Berlin. Die Bundesnetzagentur plant, dass Netzbetreiber Geräte bei Überlastung des Stromnetzes drosseln können. Dagegen regt sich Widerstand.

Ein breites Verbände-Bündnis kritisiert die Bundesnetzagentur für ihren Plan, sogenannte steuerbare Verbrauchsgeräte bei einer Überlastung des Stromnetzes abdrosseln zu dürfen. Bei steuerbaren Verbrauchsgeräten handelt es sich beispielsweise um Wärmepumpen, Wallboxen für E-Autos, Klimaanlagen und Stromspeicher, die im Zuge der Energiewende wohl Millionenfach in deutschen Haushalten in den kommenden Jahren eingebaut werden. Bei Stromengpässen und Überlastung der Netze plant die Bundesnetzagentur Netzbetreibern zu erlauben, ab 2024 sämtliche neu installierte Geräte einseitig und unbegrenzt herunterregeln zu dürfen.

In einem offenen Brief, der dieser Redaktion vorliegt, kritisiert das Bündnis, zu dem der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der Verband der Automobilindustrie (VDA), sowie der Bundesverband Wärmepumpen (bwp) und der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) gehören, dieses Vorhaben als unverhältnismäßig, einseitig und verbraucherunfreundlich. Zwar sei eine Steuerung im Ausnahmefall erforderlich, um die Funktionsfähigkeit des Stromnetzes aufrechtzuerhalten. Allerdings sollte diese Notfall-Steuerung unbedingt durch ein präventives Instrument, wie zeitvariable Netzentgelte oder Flexibilitätsentgelte, ergänzt werden, so die Forderung des Bündnisses.

Verbraucherschützerin: Alternativen zur Leistungsdrosselung möglich

Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, erklärt: „Zeitvariable Stromtarife würden einen Anreiz setzen, um das E-Auto oder die Wärmepumpe dann aufzuladen, wenn viel Strom im Netz ist. Das würde eine Überlastung der Netze vermeiden, den Netzausbau kostengünstiger machen und den privaten Haushalten Geld sparen.“ Sie ist sich sicher: „Zeitvariable und flexible Stromtarife sind die deutlich bessere Alternative zur Leistungsdrosselung.“

Es ist bereits der zweite Anlauf der Bundesnetzagentur, die Integration der sogenannten steuerbaren Verbrauchseinrichtungen in das Stromnetz neu zu regeln. Der erste Versuch scheiterte vor zwei Jahren. Mit einem neuen Eckpunktepapier legte die Bundesnetzagentur Ende vergangenen Jahres dann neue Vorschläge vor - und erntet mit manchen auch Lob von Seiten des Bündnisses. So werde beispielsweise die Pflicht zum Einbau eines zweiten Zählers entfallen und geringere Netzentgelte für Haushalte mit steuerbaren Verbrauchsgeräten kommen. Das Bündnis schreibt: „Es ist richtig, die Digitalisierung der Stromnetze schneller voranzutreiben und privaten Haushalten einen Anspruch auf einen sofortigen Netzanschluss mit ausreichender Kapazität für steuerbare Verbrauchseinrichtungen einzuräumen.“

Forderung: Netzausbau und Digitalisierung vorantreiben

Eine mögliche Netzüberlastung müsse jedoch präventiv vermieden werden, fordert das Bündnis in seinem Schreiben. „Um das Problem aber bei der Wurzel zu packen und nicht nur Notfälle aufwendig zu verwalten, sind ein umfassender Ausbau und eine Digitalisierung der Stromnetze unter Einhaltung des Datenschutzes zwingend erforderlich.“ Robert Busch, Geschäftsführer beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft, sagt: „Anstatt die Leistung zu drosseln, sollten die Netzbetreiber den Netzausbau vorantreiben und die gefährdeten Netzstränge vorrangig digitalisieren.“

Hildegard Müller, VDA-Präsidentin, stimmt ihm zu: „Wir müssen mögliche Engpässe im Verteilnetz schon vorab in den Griff bekommen. Wenn das Laden zu Hause nur eingeschränkt möglich wäre, würden erhebliche Komforteinbußen drohen. Das ist eine potenzielle Gefahr für das Verbrauchervertrauen, die wir schnell ausräumen müssen.“