Sanierer Thomas Fox soll die Baumarktkette Praktiker wieder in die Erfolgsspur bringen. Die Mitarbeiter in Hamburg sind beunruhigt, wie es weitergeht.

Hamburg. Dieter Hönemann wird oft angesprochen. Von beunruhigten Kollegen, die fragen, ob er weiß, wie es weitergeht mit der Hamburger Baumarktkette Max Bahr. Doch obwohl Hönemann stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats des Unternehmens ist, kann er momentan keine schlüssigen Antworten geben. "Alle warten auf Thomas Fox und dessen Pläne", sagte er gestern dem Abendblatt.

Fox, der Sanierer, der sich auch der Warenhauskette Karstadt angenommen hatte, tritt am 4. Oktober seinen neuen Job bei der Max-Bahr-Muttergesellschaft Praktiker an. Wenn der 54-Jährige geholt wird, steht in einem Unternehmen die Alarmstufe längst auf Rot. Der bisweilen als raubeinig beschriebene Westfale sieht sich selbst "eher als Notarzt und nicht als Schönheitschirurg". Und Praktiker soll er vor dem Exodus retten.

Über Jahre hat die Baumarktkette versucht, sich als Billigheimer zu präsentieren. "20 Prozent auf alles - außer Tiernahrung" lautete der Werbeslogan. Doch das Konzept ging nicht auf. Die Preisnachlässe bescherten dem Unternehmen vor allem Verluste. Allein im ersten Halbjahr lag das Minus bei 327,2 Millionen Euro. Die Probleme in den 440 Filialen in zehn Ländern sind vielfältig: Kunden blieben außerhalb der Rabattaktionen in den 331 deutschen Filialen aus, das Auslandsgeschäft schwächelt wegen der Euro-Krise. Im Sommer warf Vorstandschef Wolfgang Werner nach sieben Jahren an der Spitze des Unternehmens deshalb überraschend das Handtuch. Vor ein paar Wochen wurde die Praktiker-Aktie sogar aus dem MDax genommen, nachdem der Kurs kräftig gefallen war.

+++ Hamburger Baumarktkette Max Bahr muss Personal abbauen +++

Auf Fox wartet viel Arbeit. Das dürften auch die knapp 3000 Mitarbeiter von Max Bahr bald spüren. Die Hamburger Tochter ist zwar erfolgreicher als der Mutterkonzern, der Gewinn im ersten Halbjahr hat sich allerdings auf 8,8 Millionen Euro nahezu halbiert, wobei der Umsatz nur leicht auf 352,2 Millionen Euro zurückging. Ein Grund war der Sanierungsaufwand bei Max Bahr in Höhe von 7,8 Millionen Euro. In den vergangenen Monaten wurden unter anderem 160 Stellen bei der Baumarktkette gestrichen.

Während Praktiker in die roten Zahlen gerutscht ist, geht es dem Rest der Branche relativ gut. In den ersten sechs Monaten des Jahres seien die Umsätze - unter Berücksichtigung von Neueröffnungen und Schließungen - um mehr als drei Prozent höher gewesen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, meldet der Branchenverband BHB. Der pfälzische Praktiker-Wettbewerber Hornbach konnte im ersten Geschäftshalbjahr 2011/12 mit rund 1,78 Milliarden Euro 7,5 Prozent mehr als im Vorjahr erlösen. Der Gewinn vor Steuern stieg sogar um 12,7 Prozent auf 157,8 Millionen Euro, teilte das Unternehmen gestern mit. Auch die Kette Obi aus Mühlheim befindet sich weiter auf Expansionskurs und meldet eine positive Geschäftslage.

Praktiker wollte schon im vergangenen Jahr gegen die Krise ansteuern. Mit dem Programm "Praktiker 2013" wurden unter anderem Märkte umgebaut, Eigenmarken eingeführt und - wie bei Max Bahr - am Ende Stellen gestrichen. Zudem wurde Alttennis-Star Boris Becker als Werbebotschafter engagiert. Ausreichend waren die Bemühungen offenbar nicht, sonst müsste Fox das Ruder jetzt kaum übernehmen.

Alle Varianten sind für die Zukunft der Baumarktkette möglich: Eine Zerschlagung des Konzerns könnte von dem Sanierer genauso geplant sein wie ein engeres Zusammenrücken der weit verzweigten Baumarktgruppe. Denn noch leistet sich Praktiker drei verschiedene Unternehmenszentralen. Neben der Hauptverwaltung im saarländischen Kirkel arbeiten in Hamburg rund 140 Mitarbeiter in der Hauptverwaltung von Max Bahr plus nochmals gut 100 Beschäftigte in Praktiker-Unternehmensbereichen. In Kerpen sitzt darüber hinaus auch noch die Zentrale der Praktiker-Tochter Extra Bau + Hobby. Eine Fusion der drei Verwaltungen würde massiv Arbeitsplätze und Kosten einsparen.

Die Mitarbeiter von Max Bahr in Hamburg müssen sich gedulden und hoffen, dass eine Aufsichtsratssitzung von Praktiker am 11. Oktober ein wenig Klarheit bringen wird. Fragen dürfen sie natürlich weiter stellen. Aber eine verbindliche Antwort könnte nur einer geben: Sanierer Thomas Fox, der selbst ernannte Notarzt, der bei Praktiker jetzt lebenserhaltende Maßnahmen starten soll.