Immer mehr Hamburger Millionäre leisten sich ein eigenes Gut. Das klingt romantisch, doch der wirtschaftliche Betrieb ist schwierig

Einmal wie Dornröschen schlafen, sich wie ein Prinz fühlen oder zwischen Ruinen der Vergangenheit alter Herrscherfamilien nachspüren, das wollen derzeit immer mehr Investoren. „Früher haben wir 40 bis 45 Schlösser im Jahr vermittelt, heute sind es 75“, sagt Bodo Graf von Hardenberg, der leitende Immobilienmakler für historische Gebäude bei ASP Global Hotel Brokers, dem größten Schlossmakler Europas. Allein vor den Toren Hamburgs habe ASP derzeit vier Schlösser im Angebot, zugleich steige die Nachfrage stark an: „Steueroasen wie Luxemburg, die Schweiz oder die britischen Kanalinseln werden ausgetrocknet“, sagt Bodo Graf von Hardenberg, die Anleger müssten ihr Geld aber irgendwo parken. Aus diesem Grund und in Zeiten der Finanzkrise gewännen Schlösser für Investoren an Attraktivität. Zu den Kunden zählten dabei weniger Scheichs oder reiche Russen, die sich selten für die rustikalen, geschichtsträchtigen Immobilien mit wenig Komfort interessierten. Häufig unterschreiben bei dem Schlossmakler dagegen Unternehmerfamilien oder Stiftungen die Verträge.

Die Verwendungsmöglichkeiten der Güter seien sehr unterschiedlich: Von der Frage „wohin mit der Großfamilie?“, die mit einem kleinen Schloss für eineinhalb Millionen Euro beantwortet werden könne, bis zu wirtschaftlich motivierten Projekten. „Sie können das mit einem Bauernhof vergleichen“, sagt von Hardenberg. Einige Eigentümer nutzten ihr Schloss touristisch, andere bewirtschafteten das dazugehörende Land: Sie verkauften das Holz aus den Wäldern, züchteten Wollschweine oder Lamas. Der Grundbesitz habe in früheren Zeiten den Unterhalt eines Schlosses garantiert, daran habe sich bis heute wenig geändert. „Reich wird man damit nicht“, sagt von Hardenberg, schließlich könne allein ein neues Dach schnell Millionen kosten, aber es könne sich rechnen. Ein Hotel in die alten Räumlichkeiten zu integrieren, werde oft „abartig teuer“, oft lohne es sich eher, neben dem Schloss einen Zweckbau für ein Hotel zu errichten nach dem Motto „quadratisch, praktisch, gut“ und die Säle im historischen Gebäude nur für Events vorzuhalten.

„Man übernimmt auch Verantwortung mit dem Kauf eines Schlosses“, ergänzt Helmuth von Maltzahn von Gut Ulrichshusen, Es sei anachronistisch, dort selber zu wohnen und einen Zaun um das Grundstück zu ziehen, „dann grüßt Sie irgendwann niemand mehr“.

Die größte wirtschaftliche Herausforderung liegt laut von Hardenberg stets darin, die Energiekosten einzudämmen und in zeitgemäße Heizsysteme zu investieren. Andererseits verbiete es der Denkmalschutz häufig, beispielsweise Fußbodenheizungen einzubauen oder die alten Scheiben zu ersetzen. Bei Wasserschlössern hätten die Eigentümer auch schnell mal mit aufsteigender Feuchtigkeit zu kämpfen, weiß von Hardenberg. Grundsätzlich erfordere der Erwerb und der Erhalt eines Schlosses eine Menge Wissen in verschiedenen Bereichen, in einigen Fällen in der Landwirtschaft und der Architektur, immer aber wirtschaftlichen Sachverstand.

Es erscheint daher wenig verwunderlich, dass sich insbesondere Unternehmer für Schlösser interessieren: Jan Henric Buettner, 48, der Mann, der den Internetdienst AOL Deutschland aufgebaut hat, hat Schloss Weissenhaus an der Ostsee gekauft und zum Ferienresort ausgebaut, Constantin Stahlberg aus Harburg hat das Gut Hasselburg in Ostholstein erworben und renoviert, und auch der Hamburger Unternehmer Bolko Kissling wird bald Schlossherr im Norden: Der Partner von Vicky Leandros steht vor dem Kauf von Gut Salzau am Selenter See.