Das schöne Wetter, umfangreiche Haussanierungen und mehr Serviceangebote sorgen für Umsatzplus bei den Baumärkten.

Hamburg. Die Frau mit dem Kombi hievt eine Palette weiß-blaue Hornveilchen in den Kofferraum, das junge Paar hat sich einen Transporter geliehen und rollt gleich mehrere Einkaufswagen voller Farbeimer und Holzlatten aus dem Markt. Ein Mann in blauer Kapuzenjacke bezahlt an der Kasse einen Akkuschrauber und hat damit das Produkt erwischt, das bei den Deutschen im Baumarkt nach Erhebungen der Branche am beliebtesten ist.

Der Hochbetrieb bei Max Bahr hat einen Grund: das Wetter. Wenn die Temperaturen steigen und an lauen Abenden der erste Grillduft durch Hamburg wabert, stürmen die Leute die Baumärkte. "Schon im Februar gab es die ersten warmen Tage, und Kunden haben sich mit Pflanzen und Gartenmöbeln eingedeckt", sagt Stefan Michell vom Verband der Heimwerkermärkte, die ihre Erlöse in den ersten Monaten um drei Prozent steigern konnten.

Die Branche rechnet auch für das gesamte Jahr mit steigenden Umsätzen, ist aber nicht nur wegen des guten Wetters optimistisch: "Die Lust am Garten kehrt zurück", sagt Michell. Die Menschen wollten sich ein schönes Fleckchen Grün vor der eigenen Haustür schaffen und leisteten sich dafür wieder teurere Produkte. Outdoor-Sitzgruppen in guter Qualität, "aber auch Extravagantes wie Strandkörbe und Pavillons sind gefragt", sagt Jessica Horn von Max Bahr. Viele Kunden legten Teiche an und investierten in luxuriöse, oft sogar wintertaugliche Grillstationen, um mit Freunden im Garten zu feiern. Die Baumärkte erlösen heute bereits fast jeden fünften Euro ihres Umsatzes in den Gartenabteilungen.

Ein zweiter Trend bei Praktiker, Obi und Co. sind Anschaffungen für eine höhere Energieeffizienz. Von Fensterisolierungen über die Außenwanddämmung bis zum Einbau einer modernen Heizung ist alles gefragt, was in Zeiten des Klimawandels und der immer teurer werdenden Energie dazu beiträgt, um Öl, Gas oder Strom zu sparen.

Immer mehr Haus- oder Wohnungsbesitzer leisten sich zudem ein neues Bad. "Viele Immobilien wurden in den 80er-Jahren oder noch früher gebaut, da gibt es einigen Renovierungsbedarf", sagt Michell. Für Badausstattung und Sanitäranlagen gaben die Deutschen bereits 2010 fünf Prozent mehr aus als im Vorjahr.

Nicht nur bei den Kunden, sondern auch in der Branche selbst zeichnet sich ein Wandel ab. Die nach dem Branchenprimus Obi zweitgrößte Kette Praktiker verändert ihr Profil. Die Werbesprüche "20 Prozent auf alles außer Tiernahrung" streicht die Gruppe mit bundesweit 236 Märkten, davon drei in Hamburg, künftig aus ihrem Auftritt in den Medien. "Wir positionieren unsere Marke Praktiker neu", sagt Harald Günter, Sprecher der Praktiker-Gruppe, die im Jahr 2007 auch Max Bahr übernommen hatte. Im vergangenen Jahr musste Praktiker in Deutschland einen Umsatzrückgang von 6,3 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro verkraften. Zum Vergleich: Marktführer Obi erzielte 2010 mit 340 deutschen Märkten einen Umsatz von 6,2 Milliarden Euro.

Praktiker will bei den Kunden zwar nach wie vor als Preisführer anerkannt sein, wolle dies aber mit durchgehend niedrigen Preisen schaffen und nicht mehr mithilfe von Rabatten. Max Bahr soll die Premiummarke der Gruppe bleiben, mit einem breiteren Sortiment und bekannten Marken im Angebot.

Im preisaggressiven Segment nehmen den Baumärkten derzeit allerdings Discounter wie Lidl oder Aldi immer mehr Kunden weg, da sie ihre Angebote bei Werkzeugen oder Gartenmöbeln stark ausbauen. "Wir konzentrieren uns deshalb stärker auf den Service", sagt Praktiker-Sprecher Günter. So sollen zum Beispiel die Angebote beim Holzzuschnitt oder bei Farbmischungen ausgebaut werden. Bei praktisch allen Baumärkten setzt sich dieser Trend zu mehr Service durch. Er reicht bis zu dem Komplettpaket, den Kunden das Basteln und Bohren vollständig abzunehmen und den Aus- und Einbau in den Wohnungen mit Handwerkern anzubieten. Denn Günter weiß: "Der Anteil der Verbraucher mit zwei linken Händen nimmt zu."