Kamtschatkabärin Mascha ist zum ersten Mal Mutter geworden. Kamtschatkabären gehören zu den größten Landraubtieren der Erde.

Hamburg. Was Sie heute hier sehen, gibt es derzeit nirgendwo anders zu sehen. Mascha, die Kamtschatkabärin, hatte sich im November regelrecht in Pose geworfen für Abendblatt-Fotograf Andreas Laible: hingegossen am Rande des Bärengeheges im Tierpark Hagenbeck, mit elegant überkreuzten Tatzen, das Haupt selbstbewusst erhoben. Da wusste außer ihr noch niemand von dem süßen Geheimnis, mit dem sie sich nur einen Tag später in die Winterruhe begab - und seitdem für die Besucher nicht mehr zu sehen war. Doch wenn sie vermutlich im April aus ihrer "Höhle" ans Tageslicht zurückkehren wird, dann wird sie das nicht alleine tun: Mascha ist zum ersten Mal Mutter geworden.

Als Zwillinge waren Mascha und ihr Bruder zusammen mit zwei weiteren Jungbären im Sommer 2007 aus Moskau nach Hamburg gekommen. "Uns waren sie als vier Geschwister angekündigt worden, aber ich hatte da gleich so meine Bedenken", sagt Reviertierpfleger Uwe Fischer. Waren doch zwei der vier Bären klein und fast schwarz in der Fellfarbe, die anderen beiden braun und deutlich größer.

Egal - als einzige Jungtiere dieser Braunbären-Unterart in Europa sollten sie nach dem Weggang des alten Kodiakbärenmännchens Buffy den Grundstock legen für eine Zucht der bedrohten Tiere, von denen in ihrer Heimat, der russischen Kamtschatka-Halbinsel, nur noch 10.000 Exemplare vermutet werden.

Bis zum Alter von zwei Jahren wollte man die Bärenkinder gemeinsam halten und dann einen unverwandten Partner für einen von ihnen finden. Schon damals, gerade einmal acht Monate alt, hatte eine ganz klar das Sagen auf der Anlage: Mascha. "Sie hat die drei Jungs von Anfang an in die Tasche gesteckt", sagt Uwe Fischer und klingt ganz nach einem stolzen Vater.

Kamtschatkabären, die auch Sibirische Braunbären genannt werden, können aufgerichtet eine Höhe von 3,20 Metern und ein Gewicht von 550 Kilogramm erreichen - damit zählt dieser Säuger neben Eisbär und Kodiakbär zu den größten Landraubtieren der Erde. Der Nachwuchs, der jetzt alle Zoomitarbeiter erfreute, zumal Maschas Mutterglück europaweit die erste Nachzucht der Art ist, wog bei der Geburt gerade einmal 300 bis 400 Gramm. Mal zwei. Fischer: "Am 22. Januar war Mascha in ihrer Wurfbox recht unruhig, ordnete aus Stroh ständig ihr Schlaflager neu und stöhnte viel. Da dachte ich schon, es geht los." Denn dass die Bärin nach Paarungen mit Männchen Leo (einem der anfänglich kleinen schwarzen Männchen, den man dann doch als nicht verwandt behalten hatte) tragend sein könnte, hatte sich der erfahrene Tierpfleger schon gedacht.

Und wie fast alle Tierpfleger wurde auch er ausgetrickst - solange er guckte, passierte nichts. Doch am nächsten Morgen waren zwei Jungtiere geboren.

Die Lütten tragen weiße Kragen und wiegen schon jeder fünf Kilogramm

Bis dahin hatte Mascha richtig fest geschlafen und auch keine Nahrung mehr zu sich genommen. Seit Anfang März füttert Fischer die Allesfresserin jetzt wieder, mit gekochten Kartoffeln, Milchsuppe und Fisch. Und die Bärin gibt die Kalorien direkt durch ihre fettreiche Muttermilch an die Lütten weiter, die mittlerweile geschätzt je fünf Kilogramm wiegen, sagt Fischer. "Sie sind sehr kompakt und haben ein fast schwarzes Fell, mit dem typischen weißen Kragen der Babys."

Zwei Monate werden sie noch an Maschas Zitzen und weitere zwei Jahre an ihrem Rockzipfel hängen, bis sie selbstständig sind. Doch wie es bisher aussieht, nimmt die Bärin das mit einer Engelsgeduld hin. "Mascha ist eine völlig entspannte Mutter", sagt Uwe Fischer. Dabei sei es absolut nicht selbstverständlich, dass gleich die erste Aufzucht so reibungslos gelingt - zumal gleich neben dem Bärengehege durch den Neubau der Känguru-Anlage schon lange ordentlich Krach gemacht wird. Einer ist da deutlich aufgeregter: Jungvater Leo. Fischer: "Man hört ihn immer vor der Tür zur Wurfbox schnüffeln. Er möchte zu gerne wissen, was da los ist."

Dieses Los teilt er mit vielen - außer Uwe Fischer konnte bisher ja noch niemand einen Blick auf die Bären-Zwillinge werfen. Mitte April sollen sie von Tierarzt Dr. Michael Flügger geimpft werden - und dann erst wird man auch wissen, welches Geschlecht die beiden haben. Eine Eingebung, Herr Fischer? "Mindestens ein Junge ist dabei", sagt er und grinst.

Ganz wie ein stolzer Vater.

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