Zum Verkehrspiloten ist es ein harter Weg. Die großen Airlines werden von Bewerbern überrannt - die Ausbildung kann aber auch privat absolviert werden.

Langsam rollt die Cessna zwischen den anderen Sportflugzeugen hindurch zur Startbahn auf dem Flugplatz Uetersen, beschleunigt mit ihren 180 PS und hebt sich gemächlich in den wolkenlosen Himmel. Was für viele Hobbypiloten schon das höchste der Gefühle wäre, ist für Julius Neumann nur ein weiterer kleiner Schritt auf dem Weg zum großen Ziel: Verkehrspilot.

In Flugstunde 35 geht es gemeinsam mit Fluglehrer Florian Knack zum Hamburg Airport. "Dort landen wir, verlassen die Landebahn, machen einen kurzen Stopp am Geschäftsfliegerzentrum. Auf dem Rückflug überfliegen wir die Alster und folgen der Elbe zurück bis Wedel", beschreibt er die Route, "bevor wir dann wieder Uetersen anpeilen." "Vom Fußgänger zum Verkehrspiloten in zwei Jahren, wenn alles glattläuft", so formuliert der 28-Jährige das Ziel der Ausbildung an der Flugschule Hamburg. Das Unternehmen bietet denjenigen eine Alternative, die bei Lufthansa oder Air Berlin wegen der derzeit extrem hohen Bewerberzahlen abgelehnt wurden.

+++Viele Promis fliegen gern mit Air Hamburg+++

"Vor zehn Jahren wurde die Flugschule gegründet. Dann folgte mit Air Hamburg zusätzlich die Gründung einer regionalen Airline. Der Bedarf für ein Luxusprodukt für Hamburger Unternehmer, die schnell und flexibel Geschäftsreisen durchführen wollen, war da. Mittlerweile haben wir neun Privatjets und fliegen europaweit bis nach Nordafrika", sagt Flugschulen-Bürochefin Manuela Witt. Man bilde heute Privat- wie Berufspiloten aus. Rund 100 Flugschüler seien derzeit eingeschrieben, davon wollen 50 wie Julius Neumann eine Ausbildung zum Verkehrspiloten absolvieren. Bei einer Pilotenausbildung gehe es um den Erwerb einer Lizenz vergleichbar einem Führerschein. Abitur ist keine zwingende Voraussetzung, Kenntnisse in English, Physik und Mathematik sowie die Fähigkeit zum systematischen Denken sollten Interessenten allerdings mitbringen. Sind die Voraussetzungen erfüllt und liegen die medizinische Eignung sowie eine Sicherheitsüberprüfung vor, dann kann es losgehen.

Der erste Schritt ist die Privatpilotenlizenz PPL (Private Pilot Licence). 45 Flugstunden sowie eine Theorieprüfung sind dazu gefordert. "Ich habe mich am 19. Januar angemeldet. Zwei Wochen später hatte ich schon meine erste Flugstunde", erinnert sich Neumann und ergänzt, "natürlich unter Anleitung. Start und Landung hat der Lehrer so geführt, dass er jederzeit hätte eingreifen können. Im Prinzip konnte ich aber alles selber machen. Das war eine schöne Motivation." Darum, dass man auch die richtigen Lufträume nutzt, kümmere sich anfänglich ebenfalls der Fluglehrer. Gerade in einer Großstadt wie Hamburg gebe es zahlreiche Limitationen im Luftraum. Beim PPL werde zudem nur auf Sicht und nicht durch Wolken geflogen. Der Instrumentenflug beginne im zweiten Teil der Ausbildung. Im Anschluss an die erfolgreiche PPL-Prüfung, etwa nach einem Jahr, folgt dann ein Fernstudium zur Verkehrspilotenlizenz ATPL (Airline Transport Pilot Licence). Zu dieser theoretischen Ausbildung muss dann die Berechtigung zum Instrumentenflug erworben werden. Hier sind weitere 55 Stunden Flugpraxis nötig. Als letzte Lizenz steht mit weiteren 15 Flugstunden die CPL (Commercial Pilot Licence) auf dem Programm. "Damit hat der angehende Pilot dann alle notwendigen Lizenzen in der Tasche", so Manuela Witt. Theoretisch könne man damit bis zum A380 alles fliegen. Praktisch müssen Piloten allerdings für jedes Flugzeugmodell ein sogenanntes Typerating absolvieren. Diese Flugschulung beinhaltet eine theoretische und praktische Einweisung des Luftfahrzeugführers auf dem entsprechenden Modell.

+++Ein Tag im Leben eines ... Piloten+++

Die Kosten für diesen etwas unbekannteren Weg ins Cockpit von Verkehrsflugzeugen liegen bei rund 63 000 Euro. Es gebe allerdings Finanzierungsmöglichkeiten, etwa über flexible Kredite der Lufthansa-Tochter Albatros, sagt Manuela Witt. Der Vorteil der Ausbildung an der Flugschule Hamburg liege vor allem darin, dass sie nebenberuflich absolviert werden könne. Davon profitiert auch Julius Neumann, der weiter als Rettungsassistent arbeitet und sich so den Pilotenschein finanzieren kann. Andere angehende Verkehrspiloten arbeiten nach Erwerb der notwendigen Berechtigungen an der Flugschule nebenbei als Fluglehrer. Und er freut sich schon auf die nächste Herausforderung in Stunde 36: den Solo-Überlandflug von Uetersen über Sankt Peter-Ording und Rotenburg/Wümme, das erste Mal ohne Fluglehrer.