Jobsharing in Managementpositionen - welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit das ein akzeptables Modell für Unternehmen werden kann.

Führen in Teilzeit - bei diesen Thema herrscht Skepsis unter deutschen Personalern. Wer führen will, muss auch da sein, wenn man ihn braucht. Der Wille zur Führung äußert sich nicht zuletzt im Willen zur Leistung, ohne auf die Uhr zu schauen. Das ist die eine Realität. Auf der anderen Seite haben Unternehmen Probleme, Führungspositionen zu besetzen. Und in einigen, noch wenigen Fällen teilen sich dann zwei Führungskräfte, die beide nicht Vollzeit arbeiten können oder wollen, eine Aufgabe. Vom Begriff Jobsharing abgeleitet nennt man das "Topsharing".

"Am Anfang steht immer die Skepsis", sagt Susanne Broel. Die Bankerin hat sich von 2005 bis 2010 die Position einer Abteilungsleiterin mit einer Kollegin geteilt. Beide hatten zu der Zeit kleine Kinder. Da keine anderen Kandidaten verfügbar waren, eine externe Besetzung nicht infrage kam, erhielten die beiden Frauen als Führungs-Paar ihre Chance.

Topsharing startet meist als Notlösung, entpuppt sich aber richtig organisiert und vorbereitet als Erfolgsmodell. Broel hat ihre Erfahrung zum Ausgangspunkt einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit an der privaten Steinbeis-Hochschule gemacht. Dabei hat sie herausgefunden, dass nur 34 Prozent der Befragten das Modell Topsharing kennen, obwohl 51 Prozent der Unternehmen über Teilzeit in Führungspositionen nachdenken.

Wer Topsharing einführen will, muss so einiges im Vorfeld regeln. Was, wenn einer der beiden Partner ausscheidet? Stockt der andere zur Vollzeitkraft auf? Ob beide Partner unter dem Druck des Alltagsgeschäfts wirklich harmonieren und als eine Einheit nach außen auftreten, ist im Vorfeld nie ganz sicher zu prognostizieren. Was passiert also im Konfliktfall? Das sollte im Vorwege geklärt sein.

Über Jahre durchweg positive Erfahrungen mit Teilzeitmodellen in Führungspositionen macht der Hamburger Konzern Saga GWG. "Aktuell haben wir mehrere Führungskräfte, die zeitreduziert tätig sind und darüber hinaus ein echtes Topsharing-Paar", sagt die Personalchefin Sabine Bormann. Auf die Frage nach der größten Herausforderung bei der Umsetzung eines solchen Modells antwortet sie: "Abstimmen, abstimmen, abstimmen! In dieser beruflichen Ehe geht es um Sympathie, Respekt, Verlässlichkeit und Vertrauen. Um es aber auch ganz deutlich zu formulieren: Nicht jede Führungskraft ist Topsharing-kompatibel, und nicht jedes Führungsdoppel funktioniert."

In den meisten Fällen haben die Topsharing-Partner jeweils einen 60-Prozent-Vertrag, hat Susanne Broel bei ihrer Untersuchung festgestellt. Auf ungefähr zehn Prozent schätzt sie den Mehraufwand, der durch die intensive Abstimmung entsteht. In ihrem Fall half ein gemeinsamer E-Mail-Eingang auf dem Blackberry. Jede E-Mail, die sie bekam, landete auch bei ihrer Kollegin. Ein gemeinsames Laufwerk diente als Sammelstelle für die Daten. Die alltägliche Status-E-Mail mit der Protokollierung der wichtigsten Ereignisse und natürlich das Telefon gehörten bei ihr zum Pflichtprogramm. Im ersten Halbjahr half noch ein Coach, Einzel- und Gemeinschaftsziele auseinanderzuhalten.

"Entscheidend für die Akzeptanz und das Gelingen von Topsharing-Modellen ist die Unternehmenskultur", hat Bankerin Susanne Broel festgestellt. Für die Personalleiterin Sabine Bormann ist die uneingeschränkte Unterstützung und Förderung durch die Unternehmensleitung notwendig.

Für den Betriebsberater des Projekts "Worklife", Jan Blobel, hat Topsharing auch mit dem Organisationsgrad des Unternehmens zu tun. "Je strukturierter und systematisierter die Aufgaben einer Führungsrolle sind, desto mehr besteht die Möglichkeit, diese aufzuteilen." Im Gegenzug bedeutet das, je mehr improvisiert wird, desto ungeeigneter ist das Unternehmen. "In vielen Unternehmen heißt es, der Abteilungsleiter muss die Aufgaben bewältigen, die reinkommen. Aber man weiß nicht genau, was reinkommt," schildert Blobel eine alltägliche Beratungssituation.

Überall da, wo Führungskräfte über große Distanzen führen, wo unmittelbare Präsenz nicht mehr entscheidend ist, können auch Topsharing-Modelle funktionieren. Weniger geeignet sind aus Blobels Sicht Branchen, die mit dem unmittelbaren Dienst am Menschen zu tun haben, wie die Medizin. Zwei Chefärzte im Topsharing kann auch Jan Blobel sich nicht vorstellen.

Für Väter und Mütter mit kleinen Kindern, für die Betreuung von Pflegefällen in der Familie oder auch als Altersteilzeit zur Einarbeitung eines Nachfolgers ist der geteilte Chefsessel ein heute noch unterschätztes Modell.