Unsere Lieblingsrezepte - empfohlen von Abendblatt-Lesern, erklärt von Sternekoch Heinz Wehmann

Etwas Ordnung im Frikadellen-Wortschatz kann nicht schaden. Bei den vielen Begriffen für ein und dieselbe Sache kann man sich schon mal vertun. Fangen wir im Norden an. In Hamburg und auch noch im Rheinland heißen die aus Hackfleisch, Brot und Ei geformten Kugeln Frikadellen. In Bayern hingegen käme man mit diesem Wort vermutlich nicht besonders weit, da sind die stur. Wer dort ein Brötchen haben möchte, bestellt besser eine "Semmel", und wer dazu eine Frikadelle wünscht, bittet um "a Fleischpflanzerl". Mit Pflanzen hat das wenig zu tun - das Wort geht vielmehr auf den Begriff "Pfanzel" zurück, eine Abkürzung für Pfannzelte. Und Pfannzelte wiederum steht für Pfannkuchen oder etwas "in der Pfanne Gebackenes". So betrachtet erscheint der Begriff gar nicht mehr so komisch.

Die Schwaben und Franken nennen die Frikadelle Fleischküchle, die Österreicher sagen dazu Fleischlaibchen oder faschiertes Laibchen; Faschiertes bedeutet Gehacktes. Ansonsten gibt es noch die Begriffe Hacksteak, deutsches Beefsteak, Fleischbratling, Fleischklops und Brisolette. Und natürlich die Berliner Bulette. Die Bulette soll von dem französischen "boulette" für "Kügelchen" abstammen - oder von "boulet" für Kanonenkugel, passend zu der hübschen Legende mit den Hugenotten: Die hätten nämlich, als der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1640-1688) ihnen 1685 Asyl gewährte, die Fleischklopse aus Frankreich mitgebracht. Das Gericht sei vor allem beim Militär sehr beliebt gewesen. Ob das stimmt, ist fraglich, denn bis ins 19. Jahrhundert hießen Fleischbällchen jeder Art in Berlin noch Klops.

Die Frikadelle scheint ihren wahren Ursprung in Holland zu haben. Dort kennt man den Begriff "fricadel" immerhin schon seit dem 16. Jahrhundert. Die heutige Fast-Ffood-Spezialität "Frikandel" - man spricht das mit Betonung auf "del" - erinnert äußerlich zwar an eine Wurst, besteht aber ebenfalls aus gebratenem Hack. Und in einem deutschen Kochbuch, das Ende des 17. Jahrhunderts erschienen ist, heißt es, die Deutschen hätten die Frikadellen den Holländern zu verdanken. Und somit sind wir wieder im Norden gelandet.