Konzernzentrale von Praktiker wird bis Jahresende nach Hamburg verlagert. Der Umsatz ist 2011 mit 33,6 Millionen Euro ins Minus gesunken.

Hamburg/Kirkel. Die ersten 50 Mitarbeiter aus der Praktiker-Zentrale im saarländischen Kirkel müssen sich nächste Woche auf einen langen Arbeitsweg in den Norden begeben. Ihr Ziel: Hamburg. Von hier aus soll bis zum Jahresende der komplette Baumarkt-Konzern gesteuert werden. Zunächst werden die Beschäftigten aus dem Südwesten Deutschlands in die Zentrale der Konzerntochter Max Bahr an der Wandsbeker Zollstraße ziehen. "Wir werden aber nicht alle 300 neuen Mitarbeiter unterbringen können und müssen daher später eine andere Lösung suchen", sagte Max-Bahr-Sprecherin Simone Naujoks dem Abendblatt.

Die geplante Vereinigung der beiden Firmenzentralen , durch die in Kirkel 500 der 700 Stellen wegfallen sollen, gehört als ein Teil zur Sanierung der angeschlagenen Baumarktkette. Sein Vorgehen hatte sich der neue Vorstandschef Thomas Fox im November vom Aufsichtsrat absegnen lassen. So stehen weitere 1200 der 10.800 Arbeitsplätze bei den 252 Praktiker-Märkten in Deutschland zur Disposition. Entschieden ist bisher nichts. "Es laufen auch noch Nachverhandlungen über Mieten von Märkten, um Standorte zu retten", sagte Praktiker-Sprecher Harald Günter.

Der frühere Karstadt-Sanierer Fox steuert zudem auf einen Sanierungstarifvertrag zu, mit dem die Kosten über Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld gesenkt werden könnten. "Ein Antrag dafür wurde bereits bei der Berliner Zentrale von Ver.di gestellt", sagte Björn Krings, der als Gewerkschaftssekretär in Hamburg für die drei Praktiker- und zwölf Max-Bahr-Märkte zuständig ist. Eine Entscheidung soll in den nächsten Wochen fallen. Stimmt Ver.di wie im Fall von Karstadt zu, würde eine Tarifkommission der Gewerkschaft über die Bedingungen und die Dauer der Einschränkungen verhandeln. Ob auch die 3700 Mitarbeiter von Max Bahr betroffen sein könnten, ist noch offen. "Wir können das aber nicht ausschließen", sagte Naujoks.

Für Ver.di wäre das schlicht "eine Frechheit". Denn die Hamburger haben auch 2011 ihren Umsatz um 1,4 Prozent auf 695 Millionen Euro gesteigert und konnten 2010 fast das gesamte operativ positive Ergebnis des Konzerns für sich verbuchen. Der Konzern rutschte aber dennoch nach Steuern mit 33,6 Millionen Euro ins Minus. "Wenn die Beschäftigten jetzt finanzielle Einbußen hinnehmen müssten, wäre das für eine Entwicklung, die sie nicht verursacht haben", sagte Krings.

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Immerhin gibt das vierte Quartal Fox Anlass zur Hoffnung. "Wir haben die erste Phase der Durststrecke hinter uns gelassen." Der Hintergrund: Der Umsatz bei Praktiker sank zum Jahresende nur noch um 4,5 Prozent gegenüber 8,5 Prozent in den ersten neun Monaten. "Das bestätigt uns darin, dass wir in der richtigen Richtung unterwegs sind", sagte Fox. Das Auslandsgeschäft blieb aber weiter schwach, die Erlöse gingen auch währungsbedingt um 10,2 Prozent auf 894 Millionen Euro zurück. Auch außerhalb Deutschlands sei ein Stellenabbau nicht mehr ausgeschlossen, wie Günter sagte.

Insgesamt sank 2011 der Umsatz im Baumarkt-Konzern um 7,7 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Das war vor allem auch eine Folge des Verzichts auf die Rabattaktionen, die in den vergangenen Jahren charakteristisch für Praktiker waren: "20 Prozent auf alles - außer Tiernahrung". "Wir bieten immer noch Preissenkungen in den Märkten und im Online-Geschäft, wollen den Einkauf aber auch einfacher machen", sagte der Praktiker-Sprecher. Dazu gehört ein Kundenleitsystem, zu dem ein Lotse am Eingang der Märkte oder auch Wegweiser zu den Artikeln auf den Einkaufswagen gehören. Bei Max Bahr, wo vor allem der Service für den Kunden im Mittelpunkt steht, soll in diesem Jahr noch einmal in die Ausbildung der Mitarbeiter investiert werden. "Es geht uns um mehr Fachkenntnisse, aber auch um den noch freundlicheren Umgang mit den Kunden", sagte Naujoks. Das leichte Umsatzplus aus 2011 sei für das Unternehmen "in Ordnung".

Welche Ergebnisse Praktiker und Max Bahr 2011 erzielt haben sowie die endgültigen Erlöszahlen will das Unternehmen am 29. März bekannt geben. Erstmals am Standort der neuen Zentrale - in Hamburg.