzen gemacht - und halten sich die Wehrvögel, ähnlich wie bei uns manche Menschen Gänse, als Wachhunde.

Auch Ricky und sein Partner sind für eine Aufgabe vorgesehen: als Tauschobjekte. "Sie stehen auf der Liste", sagt Adriane Prahl, die die Hoffnung auf ein Pärchen nicht aufgibt. Doch dann 1,1.

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