20 Prozent plus sind nach Abschluss einer Promotion in Fach- und Führungsjobs möglich. Forschungsprojekte sollten schnell durchgezogen werden.

Maja Tomaschunas trifft mit ihrem Promotionsthema einen Nerv der Zeit. Mehr als zwei Drittel aller Männer und gut die Hälfte der Frauen in Deutschland sei übergewichtig, hat jüngst eine Studie des Berliner Robert-Koch-Instituts ermittelt. Tomaschunas' Forschung könnte da in ein paar Jahren Abhilfe schaffen: Die Diplom-Ökotrophologin hat sich auf das Fachgebiet Sensorik spezialisiert und sucht nach Wegen, schmackhafte und appetitliche Lebensmittel zu produzieren, die nicht dick machen.

"Ich beobachte beispielsweise, wie sich Fettreduktion auf Aussehen, Geruch, Geschmack und Textur sowie auf die Konsumentenakzeptanz auswirkt", erklärt die 28-Jährige, die an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, Fakultät Life Sciences, promoviert. Dabei experimentiert sie etwa mit Insulin, Citrusfasern und Reisstärke als Ersatz für Fett in Lyoner- und Leberwürsten.

Promovieren an einer Fachhochschule - geht das überhaupt? Möglich wird es für Maja Tomaschunas und ihre Kommilitonen durch eine Kooperation der HAW mit der Universität Hohenheim. Denn Fachhochschulen haben kein eigenes Promotionsrecht. Die HAW Hamburg kooperiert deshalb mit verschiedenen Universitäten, bei denen die Verleihung des Doktorgrades liegt. "Die Forschungsaktivitäten an Fachhochschulen nehmen immer mehr zu - und zwar quantitativ und qualitativ. Deshalb streben wir ein eigenes Promotionsrecht bis 2020 an", sagt Tomaschunas' Doktormutter, Mechthild Busch-Stockfisch, Professorin für Sensorik und Produktentwicklung an der HAW.

+++Doktoranden fordern gemeinsame Standards+++

Tomaschunas hofft, in einem Jahr ihren Doktortitel zu haben. Damit hätte sie viereinhalb Jahre gebraucht und läge gut in der Zeit. "Deutschlandweit beträgt die Promotionsdauer real meines Wissens etwa fünf Jahre", sagt Professor Zita Schillmöller, Leiterin des Promotionskollegs an der HAW Hamburg. Doch angestrebt durch die dritte Phase des Bologna-Prozesses sei eine Promotionszeit von drei Jahren. Das käme dem Zeitraum nahe, den Tiemo Kracht für sinnvoll hält. "Eine Vollzeit-Promotion sollte in zwei bis zweieinhalb Jahren abgeschlossen sein", sagt der Geschäftsführer der Kienbaum Executive Consultants. Werde nämlich zu lange und ohne schlüssige Erklärung promoviert, könnten Fragen auftauchen. Es entstehe möglicherweise der Eindruck eines kauzigen Gelehrten, der im Elfenbeinturm vor sich hin forscht.

Ob der Doktortitel einen Karrierevorteil bringt, ist branchenabhängig. "Im Bereich Chemie ist eine Promotion unverzichtbar, ebenso in den Bereichen Forschung und Entwicklung mit Fokus Maschinen- und Anlagenbau oder in anderen ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen." In vielen anderen Branchen hingegen seien eher Berufserfahrung, Projektexpertise oder Führungsqualitäten gefragt, sagt Kracht. Dafür lohne sich der Titel oft finanziell. "Die Erfahrung zeigt, dass promovierte Fach- und Führungskräfte ein um 15 bis 20 Prozent höheres Jahreseinkommen generieren."

+++Graduiertenschule von HAW und Universität+++

Zunächst muss jedoch der Weg zum "Dr." finanziert werden. Maja Tomaschunas verdient ihr Geld bereits mit ihrer Doktorarbeit. Sie promoviert im Rahmen eines hochschulübergreifenden Forschungsprojekts das unter anderem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert wird. "Formal bin ich dadurch bei der HAW Hamburg angestellt. Mit meinem Gehalt kann ich keine großen Sprünge machen, aber es reicht zum Leben."

Der Schritt zur Promotion sollte gut überlegt sein. "Es gehört Ehrgeiz dazu, Selbstdisziplin und Geduld, um Durststrecken zu überstehen." Doch gerade solche Qualitäten sind in der Wirtschaft sehr gefragt, sagt Karriereexperte Kracht. "Der ,Dr.' steht für einen hohen inhaltlichen Anspruch an die eigene Person. Er steht für Ambition, Durchhaltevermögen, fachliche Stärke und strukturiertes Arbeiten."

Auch Professorin Mechthild Busch-Stockfisch achtet bei der Auswahl ihrer Promovenden auf den inneren Antrieb. "Sie sollten für ihr Forschungsgebiet brennen." Busch-Stockfisch weiß, wovon sie spricht. Die Ökotrophologin hat mit 29 Jahren berufsbegleitend promoviert. "Das war alles andere als leicht, aber wer von seinem Vorhaben 100-prozentig überzeugt ist, kann alles schaffen."