Die Loris sind die frechste Tierbande von Hagenbecks. Ihr Gefieder ist bunter als jedes Feuerwerk, ihr Gekreische lauter als jeder Chinaböller.

Stellingen. Ihr Gefieder ist bunter als jedes Feuerwerk, ihr Gekreische lauter als jeder Chinaböller: Die Gebirgsloris im Tropen-Aquarium von Hagenbecks Tierpark sind Silvester auf zwei Beinen, verpackt in Federn. Ein ganz spezielles Empfangskomitee für die Besucher - und oftmals eine Plage für ihre Mitbewohner, die Kattas, wie ihre Tierpflegerin verrät. Immer mittendrin ist Anton, eins der erwachsenen Männchen.

"Unsere Loris sind eine ganz schön freche Bande", sagt Heidrun Rohr, Tierpflegerin im Tropen-Aquarium. 19 erwachsene Vögel fliegen, klettern und hüpfen durch den Eingangsbereich der großen Halle, der einem madagassischen Marktplatz nachempfunden ist. "Dazu kommen noch vier Jungtiere, die zwischen fünf und sechs Wochen alt und noch in den Brutkästen sind", sagt Heidrun Rohr. Wenn sie ihre lustigen fünf Minuten haben, dann ärgern sie sich nicht nur gegenseitig, sondern behalten auch die um ein Vielfaches größeren Halbaffen mit den Ringelschwänzen im Auge - nur um ihnen während eines Nickerchens in die Füße zu hacken. "Die Loris haben hier ganz klar das Sagen", sagt Heidrun Rohr.

Die äußerst bunte, bis 30 Zentimeter große Unterart des Allfarb- oder Keilschwanzloris stammt aus Neuguinea und Nordostaustralien. Gebirgsloris ernähren sich in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet überwiegend von Nektar, den sie mit ihrer langen, schmalen Zunge aus Blüten aufnehmen. Dabei nutzen sie spezielle Papillen auf der Zunge, die wie ein Schwamm funktionieren und die Flüssigkeit aufsaugen können. Bei Hagenbeck bekommen die Vögel deshalb auch mehrmals am Tag eine Schale mit einem künstlichen Nektar. Heidrun Rohr: "Und dazu immer etwas Obst, aber nur sehr süßes, reifes - da sind die Gebirgsloris echte Feinschmecker." Nun ja, jedenfalls solange es sich um ihr eigenes Futter dreht.

Vom Gemüse der Kattas, das die Vögel nahrungstechnisch definitiv liegen lassen würden, können sie aus ganz anderen Gründen nicht genug bekommen: ihrem Spieltrieb und dem Futterneid. "Das sieht jeden Tag aus wie ein Schlachtfeld, wenn die Loris alles auseinandergerupft haben", sagt ihre Tierpflegerin.

Viel netter sei es da doch, Anton bei der Balz zu beobachten. "Dann hüpfen er und die anderen Männchen über den Boden und wippen mit den Köpfen", verrät Heidrun Rohr. Und dabei kann es auch schon einmal vorkommen, dass sich die agilen Vögel beim Balgen miteinander auf den Rücken drehen - alles natürlich begleitet von einem ohrenbetäubenden Kreischen. Den Weibchen der in Einehe lebenden Vögel scheint es zu gefallen: Bei Hagenbeck sind die sieben Bruthöhlen hoch über der Eingangstür jedenfalls fast rund ums Jahr von den Höhlenbrütern besetzt.

"Die Jungtiere, die nach 25 Tagen schlüpfen, unterscheiden sich in den ersten Lebensmonaten hauptsächlich durch eine andere Schnabelfarbe von den Eltern", sagt Rohr. Ansonsten dominieren im Gefieder der Vögel metallisch glänzende Blau-, Grün-, Orange- und Rottöne, kombiniert mit ein wenig Gelb. Gebirgsloris erreichen ein Gewicht zwischen 100 und 155 Gramm.

Auch wenn der sieben Jahre alte Anton, wie alle Gebirgsloris, kein allzu gewandter Flieger ist, macht er doch durch seine spektakulären Kletterkünste auf sich aufmerksam. "Er hat sich schon einmal zwischen Netz und Wand hindurchgedrückt und ist so in die große Halle gelangt. Da saßen er und andere Ausbrecher dann schon einmal mehrere Tage - und fanden den Weg zurück nicht mehr." Denn eigentlich fühlen sich die Tiere in ihrer vertrauten Umgebung ja am sichersten. Die Tierpfleger mussten sie schließlich zurückbringen.

Wenn man sich die abgeknabberten Schaumstoffabdichtungen rund um die Rohre anguckt, deren die Loris habhaft werden konnten, dann kann man auch verstehen, warum die Besucher Anton und seine Artgenossen nicht füttern sollen. "Mit ihren Schnäbeln können sie ordentlich zupacken, das tut gemein weh", sagt Heidrun Rohr. Ganz wie bei einem Silvesterfeuerwerk also: Schön anzusehen, aber bitte rechtzeitig die Hände in Sicherheit bringen ...

Lesen Sie nächsten Mittwoch: Löwenmännchen Naviri