Der Yacht-Bauer Lürssen hat nach Informationen des Abendblatts ein Angebot für den Kauf des Traditionsunternehmens Blohm+Voss vorgelegt.

Hamburg. Für Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss zeichnet sich eine Lösung ab. Das Bremer Familienunternehmen Lürssen hat nach Abendblatt-Informationen ein Angebot für eine komplette Übernahme vorgelegt. Bislang gehört Blohm + Voss noch zum Düsseldorfer Stahl- und Industriekonzern ThyssenKrupp. Dieser will sich aus dem Schiffbau weitgehend zurückziehen. Die beteiligten Unternehmen nahmen gestern dazu nicht Stellung.

Verhandlungen zwischen ThyssenKrupp und dem arabischen Werftunternehmen Abu Dhabi Mar über einen Verkauf von Blohm + Voss waren im Juni nach fast zweijähriger Dauer gescheitert. Seither verhandelt ThyssenKrupp nach eigenen Angaben mit einem nicht näher genannten britischen Finanzinvestor.

Eine Übernahme von Blohm + Voss durch Lürssen dürfte für die Hamburger Werft unter den aktuellen Umständen die beste Lösung sein. Die Profile beider Unternehmen würden sich ergänzen. Lürssen ist der erfolgreichste deutsche Anbieter von Großyachten, baut aber auch Marineschiffe und andere Typen. Blohm + Voss betreibt ein erfolgreiches Reparaturgeschäft und den Maschinenbau für Schiffe. Im Yachtbau hatte das Unternehmen zuletzt Verluste eingefahren, etwa mit der weltgrößten Privatyacht "Eclipse" für den russischen Milliardär Roman Abramowitsch. Beim Bau von Fregatten und Korvetten arbeiten Blohm + Voss und Lürssen regelmäßig zusammen. So kooperieren die Unternehmen bis Ende 2018 beim Bau der vier neuen Fregatten für die Deutsche Marine. Lürssen nutzt für seine Schiffe zudem auch Maschinenteile von Blohm + Voss.

Die Bremer Werftengruppe setzte zuletzt mit 1500 Mitarbeitern rund 700 Millionen Euro im Jahr um. Blohm + Voss beschäftigt insgesamt 1900 Mitarbeiter, davon 1700 in Hamburg. Geschäftszahlen für die Werft nennt ThyssenKrupp nicht. Wie viele andere deutsche Werften steht auch Blohm + Voss seit geraumer Zeit unter erheblichem Druck. Vor allem fehlt eine schlüssige Strategie für die Weiterentwicklung des Unternehmens. Anders als bei Lürssen war das Yachtgeschäft zuletzt nicht mehr erfolgreich. Den Bau von Handelsschiffen gab Blohm + Voss bereits in den 90er-Jahren auf. Das Geschäft mit Marineschiffen allein kann das Überleben der Traditionswerft aber nicht sichern.

Nach den gescheiterten Gesprächen mit Abu Dhabi Mar treibt ThyssenKrupp derzeit den Verkauf des zivilen Schiffbaus bei Blohm + Voss voran. Die Sparte Naval für den Bau von Marineschiffen will der Konzern nach den bislang letzten Bekundungen behalten. Zwar gilt die französische Staatswerft DCNS als daran interessiert, gemeinsam mit dem Marineschiffbau von Blohm + Voss eine Art "maritime EADS" nach dem Vorbild des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns aufzubauen. Das allerdings liegt nicht auf der Linie der Bundesregierung. Sie müsste einer solchen Fusion zustimmen, ist aber nicht an einem Zugriff auf die hoch entwickelte deutsche Marinetechnologie durch ein ausländisches Unternehmen interessiert.

Unklar ist, ob Lürssen alle Mitarbeiter von Blohm + Voss übernehmen oder nach einer Übernahme Stellen streichen würde.