Nach der Leitzinssenkung der EZB erwarten Experten geringere Prämien für Tagesgeld. Schuldenkrise spricht für Anlage in Festgeld.

Hamburg. Viel Spielraum nach unten bleibt bei den Banken nicht mehr. Die Zinsen für Spareinlagen sind zum Teil so niedrig, dass eine Weitergabe der jüngsten Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) von einem Viertelprozentpunkt sofort zu negativen Zinsen führen würde. So gibt es bei der Sparda-Bank Hamburg nur noch 0,20 Prozent auf das Tagesgeld. "Wir haben noch nicht entschieden, wie wir auf die Zinsentscheidung reagieren werden", sagt Dieter Miloschik von der Sparda-Bank Hamburg. "Aber negative Zinsen kann ich mir nicht vorstellen."

Und ein Zinssatz von null Prozent? "Ich kenne keine Bank, die ihren Kunden null Prozent Zinsen anbietet. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass eine Bank das machen würde", sagt Max Herbst, der mit seiner FMH-Finanzberatung die Entwicklung der Sparzinsen beobachtet. In der Schweiz ist dieser Zustand aber längst erreicht. Geldhäuser wie Züricher Kantonalbank, Credit Suisse oder Berner Kantonalbank zahlen ihren Kunden für ein einjähriges Festgeld 0,00 Prozent Zinsen.

Für deutsche Sparer ist das aber nur ein schwacher Trost. "Das Finanzsystem leistet für Sparer schon lange nicht mehr, was es eigentlich sollte", sagt Professor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. "Der Sparer wird nicht angemessen für sein Kapital entschädigt, das er der Volkswirtschaft zur Verfügung stellt." Denn auch wenn noch kein Minuszeichen vor den Zinsen steht - das Spargeld verliert an Wert, wenn der Zins nicht mindestens über der Inflationsrate liegt.

Beispiel: Bei der Hamburger Sparkasse gibt es laut des Vergleichsportals Biallo für ein einjähriges Festgeld 0,70 Prozent Zinsen. Nach einem Jahr stehen samt Zinsen 10.070 Euro auf dem Kontoauszug. Unter Berücksichtigung der für 2012 prognostizierten Inflationsrate von 2,2 Prozent beträgt die Kaufkraft des Ersparten 9850 Euro. Nimmt man an, dass die Zinsen noch versteuert werden müssten, wären es noch einmal rund 20 Euro weniger.

Solche Rechnungen werden künftig noch ungünstiger für die Sparer ausfallen. "Wir rechnen damit, dass die Zinsen für Tagesgeld nach der Zinssenkung der EZB weiter nachgeben werden", sagt Marcus Preu vom Finanzportal Biallo. In der Spitze gibt es beim Versicherer Cosmos Direkt noch 2,50 Prozent Zinsen. Der Zinssatz wird immer für ein Quartal im Voraus festgelegt. Der aktuelle Wert gilt bis Ende September. Dennoch ist das Geld täglich verfügbar.

Bereits im Vorfeld der EZB-Zinssenkung haben viele Anbieter ihre Konditionen für täglich fälliges Geld angepasst. So sank der Tagesgeldzins bei der Bank of Scotland, der Fidor Bank und der Amsterdam Trade Bank von 2,40 auf 2,25 Prozent. Bei der Targobank gibt es noch ein statt bisher 1,30 Prozent. Der Trend ist klar nach unten gerichtet, weil die Tagesgeldzinsen sehr stark auf Veränderungen des Leitzinses reagieren. Im Durchschnitt liegt die Verzinsung bei 1,18 Prozent, und viele Filialbanken liegen noch deutlich darunter.

Beim Festgeld ist die Tendenz nicht ganz so eindeutig. "Hier haben einige Banken die Zinsen erst kürzlich noch erhöht. Während andere entsprechend den Zinstrend senkten", sagt Preu. Die Santander Consumer Bank erhöhte die Zinsen für eine zweijährige Anlage von 2,75 auf 3,10 Prozent. Auch bei der Hanseatic Bank stiegen die Zinsen von 2,25 auf 2,50 Prozent.

Wird das Geld für einen bestimmten Zeitraum nicht gebraucht, bietet sich Festgeld an, weil dann die Zinsen - anders als beim Tagesgeld - während des Anlagezeitraumes nicht sinken können. "Das muss aber jeder anhand seiner Lebenssituation selbst entscheiden", sagt Preu. Werde das Geld nicht benötigt, spreche nichts dagegen, es für ein oder zwei Jahre festzulegen. Die Staatsschulden- und Bankenkrise erfordert noch für längere Zeit eine extreme Niedrigzinspolitik, sind sich die Experten sicher. Eine Drei vor dem Komma kann sich nur sichern, wer sein Geld für mindestens zwei Jahre anlegt.

Es sind vor allem ausländische Institute, die den Deutschen überdurchschnittliche Zinsen bieten. Viele unterliegen der niederländischen Einlagensicherung. Jeder Anbieter garantiert mindestens für eine Anlage von 100.000 Euro pro Kunde. So ist Moneyou ein Ableger der niederländischen ABN Amro Bank. Die Amsterdam Trade Bank ist eine Tochter der russischen Alfa Bank, unterliegt aber der Aufsicht durch die Niederländische Zentralbank. Hinter der deutschen AKF Bank, die vor allem den Mittelstand finanziert, stehen der Familienkonzern Vorwerk und das Bankhaus Lampe.

Inzwischen buhlt eine weitere niederländische Bank um die deutschen Spargelder. Das ist vor allem eine Kampfansage an Genossenschaftsbanken und Sparkassen, die in Deutschland über 77 Prozent der privaten Sparanlagen verfügen. Ausgerechnet die genossenschaftliche Rabobank lockt mit einem Zinssatz von 2,40 Prozent für das Tagesgeld und bis zu 2,70 Prozent für ein Festgeld von 90 Tagen.

"Wir wollen insbesondere Kunden von Banken und Sparkassen, die sich bislang mit niedrigen Sparzinsen zufriedengeben, für uns gewinnen", sagt Klaus Vehn, der das Privatkundengeschäft in Deutschland führt. Innerhalb der nächsten fünf Jahre will er gut ein Prozent des deutschen Sparvolumens für RaboDirect gewinnen. Das wären gut 18 Milliarden Euro. Das Institut ist bereits seit 1984 in Deutschland aktiv und finanziert Firmenkunden im Agrar- und Nahrungsmittelsektor.

Bei dem kurzfristigen Festgeld für 30 oder 90 Tage gibt es allerdings eine Besonderheit. Denn die Zinsen sind variabel und können also während der Laufzeit auch sinken. Die Bank verspricht lediglich, dass die Zinsen immer 0,10 Prozentpunkte über dem Tagesgeldzins liegen. Bei einer Zinssenkung kann der Kunde allerdings innerhalb von 14 Tagen das Geld ohne Kündigung zurückbuchen. Um sonst ganz oder teilweise an sein Geld zu kommen, muss der Kunde dies 30 oder 90 Tage vorher über das Onlinebanking ankündigen. Ob dieses neue Modell bei den deutschen Kunden ankommt, bleibt abzuwarten. Die Einlagensicherung beträgt 100.000 Euro pro Kunde. Eine Mitgliedschaft im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken ist nicht vorgesehen.