Mit Paul Bocuse drehte Winkler einst den TV-Mehrteiler “Bon Appetit“. Als erster deutscher Koch erhielt er das Bundesverdienstkreuz.

Hamburg. Sein erster Hamburg-Besuch liegt schon etwas zurück, hat aber Gewicht: Mit niemand Geringerem als Paul Bocuse drehte Heinz Winkler vor 22 Jahren den TV-Mehrteiler "Bon Appetit". "Wir wohnten im Hotel Vierjahreszeiten und gingen oft bei Kollegen essen - eine herrliche Zeit!" Demnächst ist der Ausnahmekoch wieder zu Besuch bei Kollegen: Beim Großen Gourmetpreis am 17. Juni auf dem Süllberg wird Winkler als Ehrengast Karlheinz Hauser, Thomas Martin und Christoph Rüffer unterstützen.

Der 61-Jährige ist 21-fach ausgezeichneter Drei-Sterne-Koch, erhielt dafür 2001 als erster deutscher Koch das Bundesverdienstkreuz. Bei ihm gingen zahlreiche Spitzenköche in die Lehre, darunter Cornelia Poletto. Seine Residenz in Aschau im Chiemgau feiert in diesem Jahr 20. Jubiläum.

Er ist, wie man in Süddeutschland sagt, ein Naturbursche, und das prägt auch seinen Stil zu kochen: "Ich bin auf dem Land aufgewachsen, bei uns kam alles pur auf den Tisch, ohne Ketchup oder anderen Schnickschnack. Ich vertraue natürlichen Produkten."

Seine berühmte "Cuisine Vitale" basiert auf alten Rezepten und vielen frischen Kräutern. "Die Gäste sollen sich damit wohlfühlen und keinen Schnaps hinterher trinken müssen. Es ist eine Küche für jeden Tag." Abgesehen vom Preis. Ein Fünf-Gang-Menü in Aschau kostet 145 Euro - dafür bekommt der Gast neben kulinarischer Spitzenqualität auch noch eine atemberaubende Bergkulisse serviert.

Heinz Winkler ist ein Arbeitstier. Seit seinem 14. Lebensjahr ist Kochen "Hobby, Beruf und Leben", Ablenkung etwa durch Bücher oder Fernsehen unerwünscht. Nur die Familie findet Platz neben der Küche. Mit seiner zweiten Lebenspartnerin hat Winkler einen zweijährigen Sohn - "er gibt mir ganz neue Inhalte". Denkt der Sternekoch an seine eigene Kindheit, erinnert er sich an seinen Vater, der das Kochen notdürftig übernahm, als die Mutter früh verstarb. "Ich habe wenig gegessen", sagt Heinz Winkler, "aber schon früh einen feinen Geschmackssinn entwickelt." Das sei eine Gabe, aber man könne auch immer viel dazulernen. Nach der Ausbildung in Meran ging der Jungkoch auf mehrere Auslandsstationen, bis ihm die Nachfolge im legendären "Tantris" angeboten wurde. "Nach wenigen Monaten als Koch ging Eckhard Witzigmann zur 'Aubergine' - und keiner wollte dieses schwere Erbe antreten." Winkler traute sich. Es war sein Karriere-Sprungbrett. Innerhalb von drei Jahren erkochte das Jungtalent für das Münchner Restaurant den dritten Stern. Es folgten zehn weitere Auszeichnungen - bis sich Winkler entschloss, etwas Eigenes in der bayerischen Provinz aufzubauen. "In der Stadt ist zu viel los. Man wird auf eine Vernissage eingeladen, es kommen Bekannte vorbei. Auf dem Land konzentriert man sich auf das Wesentliche, auf sich." In Aschau kamen zehn weitere Michelin-Sterne hinzu.

Bei aller Freude über den Sternenglanz: Jede neue Auszeichnung sei auch eine weitere Verpflichtung. "Die Gäste kommen deswegen ins Restaurant und erwarten Außergewöhnliches. Natürlich setzt einen das unter Druck." Dieser Druck ist gleichzeitig sein Antrieb: "Ich denke, dass man sich immer weiter verbessern muss."

2009 verlor Winkler den dritten Stern. Ein Drama? "Nein, denn man darf das Leben nicht nur danach bewerten. Aber wir strengen uns natürlich an, um den Stern wieder zurückzuholen", sagt der Buddhist, der fest an ein Leben nach dem Tod glaubt. Im hiesigen Dasein schwört der Meister auf geschmorte Kalbsbäckchen in Burgundersauce und zufriedene Gäste. "Ich bin glücklich, wenn im Restaurant alles gut gelaufen ist. Und dann würde ich mich natürlich freuen, wenn auch einige Hamburger mal den Weg nach Aschau in meine Residenz finden."