Etwa 800 Mitarbeiter sollen bis 2015 in die neue Firmenzentrale der Beiersdorf-Tochter im Gewerbegebiet von Norderstedt wechseln.

Hamburg. Thomas Schlegel bemühte sich um einen möglichst unbeschwerten Tonfall: "Liebe Mitarbeiter, es ist so weit", schrieb der Tesa-Chef gestern Mittag im firmeninternen Netz an die Beschäftigten des Hamburger Klebebandherstellers. "Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass der Aufsichtsrat der Beiersdorf AG unserer Empfehlung entsprochen und den Umzug der Tesa-Zentrale sowie des Forschungs- und Technologiezentrums genehmigt hat."

Was der Tesa-Chef hier mit freundlichen Worten ankündigte, ist der wohl schärfste Einschnitt in der mehr als 75-jährigen Geschichte der Traditionsmarke. Bis 2015 will die Tochtergesellschaft des Nivea-Herstellers Beiersdorf eine neue Firmenzentrale im Gewerbegebiet von Norderstedt errichten. Rund 800 Mitarbeiter sollen vom bisherigen Tesa-Sitz in Eimsbüttel auf das fünf Hektar große Gelände an der Niendorfer Straße in unmittelbarer Nähe des Flughafens Fuhlsbüttel ziehen. Nicht betroffen von den Umzugsplänen sind die rund 400 Beschäftigten im Tesa-Werk in Hausbruch.

Der Grund für den radikalen Neuanfang: Mitten im Eimsbüttler Wohngebiet fehlt den Klebestreifenspezialisten der Raum für die weitere Expansion. "Unser kontinuierliches Wachstum konfrontiert uns schon seit Jahren mit dem Problem stetig zunehmenden Platzmangels, insbesondere in unserem Forschungszentrum", sagt Vorstandschef Schlegel. Unter anderem ist das Unternehmen erst kürzlich in das Geschäft mit arzneimittelhaltigen Pflastern eingestiegen und benötigt für den neuen Geschäftsbereich zusätzliche Räumlichkeiten.

In Eimsbüttel ist Tesa zudem auf mehrere Standorte verteilt. Verwaltung und Marketing sitzen wie die Konzernmutter Beiersdorf an der Quickborn- und Unnastraße, das Forschungszentrum und das sogenannte Technikum, in dem neue Produktionsverfahren entwickelt werden, liegen einige Straßen entfernt am Wiesinger Weg. Diese räumliche Trennung führt aus Sicht des Vorstands zu Reibungsverlusten in der täglichen Arbeit. Ein wichtiges strategisches Ziel des Umzugs sei daher die Zusammenlegung von Marketing und Forschung. "Die eng verzahnte Zusammenarbeit dieser Bereiche ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor unseres Geschäfts", betont der Tesa-Chef.

Am neuen Standort in Norderstedt kann Tesa nun alle Geschäftsbereiche bündeln und verfügt über die notwendigen Erweiterungsmöglichkeiten. Weitere Vorteile seien die Nähe zum Flughafen und eine "niedrige Abhängigkeit von Bau- und Genehmigungsauflagen". Wie genau das Millionenprojekt aussehen soll, steht nach den Worten von Tesa Sprecher Reinhart Martin noch nicht fest. "Ein Projektteam wird in den kommenden Monaten ein erstes Konzept für die Gebäude und eine genaue Kostenschätzung vorlegen."

+++Konzernumbau hinterlässt bei Beiersdorf tiefe Spuren+++

Für Hamburg ist die Abwanderung von Tesa nach Schleswig-Holstein allerdings eine Niederlage. Nach Abendblatt-Informationen hatte die Hansestadt dem Beiersdorf-Management alternative Standorte in Eimsbüttel und Altona angeboten. Wirtschaftsenator Frank Horch (parteilos) soll mehrfach persönlich mit Vorstandschef Thomas-Bernd Quaas darüber gesprochen haben - ohne Erfolg.

Offiziell äußerte sich Horch zum Wegzug gestern diplomatisch: "Wir respektieren diese unternehmerische Entscheidung", teilte er schriftlich mit. Und: "Ich freue mich, dass das Unternehmen und die Arbeitsplätze der Metropolregion erhalten bleiben." Wenig erfreut dürfte der Senator allerdings darüber sein, dass in der Stadtkasse künftig die Gewerbesteuern des Klebebandspezialisten fehlen werden.

"Wir haben uns die Wahl des neuen Standorts nicht leicht gemacht", sagte Tesa-Sprecher Reinhart Martin dem Abendblatt. Schon 2007 habe es erste Überlegungen für einen Umzug gegeben. Die Entscheidung für das Grundstück in Norderstedt sei nach sorgfältiger Prüfung und Bewertung anderer Alternativen gefallen.

Die Arbeitnehmervertreter stehen dem Umzug nach Norderstedt zwiespältig gegenüber. "Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust", sagt der Tesa-Betriebsratsvorsitzende, Frank Ganschow. "Einerseits ist die räumliche Situation im Forschungszentrum tatsächlich beengt." Auch das Konzept, alle Geschäftsbereiche an einem Standort zu bündeln, halte er für sinnvoll. "Doch Norderstedt ist natürlich nicht so sexy wie Eimsbüttel", sagt Ganschow. "In dem Industriegebiet fehlt es an Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten, sowie an sozialen Einrichtungen wie Kindergärten." Zudem sei das Gebiet bislang nur über eine Buslinie zu erreichen. "Wir erwarten von der Stadt Norderstedt, dass sie für eine vernünftige Verkehrsanbindung und eine attraktive Infrastruktur sorgt." Doch auch Tesa müsse sich um ein gutes Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter kümmern.