Wo Dickschädel George hinwill, da geht er dann auch hin. Der halbstarke Himalaja-Tahr ist in erster Linie eines: neugierig und verfressen.

Hamburg. Für George ist kein Gipfel zu hoch. Keine Felswand zu steil. Kein Hindernis zu eng. Wo der Dickschädel hinwill, da geht er hin. "Das hängt wahrscheinlich auch mit der Kombination seiner Eigenschaften zusammen", sagt Sebastian Behrens und lacht. Denn der halbstarke Himalaja-Tahr sei, so der Tierpfleger, in erster Linie eines: neugierig und verfressen.

Damit befindet sich George in guter Gesellschaft. Auch seinen zwölf Verwandten, mit denen er im Tierpark Hagenbeck einen Teil des großen Hauptpanoramas bewohnt, geht es nicht viel anders. Georges Vorteil gegenüber den anderen ist jedoch seine Größe: Mit drei Jahren ist der kleine Bock noch nicht ausgewachsen - und damit noch ein wenig beweglicher und flinker auf den Hufen.

So kommt der Paarhufer auch dahin, wo ihn die Tierpfleger eigentlich gar nicht haben wollen. Etwa in den Wohnraum des Roten-Panda-Pärchens, den kuscheligen Mitbewohnern der Tahre. Behrens: "Die leben auf einer Kiefer auf einer kleinen Insel innerhalb des Felsengeheges. Eigentlich sollte ein Stromzaun verhindern, dass die Tahre auf die Insel gelangen - aber George hat sich da irgendwie schon einmal durchgeschummelt."

Und auch in die zweite Behausung der Roten Pandas - eine Höhle innerhalb des Felsens, der übrigens künstlich und kunstvoll schon zur Tierparköffnung 1907 geschaffen wurde und seit 1997 unter Denkmalschutz steht - hat sich George schon gezwängt. "Er hat einfach den sogenannten Schieber, eine Metalltrennwand, nach oben geschoben und ist so in den Innenraum gelangt." Gut, dass die Roten Pandas gerade nicht in der Höhle waren, sonst wäre es vielleicht ein wenig eng geworden. Doch eigentlich wechseln sich die beiden Tierarten ganz geschickt auf der Anlage ab - die Tahre als tagaktive und die Pandas als nachtaktive Bewohner.

Himalaja-Tahre, die mit Ziegen und Schafen gleichermaßen verwandt sind, leben - wer hätte es gedacht - in der Himalaja-Region, von Kaschmir bis ins westliche Bhutan. Dort besiedeln die bis 1,40 Meter langen, bis zu einen Meter hohen und bis zu 90 Kilogramm schweren Tiere mit den kurzen, kräftigen Beinen in Höhenlagen zwischen 2500 und 4400 Meter Rhododendren-Wälder ebenso wie alpine Matten mit Zwergsträuchern und Gräsern.

Die geschickten Kletterer, bei denen ausgewachsene Männchen imposante, bis zu 45 Zentimeter lange, nach hinten gebogene Hörner bekommen, gelten eher als scheu. "Wie gesagt, neugierig sind sie, aber sie halten immer einen gewissen Abstand zu uns. Anfassen ist nicht", sagt Sebastian Behrens. Dabei würde gerade die dichte Mähne im Halsbereich des alten Männchens sicherlich den einen oder anderen Besucher reizen, einmal hineinzugreifen. George hat diesbezüglich und auch bei der Hornlänge - ähnlich wie die erwachsenen Weibchen - nicht ganz so viel zu bieten.

Müssen die Pfleger die Tiere einmal anfassen, etwa für eine medizinische Untersuchung, geben die Tahre beim Einfangen einen pfeifenden Warnlaut von sich. Dieses geschieht jedoch äußerst selten - meist ist aber der direkte Kontakt auch nur direkt nach der Geburt nötig. Behrens: "Da versehen wir die Jungtiere mit einem Chip, der unter die Haut gespritzt wird und mit dem wir die Individuen genau auseinanderhalten können. Das müssen wir nur gleich am ersten Tag machen, weil Tahre sofort klettern können und direkt hinter der Mutter herturnen - dann kriegen wir sie sonst fast nicht mehr."

George, der seinen Namen von Mount-Everest-Namensgeber Sir George Everest hat, bleibt aber gerne auch einmal am Boden. Denn da gibt es Gras, Heu und Rüben. Und das kommt seiner Verfressenheit sehr entgegen.

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