Eigentümer Herz baut Vorstand um. Betriebsgewinn sinkt um mehr als ein Viertel. Neuer Chef übernimmt Ende April

Hamburg. Thomas-B. Quaas wollte gestern nicht mit Journalisten sprechen. Obwohl der Umsatz des Hamburger Nivea-Herstellers Beiersdorf im vergangenen Jahr um 2,1 Prozent gestiegen und das Betriebsergebnis trotz eines teuren Konzernumbaus nicht so tief gesunken ist wie befürchtet, hielt sich der Vorstandschef zurück. Quaas hätte für sich reklamieren können, dass seine Strategie, Beiersdorf zurück zu seinen Wurzeln zu führen, Früchte zeigt. Randbereiche des Konzerns und nicht so gut laufende Marken wurden verkauft. Jetzt zählt die Konzentration auf die Gesichts- und Hautpflege sowie den Bereich Haare.

Und trotzdem geht es bei Hamburgs einzigem DAX-Konzern derzeit im Management hoch her. Unter anderem wird kolportiert, dass die Mutter Maxingvest, die den Mehrheitseignern aus der Hamburger Tchibo-Familie Herz gehört, mit dem Unternehmensergebnis nicht zufrieden ist. Auch deshalb dürfte Quaas im April früher als geplant seinen Vorstandsposten abgeben und in den Aufsichtsrat wechseln. "Die Governance stimmt nicht", heißt es aus dem Umfeld des Unternehmens. Konkret bedeutet dies, dass das Verhältnis zwischen Vorstand und Aufsichtsrat getrübt ist. Kontrolleur Michael Herz wird zum Beispiel nachgesagt, dass er Quaas oft zu sich bestellt und in die Geschäftsführung hineinregiert hat. Auch um kleine Dinge wie Spesenabrechnungen soll sich der Aufsichtsrat gekümmert haben. Ein eher ungewöhnliches Verhalten. Denn um das Tagesgeschäft soll sich eigentlich der Vorstand kümmern. Doch der wurde offensichtlich nicht selten vom Kontrollgremium massiv ausgebremst.

Mit Reinhard Pöllath, einem in Deutschland gut vernetzten Wirtschaftsjuristen, hat Herz einen starken Aufsichtsratschef, dem er vertraut. Pöllath war es auch, der Stefan F. Heidenreich als Beiersdorf-Chef ins Gespräch gebracht hat. Heidenreichs Vorteil ist, dass er bereits über Jahre in vom Eigentümer geführten Firmen gearbeitet hat; zuletzt beim Marmeladen- und Babynahrungshersteller Hero des Unternehmers Arend Oetker. Er kennt folglich die Besonderheiten solcher Firmen, wenn er nach der Hauptversammlung im April auf dem Chefsessel bei Beiersdorf Platz nimmt. Quaas wäre derweil gerne im Amt geblieben. Sein Vertrag war erst 2010 um fünf Jahre verlängert worden. "Michel Herz hat ihn geopfert, weil Heidenreich in zwei bis drei Jahren nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte", sagt ein Insider.

Bei Beiersdorf wird erstmals nach Quaas' Ausscheiden jedes Vorstandsmitglied kürzer als zwei Jahre in dem Gremium sein. Für den Traditionskonzern gleicht dies einer Revolution. Denn Beiersdorf-Vorstände und Anteilseigner setzten in der Vergangenheit auf Kontinuität. Auch Quaas war 33 Jahre in dem Konzern. Zahlreiche Vorstände warfen seit 2010 das Handtuch. So ging der Marketing-Vorstand Pieter Nota 2011 zu Philips. Finanzvorstand Bernhard Düttmann, der dem Nivea-Hersteller mehr als 20 Jahre treu geblieben war, wechselte zu Lanxess. Nach Informationen des Abendblatts stimmte auch hier das Verhältnis zum Aufsichtsrat nicht. Marken- und Logistikvorstand Markus Pinger, der als Nachfolger von Quaas galt, nahm im vergangenen Jahr ein Angebot von Celesio an und wurde Chef des Pharmagroßhändlers. Und China-Vorstand James C. Wei musste zum Jahreswechsel seinen Hut nehmen, weil er das verlustreiche Geschäft im Fernen Osten nicht ins Positive drehen konnte.

"Der Beiersdorf-Vorstand hat das Unternehmen groß gemacht und galt lange als gutes und fähiges Team. Plötzlich soll er alles falsch gemacht haben? Es kann doch nicht sein, dass Leute, die erfolgreich sind, plötzlich doof werden", so der Insider zur Kluft zwischen Aufsichtsrat und Management.

Beiersdorf hinkt der Konkurrenz wie Unilever oder Henkel hinterher. Der Gewinn sank 2011, weil die Neuausrichtung des Nivea-Herstellers viel Geld kostete, zudem belasteten Abschreibungen in China die Bilanz. Auch die Kosten für Werbekampagnen zum 100. Geburtstag der Marke Nivea drücken das Ergebnis. Beiersdorf machte deshalb nach Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters im vierten Quartal einen Betriebsverlust von 60 Millionen Euro. Anleger schöpften dennoch Hoffnung: Sie setzen offensichtlich darauf, dass der Umbau greift. Die Aktie wurde gestern mit einem Plus von 3,4 Prozent auf 45,44 Euro zum Top-Gewinner im DAX. Obwohl die Zahlen dies auf den ersten Blick nicht rechtfertigen. Das Ergebnis nach Steuern ging von 326 auf 259 Millionen Euro zurück, der Betriebsgewinn (Ebit) sank um gut ein Viertel auf 431 Millionen Euro. Und der Umsatz kletterte nach neuer Rechnungslegung um magere 2,1 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro. Immerhin steigerte die Tochter Tesa den Umsatz um 7,9 Prozent auf 937 Millionen Euro bei einem Gewinn von 109 Millionen Euro.

Der Tchibo-Konzern der Familie Herz hatte Beiersdorf 2003 übernommen und damit vor einer Zerschlagung durch die US-Firma Procter & Gamble gerettet. Damals feierten die Mitarbeiter den neuen Eigentümer. Jetzt hofft die Belegschaft, dass sich die Chemie zwischen Vorstand und Aufsichtsrat verbessert. Michael Herz wird zumindest schon mal nachgesagt, er wolle bei Heidenreich die Zügel lockern.