Die Hamburger Innenarchitektin Birgit Schnaase stattet Traumschiffe und Yachten aus - und richtet auch mal eine ganze Bohrinsel ein.

Hamburg. Der türkische Kunde wollte viel Gold. Hüseyin Basaran, reicher Haselnussproduzent und Werftbesitzer aus Istanbul, stellte sich die Inneneinrichtung seiner 45-Meter-Yacht "Mystic" wie einen schwimmenden Palast vor. Unverwechselbar sollte das Interieur sein - modern, aber auch orientalisch opulent.

"Wir haben für ihn eine Art Loft mit Art-déco-Elementen entworfen", sagt die Schiffsinnenarchitektin Birgit Schnaase. Seidenteppiche in der Eignerkabine, Naturstein im Bad, ein Privatkino und auch ein bisschen Gold - in Form von orientalisch angehauchten Mosaiken in der Dusche. 600 Quadratmeter Luxus für rund 16 Millionen Euro. Gut ein Viertel des Budgets ging für die Inneneinrichtung drauf. Der Kunde war trotzdem glücklich. Er lässt die Yacht jetzt auf seiner Werft CMB in Serie bauen.

Die Chefin von Schnaase Interior Design erzählt gern solche Geschichten. Ganz in Weiß, mit einer markanten schwarzen Prada-Brille auf der Nase, sitzt sie in ihrem Hamburger Büro mit Blick auf die Traditionswerft Blohm + Voss. Ein Stichwort genügt, und die lebhafte Frau beginnt zu schwärmen - von dem halb durchsichtigen, schwer zu verarbeitenden türkischen Naturstein Onyx, Makassar-Ebenholz und meterhohen Kristallvasen, die auch bei leichtem Wind nicht umfallen dürfen.

Vermögende Kunden wie der türkische Haselnussmogul zählen zu der Stammkundschaft der Designerin. Auf ihrem Computer gibt es eine Weltkarte, auf der die Projekte der Vielfliegerin verzeichnet sind. Australien, die USA, Kanada, Taiwan, Russland, der Nahe Osten. Die Inneneinrichtung von sündhaft teuren Motor- und Segelyachten hat sie entworfen, Flusskreuzfahrtschiffe vom Muff der 70er-Jahre befreit und sogar ein Konzept für die Wohnräume der deutschen Ölbohrplattform "Mittelplate" erstellt - samt Billardraum für die Besatzung.

Schlicht, schnörkellos, weitläufig ist der Loftstil, mit dem die gebürtige Bremerhavenerin den von Männern dominierten Schiffbau aufgemischt hat. Vor zehn Jahren entwickelte sie ihre Formensprache für die Greifswalder Werft Hanse Yachts, die noch heute zu Schnaases wichtigsten Auftraggebern zählt. "Der eigentliche Luxus an Bord eines Schiffes ist Platz", sagt die Innenarchitektin. Sie und ihr Team kennen nahezu alle Kniffe, um die begrenzten Räumlichkeiten auf See so großzügig wie möglich wirken zu lassen. Kleine Lichter, die niedrige Decken höher erscheinen lassen, geschickt platzierte Spiegel, die ein Gefühl von Großzügigkeit vermitteln oder auch Möbel mit raffinierten Klappmechanismen.

Die Liebe zum Meer hat die 48-Jährige wohl von ihrem Vater geerbt. Der gelernte Kupferschmied wollte sich zu seinem 50. Geburtstag unbedingt eine Segelyacht zulegen und schleppte schon Jahre zuvor seine Familie von Messe zu Messe, um sich die unterschiedlichsten Schiffsmodelle anzusehen. Danach segelten Vater und Tochter mit einer 33 Fuß langen Nauticat ein halbes Jahr auf der Ostsee und vor der Küste Südfrankreichs. "Er hat mich infiziert", sagt Schnaase.

Den Beruf der Schiffsinnenarchitektin hat die resolute Frau quasi für sich selbst erfunden. Nach einem klassischen Innenarchitekturstudium in Detmold wechselte sie 1992 zur Bremer Lürssen-Werft, der ersten Adresse für den Bau von Luxusyachten in Deutschland. "Die Zeit dort war hart, aber auch extrem lehrreich", sagt Schnaase.

Welche Sprüche die etwas rauen Schiffbauer der jungen Hochschulabsolventin hinterhergerufen haben, will die Unternehmerin lieber nicht verraten. Nur so viel: "Die Männer hatten ihren Spaß." Sie brachten ihr aber auch jede Menge Fachwissen über die Technik von Luxusyachten bei. Über Elektrik oder Klimaanlagen etwa, die stets mit der Inneneinrichtung um das knappe Platzangebot an Bord kämpfen. "Ohne die Zeit bei Lürssen hätte ich sicher nicht gewagt, mich in diesem Geschäft selbstständig zu machen."

War ihr Geschlecht anfangs eher ein Handicap für Schnaases Karriere, so sieht sie es heute als Vorteil. "Viele Kunden schätzen die weibliche Note in unseren Arbeiten", sagt Schnaase, die bis auf einen Mann ausschließlich Mitarbeiterinnen in ihrem fünfköpfigen Team beschäftigt. Zudem entschieden meist die Frauen der Schiffseigner über die Inneneinrichtung. Und denen seien beispielsweise ein großzügiges Bad mit Spa und Wellness weitaus wichtiger als technische Spielereien. Weshalb sich Schnaase denn auch besonders auf die Gestaltung der Bäder an Bord von Yachten spezialisiert hat.

Die liebsten Projekte sind der Designerin allerdings gar nicht mal die opulenten Yachten, sondern eher die Umbauten von alten, charakterstarken Schiffen, sogenannte Refits. Geradezu verliebt hatte sich die Innenarchitektin in die "Polarsyssel", ein eisgängiges, rotes Versorgungsschiff mit Helikopterdeck, mit dem der Besitzer sowohl die Sonne genießen als auch zu Expeditionen in die Arktis aufbrechen wollte.

Das Budget für den Umbau war für Schnaases Verhältnisse ausgesprochen begrenzt - es lag bei 500 000 Euro. "Da mussten wir tricksen und neben hochwertigen Materialien auch mal einen Ikea-Schrank oder einen gebrauchten Jacuzzi einbauen", erzählt Schnaase.

Während der weltweiten Finanzkrise hat es die Innenarchitektin zu spüren bekommen, dass auch bei den Superreichen das Geld nicht mehr ganz so locker sitzt wie noch vor einigen Jahren. Daher hat sich Schnaase zusätzliche Standbeine aufgebaut, 30 Prozent ihrer Aufträge kommen mittlerweile aus der Luftfahrt, 20 Prozent drehen sich um die Gestaltung von Villen.

Ein eigenes Schiff besitzt die Meeresliebhaberin übrigens nicht. "Ich habe genug Gelegenheiten, auf den Yachten unserer Kunden mitzufahren", sagt sie. Wenn sie selbst einmal ausspannen möchte, zieht es Schnaase eher in einen Klub an der spanischen Küste als auf die hohe See. "Dort steige ich dann vielleicht mal auf einen Katamaran - aber nur vielleicht."