Der Hamburger Nivea-Hersteller Beiersdorf treibt den Sanierungskurs schneller voran als geplant. Umsatzrückgang auf deutschem Markt.

Hamburg. Die Neuausrichtung des Hamburger Nivea-Herstellers Beiersdorf zieht sich hin. Zwar wurden bereits wichtige Etappen, wie der Verkauf einiger Tochterfirmen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, erreicht. Aber dadurch fielen Umsätze weg. Zudem drückten die hohen Werbeausgaben wegen des 100-jährigen Bestehens der Marke Nivea den Gewinn des einzigen Hamburger Konzerns, der es an der Börse in die Profiliga der 30 deutschen DAX-Konzerne geschafft hat.

Beiersdorf-Chef Thomas B. Quaas konnte gestern bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz trotz der Probleme damit punkten, dass die Neuausrichtung der Firma auf die Kompetenzbereiche Haut und Haare schneller vorangekommen ist als geplant. Zwar sank der bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) im zweiten Quartal um acht Prozent auf 183 Millionen Euro. Aber Branchenexperten hatten sogar mit deutlich weniger Gewinn gerechnet. Bei Anlegern kam zudem gut an, dass sich Quaas zuversichtlicher zeigte und die Umsatzprognose für das Gesamtjahr leicht anhob. Geplant ist ein leichtes Umsatzplus und eine Rendite von sieben bis acht Prozent nach Steuern.

Der Nivea-Hersteller hat turbulente Zeiten hinter sich. Innerhalb von gut einem Jahr verließen nach Pieter Nota, der Markenvorstand, Finanzchef Bernd Düttmann und Marken- und Logistikvorstand Marcus Pinger das Unternehmen. Die Abgänge erfolgten in einer Zeit, in der sichtbar wurde, dass der Hamburger Konzern beim Wachstum nicht mehr mit internationalen Konkurrenten wie Henkel, Procter & Gamble, L'Oreal oder Unilever mithalten konnte. Als Konsequenz daraus wollen die Hamburger, die früher auch Lippenstifte und Make-up verkauft haben, nun der weltweit beste Hautpflegekonzern werden und sich damit auf ihre alten Stärken rund um die Nivea-Creme besinnen.

Im ersten Halbjahr legte der Umsatz um 2,6 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro zu. Unterm Strich stieg der Gewinn von 249 auf 258 Millionen Euro. Vor allem die wachsende Beliebtheit von Tesa-Klebstoffen war für das Plus verantwortlich. Während die Pflegesparte mit Nivea, Eucerin und Co nur um 1,3 Prozent wuchs, stieg der Tesa-Umsatz um 9,8 Prozent. Beiersdorf ist mit Tesa vor allem Zulieferer der Automobil- und Elektronikindustrie, das Geschäft mit Privatkunden macht nur noch rund 25 Prozent aus. Zwar half die gute Entwicklung bei den Klebstoffen jetzt, die Bilanz zu verschönern. Aber das Kosmetikgeschäft ist mit einem Umsatzanteil von knapp 84 Prozent wesentlich bedeutender als Tesa.

Auf dem deutschen Markt konnte Beiersdorf den Umsatzrückgang der Pflegesparte noch nicht stoppen. Die Erlöse reduzierten sich um 0,7 Prozent. Auch in anderen westeuropäischen Ländern ist die Wende noch nicht geschafft (minus zwei Prozent). Die europäische Schuldenkrise wirkt sich laut Quaas bislang allerdings noch nicht auf das Geschäft aus. In Italien und Griechenland sprudelten zwar die Gewinne nicht mehr so stark, weil die Verbraucherstimmung getrübt ist. In Japan erzielte das Unternehmen aber die besten Halbjahreszahlen seiner dortigen Niederlassung, obwohl das Land immer noch unter den Folgen des Erdbebens im Frühjahr leidet. "Wir sind immer da, wenn es um die Mindestversorgung geht", sagte Quaas und meinte damit, dass von den Japanern mehr Nivea-Produkte statt teurer Kosmetik gekauft wurden. Auch in Nord- und Südamerika verbuchte der Konzern, der von der Hamburger Familie Herz (Tchibo) kontrolliert wird, hohe Wachstumsraten.

Analysten stuften gestern die Entwicklung positiv ein. "Lieber auf einer Hochzeit tanzen, anstatt auf mehreren und alles nur halb zu machen", sagt Jan Christian Göhmann, Aktienexperte der NordLB, zur neuen Strategie. Die Experten der WGZ Bank sprachen gestern eine Halteempfehlung für das Papier aus und stuften es damit von "Verkaufen" hoch. Das Kursziel wird um drei auf 44 Euro verbessert. Diesem Wert kam die Aktie gestern mit einem Schlussstand von 42,52 Euro schon recht nahe.

Trotz der Schrumpfkur ist das Unternehmen kerngesund. In der "Kriegskasse" wurden liquide Mittel in Höhe von mehr als 1,5 Milliarden Euro gehortet, die der Nivea-Hersteller in Zukäufe investieren könnte. Quaas zeigte sich nicht abgeneigt, aber es gebe aktuell keine Verhandlungen: "Wir wollen nur Topunternehmen. Nur weil etwas billig ist, würden wir es nicht kaufen."