Ein neuer Trend auch in Hamburg: Immer mehr Bekleidungshersteller erweitern ihre Produktpalette um Heimtextilien und Accessoires

Hamburg. Große Bettenlandschaften mit bunten Kissen und Decken, verspieltes Geschirr, Tischdecken und Kerzen: Für Einrichtungsliebhaber gibt es an den Großen Bleichen in der Hamburger Innenstadt eine neue Anlaufstelle. Der spanische Großkonzern Inditex hat vor Kurzem die erste Zara-Home-Filiale in der Hansestadt eröffnet, die gleichzeitig Deutschlands dritter Standort neben Frankfurt/Main und Düsseldorf ist. Mit lieblichem Raumduft, sanftem Licht und leichter Musik werden die Kunden bereits am Eingang empfangen. Mitarbeiterinnen, einheitlich in dunkler Kleidung und bunten, geblümten Schürzen gekleidet, sorgen für Ordnung in den Regalen.

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"Genau wie bei der Kleidung ist auch Zara Home darauf ausgerichtet, dem Kunden ständig etwas Neues zu bieten", sagt eine Unternehmenssprecherin. Das Motto: "Mode für das Zuhause." Weltweit gibt es bereits 285 Filialen in 29 Ländern, 2003 wurden die ersten Niederlassungen in Spanien, Portugal, Griechenland und Großbritannien eröffnet. Seit 2007 können deutsche Kunden die Ware im Online-Shop kaufen und sich nach Hause liefern lassen. Im März 2011 öffnete dann die erste Filiale in der Mainmetropole. Doch Inditex ist nicht das einzige Bekleidungsunternehmen, das in den vergangenen Jahren sein Sortiment mit Einrichtungsgegenständen aufgestockt hat. Neben Haushaltswaren- und Accessoiregeschäften wie Butlers, das Depot oder natürlich Ikea buhlen immer mehr Händler um die Vorherrschaft in deutschen Wohnzimmern.

Als stärkster Konkurrent des spanischen Konzerns kann das schwedische Bekleidungsunternehmen H&M angesehen werden, das seit 2009 für die deutschen Kunden sein Home-Sortiment im Internet anbietet. Seit April 2011 können Kunden in Frankfurt in der ersten H&M-Filiale in Deutschland Decken, Kissen und Duftkerzen auch in ihren realen Warenkorb legen. Anders als bei Inditex, das seine Bekleidungssparte strikt von dem anderen Geschäftsbereich trennt, hat sich H&M dafür entschieden, die beiden Konzepte unter einem Dach zu führen. Mit beiden Abteilungen will der Konzern das Gleiche erreichen, nämlich die Kunden an die Marke zu binden. Filialen von H&M Home gibt es weltweit neben Frankfurt lediglich in sechs weiteren europäischen Großstädten. Über weitere Geschäftseröffnungen wollen weder die Schweden noch Inditex gerne konkret sprechen. Nur so viel wird verraten: Beide möchten in diesem Bereich expandieren, konkrete Zahlen und Fakten gibt es aber keine.

"Die Konzerne nutzen ihre Bekanntheit und ihren Namen, um auch in anderen Branchen Geld zu verdienen", sagt Axel Augustin, Geschäftsführer des Bundesverbands des deutschen Textilhandels (BTE). Qualitativ sei die Ware mit der der firmeneigenen Mode gleichzusetzen. "Die Kunden wissen also, was sie für ihr Geld bekommen, weil sie die Qualitätsstandards des Unternehmens kennen", so Augustin.

Dass Modeschöpfer ihre Produktpalette um Einrichtung und Accessoires erweitern, nachdem sie sich mit Bekleidung einen Namen gemacht haben, ist kein neues Phänomen. Viele Marken im hochpreisigen Segment führen bereits Badtextilien, Geschirr, Kleinmöbel, Dekorationsgegenstände oder Bettwäsche in ihrem Sortiment. Anders als bei H&M und Zara werden die Gegenstände jedoch nicht vom eigenen Unternehmen hergestellt. Bei Marken wie etwa Joop, Armani, Escada, Boss und Hermès liefern die Designer lediglich die Ideen oder Entwürfe. Umgesetzt und gefertigt werden die Produkte von erfahrenen Möbel- und Textilherstellern, die qualitativ hochwertige Ware liefern. Diese werden dann unter dem Namen des Designers verkauft. "Klar, dass dann die Bettwäsche von Escada teurer ist als die von Zara", sagt Augustin.

Und so kann eine Tasse mit Untertasse von Hermès schnell 529 Euro kosten, Bettwäsche von Wolfgang Joop ist mit rund 150 Euro schon etwas günstiger. Einige Designer entwickeln ihren Namen sogar noch ein Stück weiter. Unter der Marke Armani Hotels&Resorts gibt es bereits ein Hotel in Dubai, ein zweites wird am 10. November in Mailand eröffnet. Die Zimmer werden im Armani-Design eingerichtet. Mobiliar von Armani können Interessierte schon kaufen - das günstigste Bett kostet rund 3000 Euro, für die teuersten werden bis zu 15 000 Euro fällig.

Wesentlich günstiger geht es bei Zara Home und H&M zu. Sie rangieren eher in der gleichen Preiskategorie wie der schwedische Möbelkonzern Ikea. Auch die Zielgruppen könnten sich überschneiden, denn besonders junge Menschen, denen nicht so viel Geld für Einrichtung zur Verfügung steht, werden in allen drei Läden fündig. Dies sei kein Grund für Ikea, um unruhig zu werden, sagt Unternehmenssprecherin Annette Wolfstein. "Wir betrachten H&M und Zara nicht als Konkurrenten, weil dort im Gegensatz zu uns keine Wohnkonzepte angeboten werden."

Dass sich für Bekleidungsunternehmen ein Vorstoß in das Geschäft mit Geschirrhandtüchern, Duftkerzen, Vasen und Teppichen lohnt, da sind sich Experten wie Axel Augustin sicher. Laut Branchenverband geben die Deutschen jährlich mehrere Milliarden Euro für Heimtextilien wie Handtücher, Tischdecken und Bettwäsche aus, denn auch Wohntextilien sind mittlerweile kurzlebigen Trends der Mode unterworfen. Vielen Kunden erscheint deshalb der Kauf einer günstigen Wolldecke im angesagten Magenta bei Zara Home oder H&M sinnvoller, weil sie höchstwahrscheinlich im kommenden Jahr für die neue Trendfarbe ohnehin vom Sofa weichen muss.