Berlin. Julia Becker, Aufsichtsratsvorsitzende der FUNKE Mediengruppe, verfolgt mit ihren Geschwistern ein klares Ziel. Heute wird sie 50.

Es ist zurzeit nicht leicht, ein großes Medienunternehmen in die Zukunft zu führen: Die digitale Transformation kommt voran, aber die Erlöse hinken den goldenen Zeiten des Prints hinterher. Hinzu kommen Inflation, steigende Papierpreise und Konkurrenzdruck durch US-Giganten sowie gebührenfinanzierte Sender. Andere Inhaber würden resignieren und verkaufen – nicht aber Julia Becker.

Die Aufsichtsratsvorsitzende der FUNKE Mediengruppe, zu der auch diese Zeitung gehört, und ihre Familie entschieden sich voranzugehen. Julia Becker, die heute ihren 50. Geburtstag feiert, hat mit ihren Geschwistern Nora Marx und Niklas Wilcke ein klares Ziel: guten Journalismus in die Zukunft führen und damit einen Beitrag zum Erhalt der Demokratie zu leisten. Dafür will sie das Haus konsolidieren und Strukturen verschlanken.

Seit 2018 kontrolliert die Aufsichtsratsvorsitzende das Medienhaus, das 2013 vom WAZ-Verlag zur FUNKE Mediengruppe mutierte. Der Namensgeber Jakob Funke war nach dem Krieg Mitgründer der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, die als größte Regionalzeitung noch immer den publizistischen Kern des Unternehmens bildet. Das Ruhrgebiet, in dem auch die NRZ erscheint, bleibt Heimat und Kraftzentrum des Hauses, das längst einen bundesweiten Anspruch erhebt.

Zu Besuch: Aufsichtsratsvorsitzende Julia Becker mit ihrem Ehemann, dem Cheftrainer der deutschen Springreiter, Otto Becker (l.) und WP-Redakteur Jürgen Overkott (r.) bei der Redaktion der Westfalen Post in Balve. Treu an ihrer Seite: Hund Babett.
Zu Besuch: Aufsichtsratsvorsitzende Julia Becker mit ihrem Ehemann, dem Cheftrainer der deutschen Springreiter, Otto Becker (l.) und WP-Redakteur Jürgen Overkott (r.) bei der Redaktion der Westfalen Post in Balve. Treu an ihrer Seite: Hund Babett. © Olaf Fuhrmann / FUNKE Foto Services

Digitaler Aufbruch, ohne die gedruckte Zeitung zu zerstören

Der Kurs von Julia Becker und ihren Geschwistern ist klar: Sie wollen den digitalen Aufbruch, ohne die gedruckte Zeitung zu zerstören. "Die Sparrunden der Verlage in der Vergangenheit haben unverhältnismäßig stark die Redaktionen getroffen und dazu geführt, dass das Netz der Lokalredaktionen immer mehr ausgedünnt wurde. Das war ein Fehler", erklärte Julia Becker auf dem jüngsten European Publishing Congress in Wien.

Schon bevor Julia Becker an die Spitze des Unternehmens kam, hat sie den Kurs insbesondere ihrer Mutter Petra Grotkamp mit voller Kraft unterstützt, die gleich drei Mal mit ihren Kindern großen unternehmerischen Mut aufbrachte. Einmal mit dem Kauf der Anteile der Verlegerfamilie Brost, um jahrzehntelange Spannungen zu beenden.

Dann mit dem Kauf der Springer-Titel für fast eine Milliarde Euro. Und jüngst mit dem Ausbezahlen der Familien Holthoff-Pförtner und Schubries, um mit der Kernfamilie bei FUNKE auch ohne hohe Gewinnausschüttungen wirkungsvoll durchregieren zu können.

In bester Gesellschaft: Aufsichtsratsvorsitzende Julia Becker (r.) mit Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey und Morgenpost-Chefredakteurin Christine Richter (li.) auf dem Medien Q der Funke Zentralredaktion in Berlin.
In bester Gesellschaft: Aufsichtsratsvorsitzende Julia Becker (r.) mit Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey und Morgenpost-Chefredakteurin Christine Richter (li.) auf dem Medien Q der Funke Zentralredaktion in Berlin. © Reto Klar/Funke Foto Services

Becker will Redaktionen diverser machen – und fängt damit an der Spitze an

Julia Becker will ihr Unternehmen und die Redaktionen ihrer Zeitungs- und Zeitschriftentitel diverser machen und hat damit an der Spitze angefangen. "Es saß manchmal sehr viel Testosteron am Tisch", verriet sie in einem Interview der "Zeit" über die vergangenen Jahre in der Gesellschafterebene. Das ist jetzt vorbei. Seit Juli 2021 besteht die FUNKE-Geschäftsführung mit Andrea Glock, Simone Kasik, Bianca Pohlmann, Christoph Rüth und Jochen Beckmann aus drei Frauen und zwei Männern.

Moderner Journalismus mit Leidenschaft: Julia Becker im Podcast-Gespräch mit Grünen-Politikerin Mona Neubaur und Schriftsteller Jörg Thadeusz.
Moderner Journalismus mit Leidenschaft: Julia Becker im Podcast-Gespräch mit Grünen-Politikerin Mona Neubaur und Schriftsteller Jörg Thadeusz. © Ralf Rottmann/ Funke Foto Services

Testosteron hat es auch außerhalb des Verlages nicht leicht. Fast im Alleingang nahm sich die FUNKE-Verlegerin BDZV-Präsident Mathias Döpfner vor, den sie unter anderem wegen dessen Umgang mit der Affäre um "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt zum Rückzug drängte.

Die Kraft für ihre Kämpfe holt sich Julia Becker in der Familie und ihrer eigenen Pferdeleidenschaft. Am besten abschalten kann die Verlegerin aber nicht klischeehaft hoch zu Ross, sondern ganz profan: beim Stallausmisten mit Gummistiefeln und Forke.