Zur geplanten Eröffnung des neuen Flughafens hatten sich Tausende Gäste angesagt, darunter Kanzlerin Merkel. Platzeck: “Ich bin stocksauer.“

Berlin. Tausende Gäste waren zur offiziellen Feier geladen, Kanzlerin Angela Merkel wollte Berlins neues Tor zur Welt symbolisch aufstoßen. Doch seit Dienstag sind die Pläne Vergangenheit. Völlig überraschend wurde die für den 3. Juni geplante Eröffnung des neuen Großflughafens in Schönefeld abgesagt. Grund: Es gibt schwerwiegende Mängel beim Brandschutz. Der neue Airport kommt nicht durch den TÜV.

Für die deutsche Hauptstadt ist es ein beispielloses Debakel. Das nach Altkanzler Willy Brandt benannte Luftkreuz, Baukosten 2,5 Milliarden Euro, sollte die veralteten und zu kleinen Flughäfen in Tegel und Schönefeld ablösen. Doch jetzt müssen diese mindestens zwei weitere Monate in Betrieb bleiben. Der gesamte Flugplan wird neu geschrieben. Der Chef der Deutschen Flugsicherung (DFS): "Wir müssen alle betroffenen Fluggesellschaften weltweit darüber informieren, dass sie ihre Abläufe ändern sollen."

Die Politik fiel aus allen Wolken. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, erfuhr nach eigenen Worten erst am Montagabend von der Verschiebung. Es sei für ihn eine "bittere Erkenntnis" gewesen, klagte Wowereit. Die Gesellschafter - Berlin, Brandenburg und der Bund - könnten sich aber über die technischen Mängel nicht hinwegsetzen: "Sicherheit hat Vorrang." Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte, er "verhehle nicht, dass ich stocksauer bin. So eine Überraschung darf nicht kurz vorher passieren." Der Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle, sprach von einem schweren Imageschaden: "Für Deutschland, für die Bundeshauptstadt ist das eine peinliche Blamage." Die Berliner Industrie- und Handelskammer forderte "personelle Konsequenzen".

+++ Berlin zweifelt an sich selbst +++

Ursprünglich war die Eröffnung des neuen Großflughafens bereits für den 30. Oktober 2011 vorgesehen. Doch schnell stellte sich heraus, dass dieser Termin nicht zu halten war - im Juni 2010 wurde er abgesagt und auf den3. Juni 2012 verschoben. Bis zuletzt tauchten immer neue Probleme auf. Vor zwei Monaten etwa stellte sich bei Probeläufen heraus, dass zu wenig Check-in-Schalter eingeplant waren. Jetzt wird am Terminal ein Zelt mit weiteren Schaltern errichtet.

Besonders gravierend aber sind die Brandschutzmängel. Die Fertigstellung der Entrauchungsanlage, die größte weltweit, verzögere sich, sagte Flughafentechnik-Chef Manfred Körtgen. Die über mehrere Etagen verteilte Anlage muss im Brandfall dafür sorgen, dass die Sprinkleranlagen anspringen und giftiger Rauch auf 300 000 Quadratmetern aus dem Terminal gepumpt und durch Frischluft ersetzt wird.

Noch ist unklar, wie teuer die Verschiebung der Flughafen-Eröffnung am Ende wird. Die Betreiber rechnen mit Schadenersatzforderungen der Fluggesellschaften. Besonders hart trifft es die Gesellschaft Air Berlin, die in Schönefeld ihr neues Drehkreuz plant.

Air-Berlin-Chef Hartmut Mehdorn sprach von "unkalkulierbaren Kosten". Er habe noch am Freitag den neuen Flughafen mit dem Kürzel BER besichtigt. "Dabei sind alle Beteiligten zuversichtlich gewesen, dass der BER seinen Betrieb am 3. Juni planmäßig aufnehmen werde."