Schlechte Stimmung breitet sich aus, es wird zynisch übers Management geredet - das können Anzeichen fürs Ausbrennen eines Unternehmens sein.

Dass Menschen im Job "ausbrennen", ist heute ein allgegenwärtiges Problem. Aber können auch ganze Unternehmen unter einer Art Burn-out leiden? Ralf Haake, Seniorconsultant der SO-Beratergruppe, ist davon überzeugt. "Die Anfänge erkennt man an verschiedenen Merkmalen", sagt er. "Die Krankenstände gehen nach oben, Mitarbeiter reden zynisch über das Management, die Zahl der Mobbingfälle steigt", gibt er Beispiele. "Und die Fluktuation wächst meistens gleich mit."

Betroffen sind nicht unbedingt die erfolglosen Firmen, in denen der Frust wächst, sagt Haake. "Das kann durchaus gerade besonders gehypten und erfolgreichen Unternehmen passieren." Beispiel: Wenn eine Firma ein großes und lange verfolgtes Ziel erreicht habe, entstehe mitunter eine emotionale Leere, die das Management nicht neu zu füllen versteht. Vom Burn-out besonders bedroht seien Unternehmen, die fusioniert wurden. "Wenn Wertekulturen sich ändern", sagt Haake, "zum Beispiel, wenn ein amerikanischer Konzern eine deutsche Firma schluckt." Es könne eine Antihaltung in der Belegschaft entstehen, die dem Management das Unternehmen entgleiten lässt.

+++Unternehmen brennen aus+++

"Wo Mitarbeiter nicht in die Prozesse eingebunden sind, wächst das Desinteresse und sinkt das Engagement", sagt Bastian Brinkmann, der jahrelang für die studentische Unternehmensberatung Hanseatic Consulting gearbeitet hat und just in einen hauptberuflichen Beraterjob gewechselt ist. Gefährdet sieht er Teams oder ganze Unternehmen, wenn Mitarbeiter nur noch ihre Zeit absitzen: "Wenn sie des Geldes wegen da sind und nicht, weil ihre Tätigkeit ihnen Spaß macht." Eine solche Lustlosigkeit könne im Unternehmen zügig um sich greifen.

"Schließlich tauschen die Menschen sich aus und reden über ihre Zufriedenheit mit der Arbeit", sagt Thomas Lau, Mitglied der Geschäftsleitung der Unternehmensberatung Putz & Partner. Aus einem individuellen Gefühl könne so ein Gemeinschaftsgefühl werden. Dass ganze Unternehmen auf diese Art in Gefahr geraten können, glaubt er indes nicht. Er hält ein gemeinschaftliches Ausbrennen nur in kleineren Einheiten, zum Beispiel in Handwerksbetrieben oder in einzelnen Teams im Unternehmen, für möglich. "Allerdings würde ich es nicht Burn-out nennen", sagt er. "Das wäre den Menschen gegenüber fahrlässig, die tatsächlich unter einem Burn-out leiden."

+++"Finger Weg!": Sich selbstbewusst wehren+++

Doch egal, wie man es nennt, was können Unternehmen dagegen tun, wenn sich eine schleichende Unzufriedenheit breitmacht? Wie so vieles, ist es eine Führungsaufgabe: "Die Impulse müssen in dieser Situation aus dem Management kommen", sagt Ralf Haake. Wenn sie denn kommen: "Oft traut man sich im Unternehmen nicht, eine Bestandsaufnahme zu machen, denn man will nicht glauben, dass die eigene Organisation am Ausbrennen ist." Dennoch wäre das der erste Schritt: eine Anamnese, zum Beispiel durch Mitarbeiterbefragung oder informeller in Einzelgesprächen mit den Mitarbeitern.

Haake rät der Personal- und Geschäftsleitung außerdem dazu, sich mit einer vertrauenswürdigen Person von außen zu beraten und sich weniger auf Kennzahlen zu konzentrieren: "Denn die Zahlen sind oft sogar noch o. k." Es sei häufig mehr ein Empfinden, dass die Stimmung im Unternehmen kritisch werde. Ignorieren und weitermachen sei jedenfalls der falsche Weg, sagt Ralf Haake: "Denn ist die Stimmung erst einmal gekippt, ist es sehr schwierig, eine Kehrtwende herbeizuführen."

+++Wo Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen+++

Den Unterschied macht Kommunikation: "Durch die Arbeitsverhältnisse heute herrscht ja oft eine große Distanz", sagt Thomas Lau. "Nicht jeder sieht seinen Vorgesetzten täglich." Verantwortung der Führungskraft sei es dennoch, auf den einzelnen Mitarbeiter zu achten: Wie bewegt er sich? Wie reagiert er auf neue Aufgaben? Verliert er womöglich die Lust, sich zu engagieren?

Dreh- und Angelpunkt der Mitarbeitermotivation ist für Berater Bastian Brinkmann die Beteiligung des Teams. Dabei müsse der Mitarbeiter nicht nur auf dem Laufenden über Ziele und Prozesse im Unternehmen sein: "Er muss auch die Möglichkeit haben zu sagen, was er selbst von seiner Arbeit und seinem Arbeitsplatz erwartet." Jahresgespräche sind dafür nicht die richtige Plattform. "Da geht es oft um das Gehalt, da sagt keiner, was ihm am Unternehmen nicht gefällt", glaubt Brinkmann. Regelmäßige Gespräche in kürzeren Abständen müssten stattfinden. Auf Missstände hinzuweisen müsse für die Beschäftigten selbstverständlich werden. "Denn wenn Führungskräfte Mitarbeiter intensiv einbeziehen, erkennen sie frühzeitig, wenn etwas schiefläuft."

Misstrauen könne durchaus die erste Reaktion sein, wenn Mitarbeiter plötzlich vom Management nach ihrer Meinung gefragt und über Abläufe informiert werden. "Die Mitarbeiter werden das 'neue' Verhalten des Managements kritisch prüfen", sagt Ralf Haake von der SO-Beratergruppe. "Aber irgendwann kommt das Aha-Erlebnis: 'Das machen die ja tatsächlich!'" Doch er sagt auch: "Schnell werden Veränderungen nicht greifen."