Wolfgang Render, Professor für Bau- und Immobilienmanagement an der Hochschule 21, spricht im Interview über Miet- und Grundstückspreise.

Buxtehude/Stade. Im Hamburger Ballungsraum explodieren derzeit die Miet- und Grundstückspreise. Handelt es sich um eine Preisblase, die irgendwann platzen muss? Und inwieweit ist der Landkreis Stade von den Entwicklungen betroffen? Zu dem Thema findet morgen ein öffentlicher Expertentag an der Hochschule 21 in Buxtehude statt. Das Abendblatt sprach vorab mit Wolfgang Render, Professor an der Hochschule 21, der die Veranstaltung leiten wird.

Hamburger Abendblatt:

Herr Render, ist es teuer, im Landkreis Stade zur Miete zu wohnen?

Wolfgang Render:

Sie wohnen in jedem Fall günstiger als in Hamburg. In Buxtehude kostet eine 100-Quadratmeter-Wohnung, einem der marktführenden Immobilienportale zu Folge, derzeit im Schnitt 6,55 Euro pro Quadratmeter. In Stade kostet sie durchschnittlich 6,36 Euro. In Hamburg hingegen sind es 11,47 Euro. Das ist der Großstadtbonus, der sich da bemerkbar macht. Aber man muss auch andere Kostenfaktoren beachten. Wer in der Innenstadt lebt, kann leichter auf ein Auto verzichten. Auf dem Land ist das oft unmöglich.

Die Mietpreise in Hamburg sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Auch im Landkreis Stade?

Sie haben sich nach oben entwickelt. Dazu hat die Verkehrsanbindung beigetragen, zum Beispiel der Ausbau der S-Bahn. Außerdem wirkt es preissteigernd, dass es in der Region große industrielle Arbeitgeber gibt.

Wird eine fertige Autobahn 26 eine weitere Preissteigerung bedeuten?

Tendenziell schon. Der Mietpreis wird aber auch von der Wohnlage, der Wohnungsqualität und -größe sowie dem Angebot an Arbeitsplätzen bestimmt.

Was können Städte und Gemeinden tun, um Einfluss auf die Miet- und Grundstückspreise zu nehmen?

Da gibt es einige Instrumente. Wenn die Kommune ein neues Baugebiet für Eigenheime entwickelt, kann sie bevorzugt an Geringverdiener verkaufen. Oder an ortsansässige junge Familien. Auch bei den Mietwohnungen kann sie Einfluss nehmen. Etwa, indem eine Quotierung für geförderten Wohnungsbau in dem Bebauungsplan festgeschrieben wird.

Halten Sie so ein Eingreifen für sinnvoll?

Das einzige Instrument, das eine Kommune meiner Meinung nach in die Hand nehmen sollte, ist der Grundstückspreis an sich. Dazu sollte geregelt sein, wie lange Käufer verbilligte Grundstücke behalten müssen, um Spekulationen zu unterbinden.

Junge Leute ziehen nach Hamburg, ältere raus aufs Land. Stimmt dieses Bild noch?

Nicht unbedingt, es gibt auch eine gegenläufige Entwicklung. Ein Trend, den wir auch hier in Buxtehude bemerken, ist der des "wohnortnahen Studierens". Junge Leute entscheiden sich immer häufiger dafür, in der Nähe ihrer Familie zu bleiben. Das ist auch ein Reflex auf wirtschaftliche Unsicherheit. Außerdem ziehen verstärkt junge Familien aus Hamburg in ländliche Gegenden südlich der Elbe. Teilweise sind das Leute, die sich die Mieten in Trendvierteln wie Altona nicht mehr leisten können. Umgekehrt entdecken ältere Menschen die Vorteile städtischer Lagen. Das hat auch damit zu tun, dass die Versorgung mit Ärzten und Geschäften auf dem Land nicht mehr überall optimal ist. Städte sind für den demografischen Wandel oft besser gerüstet.

Was müssen ländliche Kommunen denn tun, um sich auf die Überalterung vorzubereiten?

Sie müssen sich darauf konzentrieren, Dinge des täglichen Lebens für ältere Menschen in ihren Zentren anzubieten. Seniorenanlagen sollten mitten im Dorf gebaut werden. Viele Senioren möchten auch zu Hause gepflegt werden, darauf sollten die Kommunen eingehen. Ein ganz wichtiger, weiterer Punkt ist der öffentliche Nahverkehr. Der ist im Moment auf Schulkinder und die arbeitende Bevölkerung ausgerichtet, aber nicht auf Senioren. Die Dörfer sollten über kleinere Busse nachdenken, die dafür häufiger fahren und vielleicht auch auf ein Handzeichen anhalten.

Viel zu tun für die Zukunft. Heißt das, ländliche Gemeinden haben in der Vergangenheit viel falsch gemacht?

Es gab natürlich Fehlentwicklungen, die man jetzt spürt. Zum Beispiel die Verlegung des Einzelhandels aus den Zentren heraus. Man brauchte große Einzelhändler, um den Bedarf zu decken, und die brauchten günstige Grundstücke. Das Resultat sind die Einkaufszentren auf der grünen Wiese, die aber oft nicht seniorengerecht sind. Ich glaube aber, dass da jetzt ein Umdenken einsetzt - bei den Kommunen sowie auch bei den Einzelhändlern.Eine weitere Fehlentwicklung ist, dass Kommunen in Randlagen zu schnell zu große Baugebiete ausgewiesen haben. Man hat mit einem Markt gerechnet, der so nicht gekommen ist. Jetzt sitzen viele Gemeinden auf erschlossenen Baugründstücken, die sie nicht an den Mann bringen können.

Zu guter Letzt: Was sind häufige Fehler der Bauherren?

Viele übernehmen sich mit ihren Finanzierungskonzepten. Es ist teuflisch, die Zins- und Tilgungsrate eines Kredits zu hoch zu legen. Die Leute schnüren sich selbst die Luft ab, können nicht mehr Essen gehen und in den Urlaub fahren. Deshalb: An die monatliche Belastung denken, auch wenn die Zinsen niedrig sind!