Der Sitz der erfolgreichen Tochter Max Bahr wird zur Konzernzentrale. In der Hansestadt entstehen dadurch 300 weitere Stellen.

Hamburg. Der Sanierer Thomas Fox ist für seine harten und kompromisslosen Entscheidungen bekannt. Als ein wenig ruppiges, aber durchaus erfolgreiches Raubein gilt der 54-Jährige in der Handelsbranche. Knapp zwei Monate hat sich der neue Chef der angeschlagenen Baumarktkette Praktiker Zeit gelassen, nun greift er radikal durch. Im Zuge eines umfassenden Investitions- und Umstrukturierungsprogramms wird die Konzernzentrale vom saarländischen Kirkel nach Hamburg verlagert, wo bereits das traditionsreiche Tochterunternehmen Max Bahr seinen Sitz hat. 300 Millionen Euro will Fox in den schlingernden Konzern stecken. Zugleich wird aber auch die Schließung von Märkten und der Abbau von Arbeitsplätzen geprüft.

"Durch die Verlagerung der Praktiker-Zentrale nach Hamburg wollen wir vor allem effizienter werden", sagte der Vorstandsvorsitzende Fox gestern Abend in einer eilig anberaumten Telefonkonferenz. Bei Max Bahr gebe es ein besonders gutes Sortimentsmanagement und einen gut organisierten Einkauf, der nun mit Praktiker zusammengelegt werden solle, erklärte der Sanierungsexperte, der früher schon für die Rettung des Karstadt-Konzerns verantwortlich war.

Durch den Umzug von Mitarbeitern aus Kirkel soll die neue Konzernzentrale in der Hansestadt um 300 auf dann insgesamt etwa 470 Beschäftigte aufgestockt werden. Sitz von Praktiker wird voraussichtlich die bisherige Max-Bahr-Zentrale in Wandsbek sein. "An einem Standort werden wir aber wohl nicht alle Mitarbeiter unterbringen können", sagte Fox. Man werde daher zusätzliche Gebäude beziehen müssen. Der Umzug soll noch in diesem Jahr beginnen und bis 2013 abgeschlossen sein.

+++ Praktiker will investieren und zieht nach Hamburg um +++

+++ Max Bahr bleibt einziger Lichtblick bei Praktiker +++

Während Hamburg und Max Bahr stark von den geplanten Umstrukturierungen profitieren, kommen auf die übrigen Beschäftigten des Konzerns harte Einschnitte zu. Allein in Deutschland will Fox insgesamt rund 1400 Arbeitsplätze abbauen. 30 der insgesamt 236 Praktiker-Märkte stehen auf der Kippe. "Wir können es uns in der jetzigen Situation nicht leisten, Verlustbringer weiter mitzuschleppen", erklärte der Vorstandschef.

Praktiker steckt schon seit Monaten in ernsten Schwierigkeiten. Schuld sind eine verfehlte Marketingstrategie und ein schwaches Auslandsgeschäft. Das Unternehmen hatte lange Zeit auf aggressive Preissenkungen gesetzt ("20 Prozent auf alles!") und dabei sowohl die Wünsche der Kunden als auch die Rendite aus dem Auge verloren. Die Hamburger Traditionskette Max Bahr, die seit 2007 zu Praktiker gehört, war zuletzt der einzige Gewinnbringer im Konzern. Während Praktiker insgesamt im dritten Quartal einen Verlust von 26 Millionen Euro einfuhr, kam Max Bahr auf einen operativen Gewinn von 6,4 Millionen Euro.

Das Angebot von Max Bahr ist im Gegensatz zu Praktiker eher im hochpreisigen Segment angesiedelt. Die Kette setzt besonders stark auf Dienstleistungen wie die Planung von Bädern oder groß angelegte Gartencenter. Bereiche, die der Vorstandschef weiter ausbauen möchte. Die Praktiker-Märkte definierten sich hingegen vor allem über den Preis und mussten nach Wegfall der ruinösen Rabattaktionen herbe Umsatzverluste hinnehmen. Kurzfristig habe man in den vergangenen Wochen sogar erwogen, Max Bahr als Dachmarke für alle Märkte auszuwählen, sagte Fox. Der Vorstand habe sich dann aber doch für einen Ausbau der Zwei-Marken-Strategie entschieden.

Fox sparte gestern nicht mit Kritik an der bisherigen Ausrichtung von Praktiker: Die Rabattaktionen seien wie eine "Droge" gewesen, die die Weiterentwicklung etwa im Sortimentsbereich über lange Zeit verzögert habe, meinte der Vorstandschef.

Die Einschnitte im Konzern machen nun auch vor dem obersten Management nicht halt. Der für Auslandsgeschäft, Standortmanagement und Personal zuständige Michael Arnold scheidet ebenso aus dem Vorstand aus wie der fürs Deutschlandgeschäft verantwortliche Pascal Warnking.

"In Summe werden diese Maßnahmen Praktiker in zwei Jahren wieder zu einer soliden Ertragslage verhelfen", sagte Fox. An der Börse wurde die Ankündigung begrüßt: Die im Kleinwerte-Segment SDax notierten Aktien von Praktiker sprangen um 7,6 Prozent auf 2,70 Euro. Seit Jahresanfang hatten die Aktien gut zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt.