Olympia verpasst, S-Bahn marode, Schulden ohne Ende - und jetzt die Flughafenpanne: Was klappt in Berlin eigentlich noch?

Berlin. Mit großem Tamtam angekündigt, dann ein peinlicher Rückzieher. Dass der neue Flughafen in Schönefeld erst Monate später aufmacht, löst in der Hauptstadt einen kollektiven Seufzer aus: Klappt hier überhaupt noch was? Zu meckern findet der Berliner einiges.

Es gibt einen Berg von Schulden. Ein zu kurzes Dach am Hauptbahnhof. Pannen bei der S-Bahn. Das Guggenheim-Museum sagt aus Angst vor Gewalt ein Projekt in Kreuzberg ab. Und dem wichtigsten Fußballverein der Hauptstadt droht der Sturz in die Zweite Liga. "Wenn Hertha ein Tier wäre, dann wäre es ein Lemming", meint Kolumnist Harald Martenstein.

Die bitterste aller Niederlagen der Nachwendezeit liegt fast 20 Jahre zurück. Damals scheiterte die Olympia-Bewerbung von Berlin spektakulär. Sydney bekam den Zuschlag für 2000. Die gelben Smiley-Bären, mit denen Berlin damals warb, sind in der Flohmarktkiste gelandet. Die Blamage hielt Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) aber nicht davon ab, mit einer erneuten Olympia-Kandidatur zu liebäugeln.

Bis 2016 werden Berlins Schulden auf mehr als 65 Milliarden Euro steigen. Wowereit tröstet die Stadt mit dem Motto "arm, aber sexy". Immerhin: Unter Rot-Schwarz soll Berlin sexy bleiben, aber reicher werden. So steht es sogar in der Koalitionsvereinbarung.

Der 1,2 Milliarden Euro teure Hauptbahnhof wurde zwar pünktlich zur Fußball-WM 2006 fertig. Aber es gab Streit um die Gestaltung des Untergeschosses. Oben erinnert das recht kurz geratene Dach an eine abgebissene Wurst. Zu allem Überfluss riss der Orkan "Kyrill" im Januar 2007 eine 1,3 Tonnen schwere Stahlstrebe aus der Verankerung und ließ sie 40 Meter in die Tiefe stürzen. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Das Gelände rings um den blitzenden Bahnhof blieb jahrelang ein ödes Provisorium - inklusive mancher Sandhaufen. Im vergangenen Jahr begann es durch das teure Glasdach zu regnen. Angeblich pickten Krähen die Dichtungen kaputt.

+++ Kein TÜV: Berlin blamiert sich in der ganzen Welt +++

Kein Ruhmesblatt ist auch der Umgang Berlins mit seiner Geschichte. Am alten Grenzübergang Checkpoint Charlie kann sich der Besucher angesichts des Wurstbuden-Flairs und der kostümierten Soldaten wie auf dem Jahrmarkt fühlen. Dass sich Touristen sehr für die Geschichte und die Reste der Mauer interessieren, hat die Stadt lange unterschätzt.

Die S-Bahn machte sich mit Zugausfällen, Managementfehlern, Wartungsmängeln und technischen Pannen unbeliebt - besonders im Winter, der sich an der Spree eisig anfühlen kann. Obwohl seit der Wende mehr als zwei Milliarden Euro in Ausbau und Sanierung der Stadtbahn geflossen sind, kam es im Juni 2009 zum Desaster im Berliner Nahverkehr. Wegen Sicherheitsmängeln vor allem an den Rädern konnte nur noch ein Viertel der Zugflotte eingesetzt werden. Der Verkehr auf etlichen Strecken, darunter in der Innenstadt, wurde über Wochen komplett eingestellt. Nachdem das Schlimmste überstanden schien, wiederholte sich die Notlage wenige Wochen später.

Das New Yorker Guggenheim-Museum wollte eigentlich eine Brachfläche nahe der Spree bespielen und zieht jetzt lieber in den ruhigeren Prenzlauer Berg. In Kreuzberg hatten einige Anwohner in dem von BMW unterstützten Museumsprojekt den Vorboten eines Luxusviertels gesehen.

Nun also Schönefeld. Im Juni 2010 wurde die Eröffnung des Flughafens zum ersten Mal verschoben. Geplant war sie für den 30. Oktober 2011. Grund waren die Pleite von Planungsfirmen und neue Bestimmungen der Europäischen Union für Flüssigkeiten im Handgepäck. Die neuen, Platz raubenden Prüfgeräte für die Sicherheitskontrollen machen umfangreiche Umbauten am Terminal nötig. Die Eröffnung des gesonderten Abflugbereichs für Regierungsmitglieder im Norden des Flughafens wurde zweimal verschoben, zuletzt von 2014 auf 2016. Die Schuld geben sich die Beteiligten gegenseitig.

Vor zwei Monaten stellte sich heraus, dass der Flughafen schon zu klein ist. Beim Probebetrieb fiel auf, dass zu wenig Check-in-Schalter eingeplant wurden, um bei Ausfällen Reserven zu haben und lange Warteschlangen zu vermeiden. Am Terminal wurde ein Zelt für zusätzliche Schalter errichtet. Kosten: 2,5 Millionen Euro.

Laut Klaus Wowereit wird der Flughafen trotz der Verschiebung eine Erfolgsgeschichte. Dafür spricht, dass der Berliner traditionell neuen Orten bei "Tagen der offenen Tür" die Bude einrennt und sie dann ins Herz schließt - wie bei Eisbär Knut zu dessen Lebzeiten. So war es auch beim Flughafen Tempelhof, der 2008 stillgelegt wurde. Damals hätte es fast kollektive Hungerstreiks aus Protest gegen die Schließung gegeben. Heute ist es ein idyllischer, etwas rauer Park.